Ein Arzt haftet haftet nicht für Kniegelenks-Infektion nach Punktion und Injektion, wenn Patient nicht nachweist, dass Infektion gerade auf dem Eingriff beruht (OLG Hamm, 11.04.2014 - 26 U 166/13 -).    

Der Fall:

Ein Patient war gestürzt. Der Schleimbeutel seines Knies hatte sich entzündet und schmerzte. Er suchte im Mai 2008 die beklagte Allgemeinmedizinerin auf, um sein in der Bewegung eingeschränktes Kniegelenk behandeln zu lassen. Die Beklagte punktierte den Schleimbeutel, entnahm seröse Flüssigkeit und injizierte zwei Medikamente. Drei Tage später stellte ein Orthopäde eine Entzündung im Bereich des Kniegelenks fest, einige Wochen später wurde ein Befall mit Citrobacter-Bakterien diagnostiziert. Der Kläger musste in der Folgezeit mehrfach operativ behandelt werden.

Von der Beklagten hat er 10.000 Euro Schmerzensgeld mit der Begründung verlangt, sie habe ihn fehlerhaft, u.a. ohne die gebotene Hygiene, und ohne hinreichende Aufklärung behandelt.
Das LG Detmold hatte die Klage abgewiesen. Dagegen legte der Patient Berufung ein.

Die Entscheidung:

Die Berufung ist nicht begründet.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht Ansprüche des Klägers gemäß §§ 280 Abs. 1, 823 BGB verneint.

Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die Beklagte einen Behandlungsfehler bei der Durchführung der Punktion gemacht hat, wofür der Sachverständige aber keinerlei Anhaltspunkte hatte, oder ob zumindest eine fehlerhafte Aufklärung wegen des unterlassenen Hinweises auf eine mögliche konservative Behandlung vorlag, weil nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht in ausreichender Weise festgestellt werden kann, dass die aufgetretene Infektion auf die durchgeführte Punktion zurückzuführen ist. Er hat nämlich angegeben, dass es aufgrund des Umstandes, dass sich die Notwendigkeit zur stationären Einweisung erst sieben Tage nach der durchgeführten Punktion  ergab, rein spekulativen Charakter hat, die entstandene Entzündung darauf zurückzuführen. Nach seiner Auffassung kann dies auch auf einer Bakteriämie beruhen, da schon eine entzündete Bursitis vorlag, oder auch auf den Umstand, dass sich vorhandene Bakterien durch den vorherigen Sturz des Klägers auf das Knie durch eine entstandene Hautirritation in tiefere Schichten bewegt haben. Insoweit wollte der Sachverständige keiner der denkbaren Varianten den Vorzug geben, so dass der Kläger den Kausalitätsnachweis nicht führen kann.

Der Kläger bleibt aber auch bei einer Aufklärungspflichtverletzung für die Kausalitätsfrage beweispflichtig (BGH VersR 1986, 183, 184; 1992, 238, 240).

Auch eine Beweiserleichterung infolge eines groben Behandlungsfehlers kommt nicht in Betracht. Wie ausgeführt, hatte der Sachverständige schon keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers. Denkbar wäre dies nur für den Fall gewesen, dass die Beklagte tatsächlich mehrfach mit derselben Nadel zugestochen hätte. Dafür liegen aber keinerlei Nachweise vor, zumal die Beklagte angegeben hat, lediglich einmal mit einer Kanüle zugestochen und darüber auch die weiteren Medikamente zugeführt zu haben, was nach Angaben des Sachverständigen korrekt war. Er selber hat die Darstellung des Klägers, wonach insgesamt viermal  von zwei Seiten aus gespritzt worden sein soll, zudem für nicht nachvollziehbar gehalten. Es kommt hinzu, dass die Darstellung des Klägers auch gewechselt wurde. Zudem ist nicht verständlich, warum sich zwei angeblich vorhandene Heftpflaster durch ein Hosenbein teilweise abgelöst haben sollen, wenn die Beklagte das Knie zusätzlich noch mit einem Verband versorgt hatte.

Das Setzen der Spritze selbst, was im Fall einer Aufklärungspflichtverletzung dann als Folge allein übrig bleibt, hält der Senat im Hinblick auf ein Schmerzensgeld nicht für relevant.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Einer Zulassung der Revision bedurfte es nicht, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO.

Anmerkung:

Die Entscheidung ist nachvollziehbar. Eine Bursitis (Schleimbeutelentzündung) kann auch durch oberflächliche Verletzungen entstehen, weil der Schleimbeutel am Knie direkt unter der Haut liegt. Die Helicobacter-Bakterien, die überall auf dem menschlichen Körper vorkommen, können also auch durch die Verletzung in den Schleimbeutel gelangt sein. Insofern hätte der Kläger nachweisen müssen, dass die Infektion, die nach der Punktion auftrat, eben gerade nur durch die Punktion des Knies eingetreten ist. Schon dies ist ihm nicht gelungen, weil der Sachverständige als mögliche Ursache der Infektion zu Recht auch die alte Verletzung ausmachte. Überdies waren die Einlassungen des Klägers nicht in sich stimmig und der Kläger hat seine Ausführungen auch im Laufe des Verfahrens geändert.

Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn der Patient - etwa durch einen Zeugen - hätte nachweisen können, dass die Ärztin mit derselben Kanüle mehrfach punktiert hat, was als Fehler zu bewerten wäre. Patienten ist daher zu raten, einen Zeugen zur Behandlung mitzunehmen, was aber oft praktisch nicht möglich ist. In jedem Falle sollte ein Patient dem Arzt sofort untersagen, mit derselben Kanüle mehrfach zu punktieren.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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