Die unzureichende Kontrolle einer bestehenden Infektion verstößt gegen den ärztlichen Standard. Wird die Kontrolle bei einer Infektion in der Fußsohle vom Arzt nicht täglich, sondern erst für 5 Tage später angeordnet, so ist dies inakzeptabel und stellt einen groben Behandlungsfehler dar.
Sind wegen des Behandlungsfehlers mehrere Operationen erforderlich mit erheblicher
Beeinträchtigung des Fußes, so kann dies ein Schmerzensgeld von 30.000,00 € rechtfertigen (OLG Hamm, Urteil v. 12.11.2013 - 26 U 107/11). 

Die Klägerin suchte am 18.6.2008 wegen Beschwerden im Bereich der rechten Ferse den Beklagten auf. Dieser injizierte ihr nach Anfertigung einer Röntgenaufnahme ein Medikament in den Bereich der rechten Fußsohle. Danach traten bei der Klägerin Schmerzen am Fuß auf. Der Beklagte riet ihr, den Fuß hoch zu legen, zu kühlen und ein Schmerzmittel zu nehmen. Bei einer Untersuchung am 23.06.2008 verordnete er ihr ein Antibiotikum wegen des Verdachts auf eine Infektion. Nachdem sich der Zustand nicht gebessert hatte, verordnete der Beklagte der Klägerin am Mittwoch, den 25.6.2008 ein anderes Antibiotikum. Am Freitag, den 27.6.2008 konnte die Klägerin den Beklagten nicht erreichen, weil dessen Praxis urlaubsbedingt geschlossen war. Am Montag, den 30.6.2008 suchte sie ihren Hausarzt auf, der sie sofort in das Klinikum Lippe-Detmold einwies, wo sie vom 30.6.2008 bis zum 29.7.2008 stationär behandelt wurde. Am 9.7.2008 wurde operativ ein Abszess ausgeräumt. Bei einer weiteren Operation am 14.07.2008 erfolgte ein Wunddebridement mit Sekundärnaht. Vom 27.08. bis 20.9.2008 musste die Klägerin erneut stationär behandelt werden. Eine weitere Wundrevision wurde in der Zeit vom 01.09.2008 bis zum 5.9.2008 durchgeführt. Anschließend erfolgten weitere ambulante Behandlungen.

Das Gericht bewertete dies als Behandlungsfehler und führt dazu aus:

Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass die vom Beklagten nach dem Auftreten von Entzündungsanzeichen vorgenommene konservative Antibiotikatherapie zur Beherrschung der Infektion zwar zulässig gewesen sei. Es sei aber notwendig gewesen, ab dem 25.06.2008 tägliche Kontrollen bei der Klägerin durchzuführen. Dies hat der Beklagte fehlerhaft unterlassen. Der Sachverständige hat dazu erklärt, dass bei Auftreten einer Infektion wegen der dadurch möglichen verheerenden Folgen für den Patienten eine tägliche Kontrolle erforderlich sei. Man müsse - so der Sachverständige - dem Patienten die Wichtigkeit dieser Kontrolle deutlich machen und Nachfolgeuntersuchungen auf jeden Fall sicherstellen. Soweit der Beklagte vorgetragen hat, die Klägerin sei zur Kontrolle nicht erschienen, obwohl er sie zu täglichen Untersuchungen aufgefordert habe, entlastet ihn das nicht. Der Senat folgt insoweit den nachvollziehbaren Erläuterungen des Sachverständigen, der eindeutig darauf hingewiesen hat, dass die Patientin in dieser Situation "hätte geführt werden müssen". Demnach hätte der Beklagte die Klägerin auf die Wichtigkeit der Untersuchung hinweisen und sie täglich in seine Praxis einbestellen müssen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen hätte der Beklagte jedenfalls nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Klägerin selbstständig zu ihm kommt. Darüber hinaus hatte der Beklagte eine tägliche Kontrolle der Klägerin auch deshalb nicht sichergestellt, weil seine Praxis am Freitag, den 27.6.2008 unstreitig urlaubsbedingt geschlossen war, ohne dass er die Klägerin darauf hingewiesen hatte.

Der Beklagte hat durch sein Unterlassen einer hinreichenden Kontrolle nicht nur gegen ärztliche Standards verstoßen. Ihm ist sogar ein grober Behandlungsfehler vorzuwerfen. Ein solcher grober Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf. Der Senat folgt auch in dieser Einschätzung dem Sachverständigen Dr. C2, der eine Wiedervorstellung der Klägerin erst für Montag, den 30.06.2008 ohne weitere Absprachen für inakzeptabel und grob fehlerhaft gehalten hat.

Anmerkung:
Infektionen können sich verschlimmern, wenn sie nicht von dem behandelnden Arzt überwacht werden. Üblicherweise werden Infektionen mit Antibiotika behandelt. Die Behandlung kann aber z.B. wegen einer Antibiotikaresistenz des Keims oder aus anderen Gründen nicht anschlagen. Dann wächst der Keim unbemerkt weiter und schädigt das umliegende Gewebe. Daher ist eine engmaschige Kontrolle der Behandlung erforderlich.

Zum Thema:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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