(22.4.2008) Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach hat den Leiter des St. Antonius-Krankenhauses im rheinischen Wegberg, Arnold Pier, wegen des Vorwurfs von 69 Straftaten bei der "Fehlbehandlung" von 17 Patienten angeklagt. Auch gegen acht weitere Ärzte der Klinik wurde Anklage wegen Beihilfe erhoben.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte Dr. Pier vier Patienten fahrlässig getötet haben und in drei weiteren Fällen wird ihm Körperverletzung mit Todesfolge infolge von ärztlichen Kunstfehlern vorgeworfen. In einer Vielzahl weiterer Fälle wird dem Arzt Körperverletzung wegen der Durchführung nicht erforderlicher Operationen an gesunden Patienten zur Last gelegt. Der Mediziner ist wegen Fluchtgefahr mittlerweile verhaftet worden. Ein Antrag des Angeklagten auf Aussetzung des Haftbefehls wurde unter Hinweis auf Fluchtgefahr abgelehnt.
Den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen war eine anonyme Anzeige vorausgegangen, in der dem Mediziner vorgeworfen wurde, willkürlich Operationen durchgeführt zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht daher davon aus, der Mediziner, der das früher überschuldete St. Antonius-Krankenhaus kürzlich gekauft hat, habe aus Gewinnstreben Gesunde als krank diagnostiziert und medizinisch nicht gebotene Operationen veranlasst und durchgeführt, wie z.B. die Entfernung der Galle oder die Verlegung künstlicher Darmausgänge.
Derzeit überprüft die Staatsanwaltschaft weitere Patientenfälle, bei denen möglicherweise ärztliche Kunstfehler vorliegen.
Die Behandlung gesunder Patienten stellt eine Körperverletzung nach § 823 BGB dar, weil der operative Eingriff dann nicht von einer Einwilligung des Patienten gedeckt ist, da die konkrete Einwilligung in die Operation von dem Patienten unter Hinweis auf die nicht existierende Erkrankung „erschlichen“ wurde. Die erschlichene Einwilligung ist die krasseste Form eines Behandlungsfehlers und wird als „grober“ Behandlungsfehler bezeichnet. Die behandelten Patienten haben grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der Behandlungskosten sowie auf Ausgleich der durch die Behandlungen erlittenen Schmerzen. Die Angehörigen der verstorbenen Patienten haben zugleich Anspruch auf Schmerzensgeld für die von den Verstorbenen erlittenen Schmerzen. Weitere Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche richten sich gegen die übrigen behandelnden Ärzte. Daneben kommen auch Ansprüche gegen die Klinik selbst in Betracht.
Update: Wie die FAZ am 28.03.2011 berichtete, hat der Arzt nun ein Geständnis abgelegt.