(01.12.2016) Der deutsche Klinikmarkt ist attraktiv für Ärzte, die in der Türkei ausgebildet wurden. Ebenso ist die Tätigkeit in eigener Praxis in Deutschland für türkische Ärzte interessant. Vermehrt beantragen türkische Ärzte daher Genehmigungen, um in Deutschland als Arzt tätig zu sein. Diese Genehmigungen können erteilt werden entweder als sogenannte Approbationen oder als (eingeschränkte) Berufserlaubnis. In Anbetracht des Ärztemangels in Deutschland ist dieser Zustrom von ausgebildeten Ärzten auch dringend nötig, um Versorgungsengpässe zu verhindern. Was ist bei einem Antrag auf eines solche Genehmigung für eine Tätigkeit als Arzt in Deutschland zu beachten? 

Türkische Ärztin bei der ArbeitSeit den Neunzigerjahren haben eine Vielzahl von in der Türkei ausgebildeten Ärzten in Deutschland zu arbeiten begonnen. Viele von diesen Ärzten haben eine Approbation beantragt und schließlich auch erhalten. Manche haben noch bestimmte Ausbildungsinhalte nachholen müssen und erst danach eine Approbation erhalten. 

Die Approbation

Erhält der in der Türkei ausgebildete Arzt die Approbation, so darf er uneingeschränkt als Arzt in Deutschland tätig sein, § 3 der Bundesärzteordnung (die Berufserlaubnis (dazu unten mehr) ist dagegen eine eingeschränkte Erlaubnis zur ärztlichen Tätigkeit).

Der Arzt erhält diese Approbation, wenn seine in der Türkei erhaltene ärztliche Ausbildung der deutschen Ausbildung gleichwertig ist.

Der Ausbildungsstand ist als gleichwertig anzusehen, wenn die türkische Ausbildung keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der deutschen Ausbildung aufweist. Die ausländische Ausbildung muss also der deutschen Ausbildung in Umfang (Stunden) und Inhalt (Fächer) im wesentlichen entsprechen.

Fehlt die Gleichwertigkeit, so können fehlende Teile der Ausbildung durch Erfahrungen ausgeglichen werden, die der Arzt bei einer praktischen Tätigkeit gesammelt hat. War zum Beispiel ein Arzt nach seiner Ausbildung in der Türkei dort mehrere Jahre in einem Krankenhaus oder in einer Arztpraxis ärztlich tätig, so kann dies ausreichen, um die fehlenden Ausbildungsinhalte zu ersetzen. 

Die Berufserlaubnis:

Ist die türkische Ausbildung nicht gleichwertig, so kann der türkische Arzt auch eine zeitlich und inhaltlich beschränkte Berufserlaubnis beantragen, zum Beispiel um seine Ausbildung zu vervollständigen (§ 10 Bundesärzteordnung). 

Wie unterschiedlich sind die ärztlichen Ausbildungen in der Türkei und in Deutschland?

Man muss unterscheiden, an welcher Universität jemand in der Türkei ausgebildet wurde und welche Berufserfahrung er danach in der Türkei gesammelt hat. Jeder Fall ist ein Einzelfall. Oftmals wird die Ausbildung von den Behörden als gleichwertig angesehen. In manchen Fällen gibt es aber auch Schwierigkeiten.

Hierzu gibt es einige Gerichtsentscheidungen:

Humanmediziner (Ärzte):

Ein 1980 beendetes Studium in der Türkei sah das Oberlandesgericht Hamm als dem deutschen  Studium gleichwertig an (Urteil vom 22.5.2015 - 11 U 101/14). 

Ein Studium der Medzin in der Türkei von 1996/97 bis 2002 unterscheidet sich aus Sicht des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 16.11.2015 - 7 K 1203/14) von einer deutschen Ausbildung: Zwar entspräche die Dauer des türkischen Studiums der Dauer eines deutschen Studiums. Auch die Fächer seien gleichwertig. Allerdings gebe es auch wesentliche Unterschiede: so sei das Studium des Fachs "Chirurgie" zu kurz, im Fach "Innere Medizin" gebe es zu wenig klinisch-praktische Stunden, das dreimonatige Krankenpflegepraktikum fehle und auch das viermonatige ärztliche Praktikum (Famulatur) fehle, schließlich fehlten auch bestimmte Ausbildungsinhalte in der Altersmedizin (Geriatrie). Da die Klägerin nach ihrem Studienabschluss nicht als Ärztin arbeitete, konnte sie auch keine ärztliche Berufspraxis sammeln (mit der man eine Ungleichwertigkeit noch ausgleichen kann). Im Ergebnis wies das Gericht die Klage der Türkin auf Erteilung einer Approbation ab.    

Zahnärzte: 

Das Studium eines Zahnarztes in der Türkei von 1982 bis 1988 ist aus Sicht des Verwaltungsgerichts Minden nicht gleichwertig mit dem deutschen Studium der Zahnmedizin (Urteil vom 13.4.2005 - 7 K 3968/04). Der Zahnarzt bekam vom Gericht aber eine Berufserlaubnis zugesprochen.

Das Studium eines Türken in Istanbul von 1986-1993 sah das Oberverwaltungsgericht NRW nicht als gleichwertig an (Urteil vom 4.9.2006 - 13 A 1667/05).

Ebenso sah dies das Oberverwaltungsgericht NRW in einem Fall, in dem  ein Arzt von 1982 bis 1988 Zahnmedizin in der Türkei studierte - in diesem Fall erhielt der Arzt auch keine Berufserlaubnis (Urteil vom 19.3.2007 - 13 A 4204/06). 

Zu den Gerichtsentscheidungen ist anzumerken, dass nur diejenigen Fälle vor Gericht kommen, in denen die Approbationsbehörde dem Arzt gerade keine Approbation geben wollte. Die Masse der (letztlich erfolgreichen) Approbationsanträge kommt gar nicht voer Gericht. 

Was ist bei einem Approbationsantrag zu beachten?

Die Approbationsbehörden haben mittlerweile umfangreiche Leitfaden und FAQs für die Beantragung von Approbationen und Berufserlaubnissen online gestellt (z.B. Approbationsantrag für Berlin). Gleichwohl ist es ein kompliziertes und schwer verständliches Verfahren, insbesondere für jemanden, der Deutsch nicht als Muttersprache gelernt hat. Der Antragsteller muß alle Unterlagen übersetzen und beglaubigen lassen, was viel Zeit und Geld kostet. Die deutschen Behörden sind - zum Schutz der Gesundheit der deutschen Patienten vor schlecht ausgebildeten Ärzten - verpflichtet, genau zu prüfen, wie gut der Bewerber ausgebildet ist. Und sie prüfen dies auch sehr genau.  

  • Wichtig ist es deshalb, die Antragsunterlagen zu vervollständigen und chronologisch aufzubereiten.
  • Auf keinen Fall dürfen sich die Unterlagen inhaltlich widersprechen. Dies kommt manchmal vor und es kann auf einer Unachtsamkeit der Verwaltung der türkischen Universität beruhen. Die deutschen Approbationsbehörden sehen solche Widersprüche aber sehr kritisch und können im schlimmsten Fall das vertrauen in die vorgelegten Unterlagen verlieren. Daher sollten die Ärzte die Unterlagen immer auf solche Widersprüche überprüfen, bevor sie diese einreichen.
  • Größtes Hindernis für eine Approbation ist nach meiner Erfahrung, wenn die Universitätszeugnisse aus der Türkei nicht genug Details enthalten. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Zeugnisse keine oder nur ungenaue Angaben zu den Unterrichtsinhalten beinhalten. 
  • Auch zu vermeiden sind Lücken in der Ausbildung oder Überschneidungen von Teilen der Ausbildung (wenn zum Beispiel die chirurgische Station der Ausbildung laut einer Bescheinigung bis zum 15. Juli dauerte, die weitere Station in der Inneren Medizin aber schon am 10. Juli begann).  

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
Witzlebenstraße 3 - 14057 Berlin - Tel: (030) 536 47 749
E-mail: mail@christmann-law.de