Wer im Nachbesetzungsverfahren auf eine ärztliche Zulassung unterlegen ist, sollte die Entscheidung des Zulassungsausschusses kritisch prüfen und Rechtsmittel in Erwägung ziehen. Denn das Auswahlverfahren ist kompliziert und nicht alle Auswahlentscheidungen sind rechtmäßig.

Ein Praxisinhaber hat auf seine Zulassung verzichtet. Die Zulassung ist zur Nachbesetzung ausgeschrieben worden. Ein Arzt hat sich auf diese Zulassung beworben. Er hat aber einen ablehnenden Bescheid bekommen. Im Auswahlverfahren hat der Zulassungsausschuss einem anderen Bewerber den Vorzug gegeben.

Zuersteinmal sollte der unterlegene Arzt spätestens jetzt Akteneinsicht beantragen und zugleich Widerspruch einlegen. Da die Widerspruchsfrist nur einen Monat beträgt, ist es in der Regel nicht möglich, zuerst das Ergebnis der Akteneinsicht abzuwarten und dann Widerspruch einzulegen. Die Kosten eines Widerspruchsverfahrens sind aber in der Regel gering.

Der unterlegene Arzt hat das Recht, sämtliche Bewerbungsunterlagen seiner Konkurrenten einzusehen. Nun ist zu prüfen, auf welche Kriterien (berufliche Eignung, Approbationsalter, Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit, Verwandtschaft mit Ehegatte des abgebenden Arztes, Dauer der Eintragung in die Warteliste, Wünsche des abgebenden Arztes, Einigung über Verkauf der Praxis, Fortführungswille des Bewerbers, Fortführungsfähigkeit der Praxis, Kaufpreis entspricht mindestens dem Verkehrswert der Praxis) sich der Zulassungsausschuss im wesentlichen gestützt hat und ob diese Entscheidung sich zum einen auf zutreffende Tatsachen stützt und zum anderen ob die Kriterien im Verhältnis zueinander richtig gewertet wurden. Auch müssen die Kriterien umfassend gewertet werden. Der Zulassungsausschuss darf also nicht einzelne Kriterien gänzlich außen vor lassen.

Wichtige Entscheidungskriterien sind in der Regel die berufliche Eignung des Bewerbers und ob sich Bewerber und abgebender Arzt über die Praxisabgabe einigen konnten.

Hinsichtlich der beruflichen Eignung geht es im Kern darum, welcher Bewerber am besten dazu geeignet ist, den speziellen Patientenstamm weiter zu behandeln. Dabei kommt es nicht nur auf die Facharztqualifikation und die berufliche Erfahrung an. Wichtig sind auch Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen und Abrechnungsgenehmigungen. Hier hat der Zulassungsausschuss also unter einer Vielzahl von Merkmalen der verschiedenen Bewerber eine Abwägung zu treffen. Dabei werden immer wieder erhebliche Fehler gemacht. So werden Zusatzbezeichnungen oder oder Zeiten der Kinderbetreuung nicht berücksichtigt. Ist der abgelehnte Bewerber aber deutlich geringer qualifiziert als der Arzt, der den "Zuschlag" erhalten hat, so macht ein Widerspruch erfahrungsgemäß wenig Sinn.

Die Einigung des Bewerbers mit dem abgebenden Arzt ist wichtig. Der Bewerber muss so früh wie möglich im Nachbesetzungsverfahren mit dem abgebenden Arzt in Verhandlung treten. Woher soll aber der Bewerber wissen, dass der von dem abgebenden Arzt augerufene Kaufpreis reell ist?  Im Kern geht es bei einem Praxiskauf ja immer nur um einen schwer messbaren Wert - den immateriellen Wert, also die Patientenbindungen. Dafür gibt es eine Vielzahl von Bewertungsmethoden, von denen keine einen eindeutigen Vorzug geniesst. Hier kann ein Rechtsanwalt oder ein auf die Beratung von Ärzten spezialisierter Dienstleister helfen. Auch noch im Widerspruchsverfahren kann sich der abgelehnte Bewerber mit dem abgebenden Arzt einigen.   

Wer in eine Gemeinschaftspraxis eintreten will, muss sich zugleich auch mit den übrigen Ärzten der Germeinschafstpraxis einigen - stellen sich diese gegen den Bewerber, so hat er erfahrungsgemäß keine Chance auf Erhalt der Zulassung. Auch hier sollte frühzeitig das Gespräch gesucht werden.

Es gibt aber auch die Fälle, in denen der abgebende Arzt einen Kaufpreis aufruft, der schlicht zu hoch ist. Dann besteht die Gefahr, dass nicht der am besten geeignete Bewerber die Zulassung erhält, sondern der finanziell stärkste. Zwar prüft der Zulassungsausschuss, ob der geforderte Verkaufspreis mindestens dem Verkehrswert entspricht. Aber hat er dabei auch richtig gerechnet? Stimmen die Angaben des abgebenden Arztes? Dies sollte geprüft werden. 

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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