(27.9.2016) Im Streit zwischen einem Patienten und einer gesetzlichen Krankenkasse entschied das Sozialgericht Stade einstweilig, dass dem Patienten die Kosten für ein Kine Spring System (Entlastungsfeder Knie) zu gewähren sind. Sachverständig beraten sah es Erfolgsaussichten für die (noch relativ neue) Behandlungsmethode und beschäftigte sich mit den anderen Behandlungsmöglichkeiten wie z.B. der Schlittenendprothese (SG Stade, Beschluss vom 21. September 2016 – S 29 KR 18/16 ER). Die Entscheidung ist für operativ tätige Orthopäden interessant. 

MRT des KniesDas Sozialgericht führte dazu aus:

Ein Potential (einer erforderlichen Behandlungsalternative) des Kine Spring-Systems im Sinne des § 137 c Abs. 3 SGB V nF leitet die Kammer aus der Erkenntnis langjähriger Erfahrungen mit der Behandlungsmethode, unter anderem vom Antragsteller im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zitierter Behandlungserfolge und den Hinweisen auf eine Vielzahl von Behandlungsstätten ab. Die Implantation einer Entlastungsfeder für das Kniegelenk ist offenbar - im Wege des sog. Kine Spring-Systems - erstmals 2008 in Australien durchgeführt worden. Bis Januar 2014 seien weltweit 600 entsprechende Implantationen vorgenommen worden. Ein Drittel davon sei im Rahmen von Studien erfolgt. Aktuell bieten demnach auch in Deutschland zahlreiche Kliniken die streitgegenständliche Behandlung an. Auf dem Stand seiner Erkenntnisse vom 28. Januar 2016 hat Dr. I. die Klinik für Orthopädie am Universitätsklinikum J. ausdrücklich als Behandlungseinrichtung genannt sowie Bezug genommen auf 18 weitere deutsche Kliniken.

Auch für den Einzelfall des Antragstellers (Patienten) geht die Kammer von Erfolgsaussichten einer Behandlung im Sinne des § 137 c SGB V aus, ohne dass der Antragsteller sich darauf verweisen lassen müsste, vorrangig die vom MDK aufgeführten Alternativen in Anspruch zu nehmen. Der Antragsteller ist zunächst gemäß den Ausführungen des Dr. F. vom 15. Januar 2016 als geeigneter Patient anzusehen. Danach besteht eine Eignung insbesondere für körperlich aktive Patienten mit einem Lebensalter von unter 60 Jahren. Dem Hinweis der Antragsgegnerin auf ein Übergewicht tritt das Gericht nicht im Sinne eines Ausschlusskriteriums bei. Denn Dr. F. hat nachvollziehbar die Vorteile betont, die gerade auch bei bestehendem Übergewicht einleuchtend erscheinen. Durch die stoßdämpfende Wirkung wird eine weitere Abnutzung des erheblich vorgeschädigten Innenmeniskus und des gegenüberliegenden Knorpels verhindert. Es ist eher nachvollziehbar, die Komplikation eines Übergewichts im Wege des Einbaus einer entsprechend starken Feder zu kompensieren als mit derselben Komplikation in der Variante der Schlittenprothese umzugehen. In Fällen späterer Begleiterscheinungen lässt sich die Feder - den Angaben zufolge - ohne erheblichen zusätzlichen Schaden rückbauen. Damit stünden dem Antragsteller weitere medizinische Optionen offen mit dem Vorteil einer zumindest zwischenzeitlichen Schonung des Gelenks. Abgesehen davon ist das Implantat allerdings voraussichtlich über eine längere Zeit zu nutzen als beispielsweise eine Schlittenendoprothese. Die Möglichkeit, eine Schlittenendoprothese zu implantieren, sei mit einem erheblichen Eingriff in das vorgeschädigte Gelenk verbunden. Zu der Alternative einer Umstellungsosteotomie hat Dr. F. auf die im Falle des Antragstellers nur gering ausgebildete Varusfehlstellung der linken unteren Extremität abgehoben und auf die Gefahr, im Wege der Achsenkorrektur nicht die nötige Entlastung des Innenknies zu erreichen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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