Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 12.8.2014 (Az. 26 U 35/13) entschieden, dass ein Patient die Behandlungskosten einer kostenintensiven kieferchirurgischen Eigenknochenzüchtung nicht begleichen muss, wenn es eine besser geeignete und preiswertere Behandlungsalternative gab, über die der Chirurg aber nicht aufgeklärt hat.

Der Fall

Ein Kieferchirurg fügte bei der beklagten Patientin Implantate ein, wobei der Aufbau des Knochens durch gezüchtetes Knochenmaterial erfolgen sollte. Dafür entstanden Kosten von bis zu € 90.000. Die Beklagte verweigerte die Bezahlung, u.a. weil sie nicht über andere Behandlungsmöglichkeiten und die Höhe der voraussichtlichen Kosten aufgeklärt wurde; in Kenntnis dessen hätte sie der Behandlung nicht zugestimmt.

Die Entscheidung

Nach Auffassung des OLG war die Aufklärung über die Behandlungsalternativen (Verwendung von Knochenersatzmittel und Knochenentnahme aus dem Beckenkamm) in höchstem Maße unzureichend. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte sich die Beklagte nach Auffassung des OLG gegen diese Behandlung entschieden, so dass das ärztliche Honorar nicht angefallen wäre.

Die Knochenentnahme aus dem Beckenkamm sei aus Sicht des Gerichtssachverständigen noch immer das beste Verfahren. Die hier angewendete Eigenknochenzüchtung werde klinisch nicht mehr verwandt; es bestehe dabei die Schwierigkeit, den bei größeren Defekten erforderlichen dreidimensionalen Aufbau zu erreichen. Im Rahmen der Aufklärung habe der Chirurg unstreitig aber nur auf die Knochenentnahme als Alternative hingewiesen und die dritte Methode nicht erwähnt. Dabei habe er die Risiken der Eigenknochenzüchtung, die allein Kosten von ca. € 15.000 verursacht habe, verharmlost, zugleich aber die Risiken der Knochenentnahme übertrieben dargestellt. Auch habe er die alternativen Methoden in unzutreffender und irreführender Weise als im konkreten Fall ungeeignet dargestellt.

Fazit

Die Aufklärung über Behandlungsalternativen ist nunmehr in § 630 e Absatz 1 Satz 3 BGB geregelt. Die wirtschaftliche Aufklärung krankenversicherter Patienten ist in § 630 c Absatz 3 BGB normiert worden. Zwar gibt es keine allgemeine Pflicht des Arztes, auf die Höhe von Kosten hinzuweisen. Das Verschweigen deutlich niedrigerer Kosten einer Behandlungsalternative kann aber – wie hier – im Zusammenspiel mit einer mangelhaften medizinischen Aufklärung zu einer insgesamt mangelhaften Aufklärung und damit zum Honorarverlust führen.

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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