Der Chefarzt hat mehrere Herzschrittmacherimplantationen als Wahlleistungen gegenüber dem Patienten abgerechnet, obgleich die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ (eigenhändige Leistung oder Leistung durch Dritten unter Aufsicht des Chefarztes nach fachlicher Weisung) nicht vorgelegen haben. Dies berechtigt die Klinik zur außerordentlichen Kündigung des Chefarztes (LAG Düsseldorf, Urteil vom 17. April 2013 - 2 Sa 179/12).
Der Fall:
Ein Chefarzt schloß Wahlleistungsvereinbarungen mit seinen Patienten über Herzschrittmacherimplantationen. Die Operationen führte aber nicht er, sondern Dr. P. aus. Die Klinik kündigte das Arbeitsverhältnis des Chefarztes aus wichtigem Grund ohne vorherige Abmahnung. Der Chefarzt habe damit Abrechnungsbetrug begangen. Dagegen klagte der Chefarzt.
Die Entscheidung:
Nachdem das Arbeitsgericht die Kündigung noch als unwirksam angesehen hatte, bestätigte das Landesarbeitsgericht die Kündigung.
Das LAG führt dazu aus:
Bei insgesamt sieben Herzschrittmacher-Implantationen im Zeitraum April 2009 bis Oktober 2009 war Dr. P. als Operateur tätig. Hierbei handelt es sich um die Herzschrittmacherimplantationen an folgenden Tagen: 23. April 2009, 24. September 2009, 02. November 2009, 10. Dezember 2009, 21. Januar 2010, 30. September 2010 und 14. Oktober 2010. Der Kläger (Anmerkung: Chefarzt) hat die vorgenannten Herzschrittmacherimplantationen als Wahlleistungen gegenüber dem Patienten abgerechnet, obgleich die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ nicht vorgelegen haben.
(a). Gemäß § 4 Abs. 2 GOÄ kann der Arzt Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen).
(aa). Die erstgenannte Alternative liegt nicht vor. Die vorgenannten Herzschrittmacherimplantationen wurden sämtlichst von Dr. P. vorgenommen.
(bb). Auch die Voraussetzungen der zweiten Alternative sind nicht erfüllt.
(aaa). Nach den Grundsätzen der gebührenrechtlichen Delegation kann der Chefarzt gem. § 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht werden. Hierfür reicht es allerdings nicht aus, dass der Chefarzt allgemeine organisatorische Weisungen gibt oder die Mitarbeiter sorgfältig auswählt oder überwacht. Er muss vielmehr an der Leistungserbringung im Einzelfall mitwirken und die nach der jeweiligen Art der Leistung gebotene Aufsicht führen. Der Chefarzt muss der Verantwortlichkeit für die Durchführung der delegierten Leistungen im Einzelfall tatsächlich und fachlich gerecht werden. Eine derartige Aufsicht setzt aber – wenn schon nicht Anwesenheit – dann jedenfalls die Möglichkeit, unverzüglich persönlich einwirken zu können, voraus. Dagegen reicht es nicht aus, dass der Chefarzt die Behandlung nur supervisiert und fachlich begleitet. Dadurch werden die eigenverantwortlich durch Dritte durchgeführten Behandlungsmaßnahmen noch nicht zu eigenen Leistungen des Chefarztes, zumal die Oberaufsicht, unabhängig von einer Wahlleistungsvereinbarung, ohnehin dem Chefarzt obliegt. Es reicht nicht aus, dass er lediglich im Sinne einer Oberaufsicht die grundlegende Entscheidung einer Behandlung von Wahlleistungspatienten selbst trifft, deren Vollzug überwacht und entsprechende Weisungen erteilen kann. Es kann nicht angenommen werden, dass ein Patient den Behandlungsvertrag mit einem Chefarzt abschließt, um die ohnehin im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistungen geschuldete ärztliche Leistung nochmals zu vereinbaren und zu bezahlen. Zur Erfüllung der Verpflichtung aus dem Wahlarztvertrag ist es erforderlich, dass der Chefarzt durch sein eigenes Tätigwerden der wahlärztlichen Behandlung sein persönliches Gepräge gibt, d. h. er muss sich zu Beginn, während und zum Abschluss der Behandlung mit dem Patienten befassen. Kernleistungen hat er stets persönlich zu erbringen. Dabei ist bei jeder einzelnen Behandlungsmaßnahme zu fragen, ob sie dem Wahlarzt nach herkömmlichem Verständnis zur eigenen Verantwortung zuzurechnen ist (vgl. Genzel/Degener/Hencke in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl., § 82 RdNr. 131; OLG Oldenburg, 14. Dezember 2011 – 5 O 183/11 – NJW 2012, 1597; OLG Frankfurt, 4. August 2011 – 8 O 226/10 – GesR 2011, 680, Uleer/Miebach/Patt, 3. Aufl., § 4 GOÄ RdNr. 58). Ist dies nicht gewährleistet, so handelt es sich nicht um eine zulässige gebührenrechtliche Delegation. Der Honoraranspruch des Chefarztes besteht nicht, weil es sich nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ nicht um eine eigene Leistung handelt.
(bbb). Diese Voraussetzung der Leistungserbringung unter Ausübung der Aufsichtspflicht liegen nicht vor. Erforderlich ist zumindest, dass der Arzt erreichbar und in der Lage ist, unverzüglich persönlich einwirken zu können, falls dies notwendig ist. Der Kläger hat sich jedoch trotz des zulässigen einfachen Bestreitens der Beklagten – diese hat keine Kenntnis der maßgebenden Tatsachen, welche auf eine Ausübung der Aufsicht nach fachlicher Weisung durch den Kläger schließen lassen könnten - auf den substanzlosen Vortrag beschränkt, er habe bei den Implantationen Dr. P. „unsteril“ assistiert, mit ihm in einem fachlichen Dialog gestanden und sich mit ihm abgesprochen. Aufgrund der großen Erfahrung von Dr. P. seien Anweisungen nur erfolgt, wenn sie auch notwendig gewesen seien. Der Kläger hat die von ihm behaupteten Weisungen nicht näher vorgetragen, insbesondere nicht dargelegt, wann, wo und wie er bei welchen Herzschrittmacherimplantationen Dr. P. Weisungen erteilt haben will, obgleich er durch die Beklagte und nochmals durch das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung (Bl. 12, 2. Abs.; Bl. 427 d. A) auf seinen mangelnden Vortrag hingewiesen worden ist. Ein weiterer Hinweis der Kammer war deshalb entbehrlich (vgl. BAG, 25. April 2012 - 2 AZR 124/11 – NZA 2012, 1223; BGH 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - NJW-RR 2010, 70). Unabhängig davon ist tragend auszuführen, dass der Kläger weder erstinstanzlich noch in der Berufung (§ 138 Abs. 3 ZPO) dem Vortrag der Beklagten nicht entgegengetreten ist, Dr. P. habe in seiner Anhörung am 28. August 2011 erklärt, der Kläger sei regelmäßig nicht anwesend gewesen, weil er während des Eingriffs abgerufen worden sei, weil andere Aufgaben hätten erfüllt werden müssen. Der Kläger habe sich lediglich bei den Patienten auf der Station nach deren Befinden erkundigt. Vorliegend fehlt deshalb jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger im Falle der Implantationen leitend und eigenverantwortlich tätig geworden ist. Besprechungen der Krankheitsverläufe mit Dr. P. oder den Patienten sind hierfür nicht ausreichend.
(cc). Die in der „Wichtigen Patienteninformation vor der Vereinbarung von wahlärztlichen Leistungen“ (Bl. 152 d. A.) enthaltene Vertreterregelung für den Fall der unvorhergesehenen Verhinderung ist nicht einschlägig. Diese Klausel betrifft lediglich die Fälle, bei denen im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung die Verhinderung des Wahlarztes - hier des Klägers - nicht bereits feststand, etwa weil die Verhinderung (Krankheit, Urlaub, etc.) selbst noch nicht absehbar war (vgl. hierzu BGH, 20. Dezember 2007 – III ZR 144/07 – BGHZ 175, 76).
In den streitbefangenen Fällen hat es sich nicht um eine unvorhersehbare Verhinderung des Klägers gehandelt. Dagegen spricht schon die langjährige Praxis, dass nämlich Herzschrittmacherimplantationen immer durch Dr. P. durchgeführt worden sind. Die Beklagte hat unwidersprochen durch den Kläger vorgetragen, Dr. P. habe in seiner Befragung ausgeführt, dass er bis November 2010 Herzschrittmacher meistens allein, gegebenenfalls mit Unterstützung von zwei Assistenzärzten, implantiert habe. Die Leistungen des Klägers seien bei Privatpatienten in diesen Fällen auf schlichte Erkundigungen nach dem Befinden im Anschluss auf der Station reduziert gewesen. Diesem Vortrag ist der Kläger nicht entgegengetreten. Vielmehr hat er selbst im Rahmen seiner Rüge gemäß § 626 Abs. 2 BGB betont, dass Herzschrittmacherimplantationen immer durch Dr. P. durchgeführt worden seien. Angesichts dieser jahrelang mit Dr. P. geübten Praxis hätte dem Kläger ihm nun oblegen, im Einzelnen vorzutragen, dass es sich bei dem streitbefangenen Implantationen um unvorhersehbare Vertretungsfälle im Sinne von Ziffer 3 des Informationsblattes gehandelt hat. Dies ist nicht erfolgt.
Angesichts der jahrelang geübten Praxis kann sich der Kläger auch hinsichtlich des 14. Oktober 2010 nicht auf eine unvorhergesehene Verhinderung berufen. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger auch – wenn er nicht erkrankt gewesen wäre – die Implantation nicht durchgeführt hätte. Gegen die entsprechenden Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (§ 529 ZPO) hat der Kläger keinen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt. Unabhängig davon ist die behauptete Erkrankung des Klägers auch irrelevant, weil die Patientin B. auch nach dem Vorbringen des Klägers bereits zuvor Dr. P. als Operateur ausgewählt hatte (vgl. Bl. 271 d. A.). Demzufolge ist die vom Kläger behauptete Verhinderung infolge einer Erkältung aber kein unvorhergesehener Vertretungsfall im Sinne der Wahlleistungsvereinbarung, sondern eine vorhersehbare Verhinderung des Klägers, die eine entsprechende schriftliche Vertretungsvereinbarung erfordert hätte.
Es ist deshalb von einer vorhersehbaren Verhinderung des Klägers in den streitbefangenen Fällen auszugehen, die von der vorgenannten Wahlarztvereinbarung nicht umfasst wird.
(dd). Der Kläger hat in den vorgenannten Fällen mit den Patienten keine wirksame Stellvertretervereinbarung im Wege der Individualabrede getroffen.
(aaa). Der Wahlarzt kann sich durch eine Individualvereinbarung mit dem Patienten von seiner Pflicht zur persönlichen Leistung befreien und deren Ausübung einem Stellvertreter übertragen. Die Tatsache, dass die Auslegungsregel des § 613 Satz 1 BGB dispositiv ist, ermöglicht es mit dem Patienten des Arzt-Zusatzvertrages eine Regelung zu treffen, dass die geschuldeten Leistungen nicht nur von dem vertragschließenden Chefarzt, sondern auch von einem anderen Arzt erbracht werden dürfen. Für derartige Vereinbarungen gelten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, 20. Dezember 2007 - III ZR 144/07 – BGHZ 175, 76) strenge Anforderungen: Da sich der Patient oftmals in der bedrängenden Situation einer schweren Sorge um seine Gesundheit oder gar sein Überleben befindet und daher zu einer ruhigen und sorgfältigen Abwägung vielfach nicht in der Lage sein wird, bestehen ihm gegenüber nach Treu und Glauben (§ 242 BGB, siehe ferner § 241 Abs. 2 BGB n. F.) vor Abschluss einer solchen Vereinbarung ganz besondere Aufklärungspflichten, bei deren Verletzung dem Honoraranspruch des Wahlarztes der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht. Der Patient ist so früh wie möglich über die Verhinderung des Wahlarztes zu unterrichten und ihm das Angebot zu unterbreiten, dass an dessen Stelle ein bestimmter Vertreter zu den vereinbarten Bedingungen die wahlärztlichen Leistungen erbringt. Soll die Vertretervereinbarung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Wahlleistungsvertrages getroffen werden, ist der Patient auf diese gesondert ausdrücklich hinzuweisen. Er ist in der ohnehin psychisch belastenden Situation der Aufnahme in das Krankenhaus bereits mit der umfangreichen Lektüre der schriftlichen Wahlleistungsvereinbarung und der in diesem Zusammenhang notwendigen Belehrungen befasst (vgl. BGH, 8. Januar 2004 – III ZR 375/02 – NJW 2004, 686; BGH, 22. Juli 2004 – III ZR 355/03 – NJW – RR 2004, 1428; § 17 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG). Dies begründet die nicht unerhebliche Gefahr, dass er der Vertretervereinbarung, die der durch die Wahlleistungsvereinbarung erweckten Erwartung, durch den Wahlarzt behandelt zu werden, widerspricht, nicht die notwendige Aufmerksamkeit zukommen lässt. Weiter ist der Patient über die alternative Option zu unterrichten, auf die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen zu verzichten und sich ohne Zuzahlung von dem jeweils diensthabenden Arzt behandeln zu lassen. Ein nochmaliger Hinweis, dass er auch in diesem Fall die medizinisch notwendige Versorgung durch hinreichend qualifizierte Ärzte erfüllt, ist allerdings nicht erforderlich, da eine solche Belehrung bereits vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung erteilt werden muss. Ist die jeweilige Maßnahme bis zum Ende der Verhinderung des Wahlarztes verschiebbar, so ist dem Patienten auch dies zur Wahl zu stellen. Weiterhin muss die Vertretervereinbarung schriftlich geschlossen werden, da sie einen Vertrag beinhaltet, durch den die Wahlleistungsvereinbarung geändert wird, für die gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG das Schriftformerfordernis gilt.
(bbb). Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht eingehalten.
Schriftliche Vertretervereinbarungen liegen nicht vor. Der Einwand des Klägers, die Vertretervereinbarung müsse nicht schriftlich abgeschlossen werden, geht ins Leere. Zum einen ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs eindeutig, zum anderen hatte die Beklagte in ihrem persönlich an den Kläger gerichteten Schreiben vom 25. Juni 2010 (Bl. 156 d. A.) auf die Schriftform besonderen Wert gelegt. Diese Notwendigkeit hatte der Kläger auch durch seine Bestätigung vom 11. Oktober 2010 anerkannt (Bl. 161, 162 d. A.).
Weiterhin hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass er die Patienten in dem vom Bundesgerichtshof verlangten erforderlichen Maße aufgeklärt hat. Er hat lediglich angegeben, bei einer entsprechenden medizinischen Indikation mit dem Patienten gesprochen und sie in dem Gespräch darauf hingewiesen zu haben, dass Dr. P. über eine große Expertise und langjährige Erfahrung in der Implantation von Herzschrittmachern verfüge. Der Patient habe sodann die Wahl, sich für den besseren Operateur zu entscheiden. Damit hat der Kläger seiner Aufklärungspflicht nicht genügt. Mangels ausreichender Information ist das Einverständnis der Patienten mit einer Delegation auf Dr. P. für die Liquidationsbefugnis des Klägers rechtlich nicht relevant. Der Kläger hat schon nicht vorgetragen, dass er entsprechend der jahrelangen Praxis die Implantation nicht durchführen werde. Er hätte die Patienten darauf hinweisen müssen, dass Dr. P. auch bei Nichtabschluss der Wahlarztvereinbarung die Operation durchführen werde. Auch hat der Kläger nicht vorgetragen, dass er mit den Patienten über die Möglichkeit der Verschiebung der Implantation bis zu einer Vornahme des Eingriffes durch ihn gesprochen hat. Obgleich die Beklagte durchgängig im Prozess auf die mangelnde Aufklärung der Patienten durch den Kläger hingewiesen hat, hat er insoweit seinen Vortrag nicht weiter präzisiert. Die Beklagte hat deshalb bereits erstinstanzlich zu Recht gerügt (Bl. 347 d. A.), dass völlig offen ist, auf welcher Informationsbasis letztlich die Patienten einverstanden waren, dass Dr. P. die Operation ausführen wird. Auch aus den von dem Kläger zu den Akten gereichten Stellungnahmen der Patienten A., W. und V. ist nicht zu entnehmen, dass der Kläger sie entsprechend den Voraussetzungen des Bundesgerichtshofes aufgeklärt hat. Der Kläger ist in der angefochtenen Entscheidung nochmals auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 20. Dezember 2007 – III ZR 144/07 hingewiesen worden. Ferner heißt es in der angefochtenen Entscheidung auf Seite 13, „es hätte nahe gelegen, für all die Fälle, in denen ohnehin eine Übernahme der Operation durch Dr. P. erfolgt wäre, auf diesen Umstand hinzuweisen“. Die von dem Bundesgerichtshof für die Wirksamkeit einer Vertretervereinbarung verlangten Anforderungen an eine Aufklärung der Patienten hinsichtlich der Wirksamkeit einer Vertretervereinbarung waren dem Kläger deshalb bekannt. Trotz der Hinweise des Gerichtes und der Ausführungen der Beklagten hat der Kläger auch in der Berufungsinstanz seinen diesbezüglichen Vortrag nicht weiter spezifiziert. Angesichts dessen war ein weiterer Hinweis des Gerichtes auf die nicht hinreichend durch den Kläger vorgetragene Aufklärung der Patienten nicht erforderlich (vgl. BAG, 25. April 2012 – 2 AZR 124/11 – NZA 2012, 1223; BGH, 23. April 2009 – IX ZR 95/06 – BGH, 22. November 2006 – VIII ZR 72/06 – WM 2007, 984, 986; BGH, 20. Dezember 2007 – IX ZR 207/05 – NJW – RR 2008, 581).
(3). Der Kläger hat gegenüber den Patienten/Krankenkassen über das Vorliegen der den geltend gemachten Zahlungsanspruch begründenden Tatsachen getäuscht. Bei der privatärztlichen Liquidation ist eine gemäß § 12 GOÄ (Fälligkeit und Abrechnung der Vergütung; Rechnung) zu spezifizierende Rechnung zu erstellen, in der die erbrachte Leistung anzugeben ist. Soweit der Kläger nicht selbst erbrachte ärztliche Leistungen als eigene abgerechnet, hat er nicht lediglich behauptet, zu deren Abrechnung berechnet zu sein, sondern er hat damit zumindest konkludent auch behauptet, dass die Voraussetzungen der der Abrechnung zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften (GOÄ) eingehalten worden sind. Wer eine Leistung einfordert, bringt damit zugleich das Bestehen des zu Grunde liegenden Anspruchs, hier also die Abrechnungsfähigkeit der in Rechnung gestellten ärztlichen Leistungen zum Ausdruck (vgl. Schuhr in Spickhoff, Medizinrecht, § 263 StGB RdNr. 16). Darin sieht der Bundesgerichtshof in vergleichbaren Fällen einen strafrechtlich relevanten Abrechnungsbetrug (vgl. BGH, 25. Februar 2012, - 1 StR 45/11 – BGHST 57, 95 m. w. N.). Vorliegend beträgt die monetäre Differenz zwischen einer „normalen“ Implantation und einer wahlärztlichen Leistung ca. 350 Euro (wovon der Kläger die Hälfte als Nutzungsentgelt an die Beklagte abzuführen hatte). Hierbei handelt es sich um einen erheblichen Betrag.
Das LAG hat die Revision nicht zugelassen.
Anmerkung:
Die Begründung des LAG ist nachvollziehbar. Die Interessen des Patienten sind verletzt, wenn nicht der Chefarzt sie operiert, sondern üblicherweise ein anderer Arzt und der Patient dies nicht weiss. Sinn und Zweck einer Wahlleistungsvereinbarung ist es gerade, dass sich der Patient die besondere Kompetenz eines Chefarztes "hinzukauft". Dieser muss dann auch selbst operieren oder zumindest den behandelnden Arzt beaufsichtigen und leiten. Ansonsten kommt die besondere Kompetenz des Chefarztes ja gar nicht zum Tragen.
Eine Vielzahl von Wahlarztmodellen an deutschen Kliniken ist rechtlich fehlerhaft. Wer als Chefarzt Wahlleistungsvereinbarungen einsetzt, sollte diese rechtlich prüfen lassen. Wer dies nicht tut, riskiert Strafverfahren wegen Abrechnungsbetruges, Kündigung und Rückforderungen durch die privaten Krankenversicherungen.