Ein Patient, der ausschließlich von einem Chefarzt behandelt werden will, muss dies vorab hinreichend deutlich machen (OLG Hamm, Urteil vom 2.9.2014 - 26 U 30/13).

Wegen Problemen mit der Nasenatmung vereinbarte ein Patient mit einem Chefarzt einer Klinik, dass dieser die operative Behandlung als Wahlleistung durchführen wird. In dem Wahlleistungsvertrag war ein Oberarzt als Vertreter des Chefarztes benannt. Dieser führte die Behandlung schließlich komplikationslos durch. Nachdem der Patient erfuhr, dass er nicht durch den Chefarzt behandelt worden war, verlangte der Patient von dem Chefarzt Schadensersatz und Schmerzensgeld, u.a. wegen falscher Aufklärung.

Das OLG Hamm wies die Klage in zweiter Instanz ab.   

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts muss ein Patient, der nur durch einen Chefarzt und nicht durch seinen Vertreter operiert werden will, dies durch eine Erklärung, z.B. im Rahmen eines Wahlleistungsvertrages oder im Rahmen seiner Einwilligung zur Operation, hinreichend deutlich machen. Fehle eine solche Patientenerklärung und benenne der Vertrag zudem einen ärztlichen Vertreter, willige der Patient auch in eine vom Vertreter ausgeführte Operation ein.

Schließlich falle den Beklagten auch kein Aufklärungsversäumnis zur Last. Ein Patient könne zwar einer Operation mit der Maßgabe zustimmen, dass diese durch einen bestimmten Arzt ausgeführt werde. Das habe der Kläger im vorliegenden Fall in Bezug auf den zweitbeklagten Chefarzt allerdings nicht getan. Eine derartige Erklärung enthalte der vom Kläger abgeschlossene Wahlleistungsvertrag nicht. Auch den vom Kläger vor der Operation abgegebenen Einverständniserklärungen sei nicht zu entnehmen, dass der Kläger nur vom Zweitbeklagten operiert werden wolle. Der Vertrag benenne zudem den Drittbeklagten als ärztlichen Vertreter des Chefarztes. Das könne man so verstehen, dass der Kläger auch mit einer vom Vertreter ausgeführte Operation einverstanden gewesen sei. Abgesehen von der Frage der Arztwahl sei der Kläger am Tage vor der Operation rechtzeitig und auch zutreffend über das Risiko einer Nachblutung aufgeklärt worden.

Praxishinweis:

Für den Chefarzt ein gutes Urteil: Er hat weiterhin gewisse Freiheiten bei der Behandlung - kann sich also im Verhinderungsfall vertreten lassen von seinem ständigen, in der Wahlleistungsvereinbarung benannten Vertreter und dies auch abrechnen.

Für den Patienten ist das Urteil ein klares Signal dahin, die Wahlleistungsvereinbarung mit Vertreterklausel als das zu verstehen, was es wirklich ist: Ein Vertrag auf eine persönliche Leistung mit einer großzügigen Öffnungsklausel hinsichtlich des Chefarztes (letztere wird erfahrungsgemäß auch ausgiebig in Anspruch genommen). Im Kern ist es eine Mogelpackung. Wer wirklich nur vom Chefarzt behandelt werden will, soll in der Wahlleistungsvereinbarung 1. die Vertreterklausel vor Unterschrift des Vertrages durchstreichen und 2. handschriftlich vermerken: "OP nur durch Chefarzt gewünscht, sonst nicht". Da dürfte allerdings kein Chefarzt bei mitspielen. Dem Patienten kann zum Trost nur der Hinweis gegeben werden, dass der Oberarzt in der Regel besser operiert als der Chefarzt (denn er hat schlicht mehr OP-Routine).

Gleichwohl: Patienten sollten ihre Privatrechnung prüfen und schauen, ob tatsächlich ein Fall der notwendigen Vertretung vorlag (oder ob der Chefarzt nicht etwa schon bei Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung wusste, dass er den Patienten an dem Tag der Operation gar nicht selbst behandeln kann).

Zum Thema:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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