Der Chefarzt ist an die in der vorformulierten Chefarztbehandlungsvereinbarung zugesagte persönliche Leistungserbringung gebunden. Vertreterklauseln gelten nur für den Fall der unvorhergesehenen Verhinderung. In diesem Fall verliert der Chefarzt seinen Honoraranspruch (Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 25. September 2013 – 1 U 24/12).

Denn die dem Chefarzt erteilte Einwilligungsaufklärung ist auf die Durchführung der Operation durch den Chefarzt persönlich beschränkt. Wird die Operation in einem solchen Fall durch einen, selbst vorher namentlich aufgelisteten Vertreter des Chefarztes durchgeführt, so ist der Eingriff mangels Einwilligungaufklärung gleichwohl rechtswidrig, wenn nicht der Patient zuvor von der – tatsächlich bestehenden und der Behandlungsseite nachzuweisenden – unvorhergesehen Verhinderung des Chefarztes informiert worden ist.

Liegt ein vorformulierte Vergütungsvereinbarung mit Chefarztbehandlung vor, so ist zur wirksamen Vertreterregelung gemäß § 308 Nr. 4 BGB nur eine solche Klausel zulässig, in der der Eintritt eines Vertreters des Wahlarztes auf die Fälle beschränkt ist, in denen dessen Verhinderung im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung nicht bereits feststeht, etwa weil die Verhinderung (Krankheit, Urlaub etc.) selbst noch nicht absehbar oder weil noch nicht bekannt ist, dass ein bestimmter verhinderter Wahlarzt, auf den sich die Wahlleistungsvereinbarung erstreckt, zu Behandlung hinzugezogen werden muss. Auch muss in einem solchen Fall der als Vertreter benannte Arzt namentlich benannt sein. Die Beklagten haben nicht bewiesen, dass ein unvorhergesehener Verhinderungsfall am 2.5.2007 vorgelegen hat und - kumulativ - dass die klagende Patienten davon rechtzeitig informiert worden ist.

Es hilft dem Chefarzt auch nichts, wenn der Patient die Rechnung zuerst bezahlte. Darin sieht das Gericht keine konkludente nachträgliche Billigung der Vertretung des Chefarztes durch beinen anderen Arzt. Denn dem die eine Chefarztrechnung bezahlenden Patienten fehlt in der Regel das erforderliche Erklärungsbewusstsein, die Durchführung der Operation durch den Vertreter des Chefarztes nachträglich zu genehmigen.

Der klagenden Patientin steht daher gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz aus Pflichtverletzung des Behandlungsvertrages mit Wahlarztvereinbarung zu, §§ 280 Abs. 1, 253, 611 BGB.

Hinweis:
Wieder einmal mehr zeigt sich, dass viele der in der Praxis verwendete Wahlleistungsvereinbarungen (Chefarztbehandlungsverträge) unwirksam oder für den Chefarzt nachteilig sind und dass sich die Patienten aus der Zahlungspflicht befreien können. Es empfiehlt sich, die Vereinbarungen kritisch zu prüfen.

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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