(8.3.17) Bei zunehmenden Analschmerzen wegen einer Analfistel hinter dem Rektum sind alleinige Rektoskopien ohne Narkose weder diagnostisch noch therapeutisch ausreichend. Richtig wäre es dann gewesen, die Patientin unter Narkose zu untersuchen und den Abszess freizulegen. Das Unterlassen dieser weiteren Untersuchung stellt einen - in diesem Fall groben - ärztlichen Befunderhebungsfehler dar (Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 11. Februar 2015 – 5 U 747/14). 

Erforderlichkeit einer weiteren Diagnostik Amtliche Leitsätze:

  1. Führen zunehmende Analschmerzen zu einem stationären Krankenhausaufenthalt, wo man erneut computertomographisch einen Abszess diagnostiziert, jedoch wegen Besserung der Beschwerdesituation eine spontane Perforation und Entleerung des Abszesses in das Rektum unterstellt und daher von der gebotenen zielführenden weiteren Diagnostik unter Narkose absieht, kann darin ein Befunderhebungsversäumnis zu sehen sein, das zur Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten führt, sofern ein reaktionspflichtiger Befund überwiegend wahrscheinlich ist (hier bejaht). Die Beweislastumkehr setzt nicht voraus, dass der Befunderhebungsfehler als grob einzuschätzen ist. Eine entsprechende Qualifizierung ist entbehrlich, wenn es fundamental regelwidrig gewesen wäre, auf das wahrscheinliche Befundergebnis nichts zur Abhilfe zu unternehmen.
  2. Die Behandlungsseite ist in einem derartigen Fall auch beweisbelastet hinsichtlich des weiteren Kausalverlaufs bei sachgemäßem Handeln. Nur wenn eine günstigere Entwicklung nach fachmedizinischer Einschätzung äußerst unwahrscheinlich ist, haftet sie für die Folgen des Befunderhebungsversäumnisses nicht.
  3. Die Empfehlung, sich „in drei Wochen wieder vorzustellen“ entlastet die Behandlungsseite nicht, begründet auch kein Mitverschulden des Patienten, sofern bereits der bloße Aufschub der gebotenen zielführenden Untersuchung unvertretbar war.
  4. Etwaige Versäumnisse und Fehler eines nachbehandelnden Arztes entlasten den Erstschädiger nicht, es sei denn, der zweite Arzt hat seinerseits in nicht vorhersehbarer Weise grob pflichtwidrig gehandelt (hier verneint).
  5. Zur Schmerzensgeldbemessung bei dauerhaft verbleibenden proktologischen Ausfällen und Beschwerden (50.000 €).
  6. Wegen der Kosten eines prozessbezogen eingeholten ärztlichen Privatgutachtens darf der Patient nicht mangels Rechtsschutzinteresse auf das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO verwiesen werden (Klarstellung und Ergänzung zu BGH, 13. April 1989, IX ZR 148/88, WM 1989, 927 und OLG Koblenz, 12. März 2002, 14 W 165/02, ZfSch 2002, 298).

(Die gegen dieses Urteil eingelegete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 20. Oktober 2015, Az: VI ZR 171/15 zurückgewiesen)

Tenor

  1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 21.5.2014 in Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels dahin geändert, dass unter Zurückweisung der Klage im Übrigen

    a. die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner verurteilt werden, der Klägerin

    aa. ein Schmerzensgeld von 50.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.12.2009,

    bb. zum Ausgleich von Prozessvorbereitungskosten 2.468,82 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.12.2009 und

    cc. zum Ausgleich vorgerichtlicher Anwaltskosten 1.880,20 € zu zahlen,

    sowie

    b. die gesamtschuldnerische Ersatzpflicht der Beklagten zu 1) bis 3) für alle weiteren Schäden festgestellt wird, die aus der mangelnden Befunderhebung während der Krankenhausbehandlung der Klägerin in der Zeit vom 1. bis zum 4.11.2002 herrühren, soweit es keinen Anspruchsübergang auf Drit- te gegeben hat oder geben wird.

  2. Die Gerichtskosten des Rechtsstreits treffen die Klägerin und die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu je 1/2. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1) bis 3) die Hälfte als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4) bis 6) fallen der Klägerin zur Last.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, soweit diese nicht Sicherheit in entsprechender Höhe stellt.
  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Die Klägerin wurde am 21.1.2002 mit Beschwerden im Analbereich im Krankenhaus der Beklagten zu 1) aufgenommen, in dem die Beklagten zu 2) und zu 3) ärztlich tätig waren. Ein CT offenbarte einen hinter dem Rektum gelegenen Abszess, den der Beklage zu 2) am Folgetag eröffnete. Bald darauf wurde die Klägerin mit der an den Hausarzt gerichteten Empfehlung, gegebenenfalls rektoskopische Untersuchungen in die Wege zu leiten, aus der stationären Behandlung entlassen.

Am 1.11.2002 meldete sich die Klägerin wegen zunehmender Analschmerzen wieder bei der Beklagten zu 1), wo man erneut computertomographisch einen Abszess diagnostizierte. Als sich die Beschwerdesituation besserte und eine Rektoskopie vom 4.11.2002 - nach einer wenig aufschlussreichen Untersuchung am Vortag - keinen Hinweis auf Fistelgänge ergab, verließ die Klägerin das Krankenhaus. Man war von einer spontanen Perforation und Entleerung des Abszesses in das Rektum ausgegangen. In einem Schreiben an den Hausarzt erbat die Beklagte zu 1) zur Befundkontrolle eine Wiedervorstellung in drei Wochen. Ob das der Klägerin auch persönlich von Seiten der Beklagten zu 3) vermittelt wurde, ist streitig.

In der Zeit vom 31.3. bis zum 6.4.2003 kam es zu einem dritten Aufenthalt der Klägerin bei der Beklagten zu 1). Diesmal stellte man einen persistierenden Analabszess fest, den der Beklagte zu 2) spaltete und der sich sodann unter Austritt von Eiter entleerte. Der Klägerin wurde aufgegeben, ein proktologisches Zentrum aufzusuchen.

Das geschah am 7.5.2003, indem sie sich in die Klinik der Beklagten zu 4) begab. Sie teilte mit, unter Inkontinenzproblemen zu leiden. Am 22.5.2003 kam es zu einem Eingriff, bei dem eine Analfistel aufgespürt und mit einer Drainage versehen wurde. Dem folgten wiederholte operative Maßnahmen vom 18.6., 5.8. und 21.8.2003 sowie vom 19.3.2004 zur Bekämpfung eines anhaltenden Fistelgeschehens, wobei man einen plastischen Verschluss herzustellen versuchte.

Als das ohne dauerhaften Erfolg blieb, erörterte die im Haus der Beklagten zu 4) unter der Leitung des Beklagten zu 6) beschäftigte Beklagte zu 5) mit der Klägerin am 25.5.2004 die Möglichkeit einer Fistelverklebung unter Austrocknung und alternativ die Anlage eines Anus praeter, um die Fistel ohne die von der Darmtätigkeit ausgehenden Belastungen behandeln zu können. Demgemäß setzte die Beklagte zu 5) am 8.7.2004 ein endständiges Sigma-​Stoma und vollzog dann bei einem Eingriff vom 19.10.2004 die Spaltung einer Fistel, die sie abweichend von der früheren Situation in einem oberflächlichen Verlauf vorfand, so dass der innere Schließmuskel nur marginal berührt werden musste. In der Annahme, dass die Sphinkterfunktion intakt sei, schlug sie eine Rückverlegung des Anus für den Beginn des Jahres 2005 vor.

Die Klägerin suchte indessen anderweit medizinische Versorgung. Zahlreiche Untersuchungen, die dabei von Ende 2004 an durchgeführt wurden, ergaben eine erhebliche Insuffizienz des - anders als der Sphinkter externus spontan arbeitenden - Sphinkter internus. Außerdem traten Analfistel-​Rezidiva auf. Diese Entwicklung, die aus ihrer Sicht einen lebenslangen Anus praeter notwendig macht, sie habe erwerbsunfähig werden lassen und darüber hinaus weitreichend körperlich und psychisch behindere, hat die Klägerin den Beklagten gesamtschuldnerisch angelastet.

Sie hat vorgetragen, bereits der im Haus der Beklagten zu 1) vorgenommene Eingriff vom 22.1.2002 habe zu einer ersten Schließmuskelschädigung geführt. Zudem habe man den seinerzeit diagnostizierten Abszess fälschlich statt nach außen in das Rektum drainiert, so dass er nicht habe ausheilen können. Während des zweiten Aufenthalts bei der Beklagten zu 1) im November 2002 sei verkannt worden, dass der damals vorhandene Abszess fortbestanden habe. Er sei pflichtwidrig nicht aufgespürt und entfernt worden.

Nach ihrer Vorstellung bei der Beklagten zu 4) habe man sich dort viel zu lange um eine - ersichtlich untaugliche - plastische Fistelabdeckung bemüht, statt frühzeitig einen künstlichen Darmausgang anzulegen. Als der Anus praeter dann schließlich am 8.7.2004 gesetzt worden sei, habe man ihn falsch platziert und zudem vorab weder über den Umfang des Eingriffs noch darüber informiert, dass die Maßnahme möglicherweise irreversibel sei. Aufklärungsdefizite habe es auch im Zusammenhang mit der Operation vom 19.10.2004 gegeben. Das Risiko einer Sphinkterdurchtrennung und einer damit einhergehenden Inkontinenz sei verschwiegen worden. Darüber hinaus sei man intraoperativ fehlerhaft verfahren.

Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines mit mindestens 50.000 € zu beziffernden Schmerzensgelds und zum materiellen Schadensausgleich wegen ihr entstandener Prozessvorbereitungs- und Anwaltskosten erstrebt. Außerdem hat sie die Feststellung einer weitergehenden Haftung begehrt.

Die Beklagten haben eingewandt, dass die Klägerin adäquat behandelt und dabei durchweg ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei. Eine Schadensursächlichkeit haben sie jeweils für sich persönlich in Abrede gestellt und dabei auch auf in der Anamnese und Konstitution der Klägerin begründete Kausalfaktoren verwiesen. Überdies haben die Beklagten zu 1) bis 3) die Verjährungseinrede erhoben.

Das Landgericht hat die Klage nach der wiederholten Befragung eines Sachverständigen, einer Parteianhörung und der Vernehmung von Zeugen abgewiesen. Aus seiner Sicht wurde die Klägerin im Krankenhaus der Beklagten zu 1) am 21.1.2002 adäquat versorgt. Im November 2002 habe man dort freilich unzureichend befundet. Aber das sei kein grober Fehler gewesen, weil die Klägerin zu einer Kontrolluntersuchung binnen drei Wochen angehalten worden sei. Da sie dem dann nicht entsprochen habe, obliege ihr der Beweis dafür, dass die angeordnete Kontrolle unergiebig gewesen wäre. Dieser Beweis sei nicht erbracht, so dass lediglich der Vorwurf einer dreiwöchigen Verzögerung in der Behandlung begründet sei. Deren Schadenskausalität lasse sich indessen nicht erkennen. Die Behandlung im Krankenhaus der Beklagten zu 4) hat das Landgericht für durchweg mangelfrei erachtet. Mit der Anlage eines Anus praeter habe zunächst zugewartet werden dürfen. Dann habe man ihn nach hinlänglicher Aufklärung am 8.7.2004 korrekt gesetzt. Auch die am 19.10.2004 durchgeführte Fistelspaltung sei nicht zu beanstanden; die damit einhergehenden Risiken seien der Klägerin nicht vorenthalten worden.

Diese Entscheidung, auf die ebenso wie auf den Inhalt der Gerichtsakten im Übrigen zur weiteren Sachverhaltsdarstellung Bezug genommen wird, greift die Klägerin in Erneuerung ihres erstinstanzlichen Begehrens mit der Berufung an. Ihrer Auffassung nach hat das Landgericht verkannt, dass die mangelhafte Befundung bei der Beklagten zu 1) im November 2002 bereits unabhängig von ihrer Einstufung als grober Behandlungsfehler zu einer Beweislastumkehr führe, die die Beklagten zu 1) bis 3) für ihren nachfolgenden Leidensweg verantwortlich mache. Ihr eigenes Versäumnis, sich nicht kurzfristig zu einer Nachuntersuchung vorgestellt zu haben, begründe keinen Mitverschuldenseinwand, weil ihr eine entsprechende Vorgabe nicht gemacht worden sei. Die Beklagten zu 4) bis 6) müssen nach der Ansicht der Klägerin wegen eines Aufklärungsfehlers uneingeschränkt für die Folgen der am 8.7.2004 vorgenommenen Operation einstehen. Entgegen der Meinung des Landgerichts seien sie den Beweis dafür schuldig geblieben, über das Risiko eines dauerhaften Verbleibs des Anus praeter informiert zu haben.

Die Beklagten zu 1) bis 3) weisen den Vorwurf eines schadensursächlichen Behandlungs- oder Befunderhebungsfehlers im November 2002 zurück. Sie seien angemessen verfahren, indem sie die Klägerin seinerzeit in die Verantwortung ihres Hausarztes übergeben und zu einer Wiedervorstellung ermahnt hätten. Die Beklagten zu 4) bis 6) halten daran fest, dass die Klägerin auf die mögliche Irreversibilität der Anlage des Anus praeter hingewiesen worden sei.

II. Die Berufung der Klägerin führt zu einer weitreichenden Verurteilung der Beklagten zu 1) bis 3). Demgegenüber verbleibt es hinsichtlich der Beklagten zu 4) bis 6) bei der klageabweisenden Entscheidung des Landgerichts.

1. Die Beklagten zu 1) bis 3) haften der Klägerin auf immateriellen und materiellen Schadensersatz. Dabei sind sie sowohl zur Leistung eines Schmerzensgeldes in der eingeforderten Höhe von 50.000 € als auch zum Ausgleich der prozessvorbereitend entstandenen Aufwendungen von insgesamt 2.468,02 € für die Beschaffung von Behandlungsunterlagen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens verpflichtet. Auf die geschuldeten Beträge sind jeweils Rechtshängigkeitszinsen zu entrichten; für den von der Klägerin reklamierten früheren Zinslauf ist nichts dargetan. Zudem schulden die Beklagten zu 1) bis 3) im Umfang von 1.880,20 € den Ausgleich vorgerichtlicher Anwaltskosten. Über diesen bezifferten Rahmen hinaus ist ihre generelle Einstandspflicht wegen eines Befunderhebungsversäumnisses festzustellen.

Die Schadensverantwortlichkeit der Beklagten zu 1) bis 3) knüpft an die stationäre Behandlung der Klägerin in der Zeit vom 1. bis zum 4.11.2002 an. Die in erster Instanz, ausgehend von dem Schlichtungsgutachten Prof. Dr. Sch. und den beiden Privatgutachten Prof. Dr. X, von der Klägerin vorgetragenen Rügen, es sei bereits während ihres ersten Krankenhausaufenthalts im Januar 2002 zu haftungsträchtigen Ereignissen gekommen, indem man den damals vorhandenen Abszess unsachgemäß eröffnet und nicht regelgerecht drainiert habe, hat das Landgericht zu Recht nicht für durchschlagend erachtet. Sie sind auch im Berufungsverfahren nicht erneuert worden.

Grund für die Ersatzpflicht der Beklagten zu 1) bis 3) ist eine unzulängliche Versorgung der Klägerin nach deren durch zunehmende Analschmerzen veranlasster stationärer Aufnahme im November 2002. Nachdem ein damals erstelltes CT einen Abszess gezeigt hatte, wurden zwei rektoskopische Untersuchungen durchgeführt, die indessen keine Erkenntnisse hervorbrachten. Man ging schließlich von einer spontanen Perforation des Abszesses aus und entließ die Klägerin, ohne die Indikation für eine operative Abhilfe zu erkennen. Das war unzureichend.

Der vom Landgericht befragte Sachverständige Prof. Dr. S. hat dazu bereits in seinem ersten schriftlichen Gutachten vom 24.8.2011 bemerkt: „Es ist im November 2002 zu einem erneuten Abszess im (im Februar 2002) operierten Gebiet gekommen. Dieser Abszess wurde nicht operiert. Richtig wäre es gewesen, die Patientin unter Narkose zu untersuchen und den Abszess zu eröffnen“ (Gutachten S. 26 = Bl. 291 d.A.). Die Chancen für eine Spontanheilung seien auch unter der Voraussetzung einer Perforation gering gewesen (Gutachten. S. 31, 33 = Bl. 296, 298 d.A.). Das hat Prof. Dr. S. in seinem zweiten schriftlichen Gutachten vom 28.6.2012 bekräftigt und präzisiert. Es sei geboten gewesen, weitere Befunde zu erheben, und zwar durch eine Untersuchung der Klägerin in Narkose und eine operative Nachschau. Dann hätte man wohl „einen operationsbedürftigen Abszess, perforiert oder nicht perforiert“, festgestellt (Gutachten S. 5 = Bl. 399 d.A.). Auf derselben Linie liegen die Ausführungen Prof. Dr. S's im dritten schriftlichen Gutachten vom 7.4.2013:

„Die alleinigen Rektoskopien ohne Narkose am 3.11. und 4.11.2002 waren weder diagnostisch noch therapeutisch ausreichend. Richtig wäre es gewesen, die Patientin unter Narkose zu untersuchen ... und den Abszess freizulegen (Gutachten S. 5 = Bl. 537 d.A.)“.

Vor diesem Hintergrund hat dann am 17.4.2013 eine Anhörung Prof. Dr. S's stattgefunden, die zusätzlichen Aufschluss gebracht hat. Dabei ist erläutert worden:

„Wenn in der unter Narkose durchgeführten Untersuchung noch ein Abszess getastet worden wäre, hätte sich mit großer Wahrscheinlichkeit ein behandlungsbedürftiger Befund dargestellt und es hätte anschließend zu einer Operation kommen können. Auch wenn der Abszess sich bereits spontan entleert gehabt hätte, würde ich eine Untersuchung in Narkose für erforderlich gehalten haben. Auch dann schätze ich, dass mit einer durchaus bei 51 % liegenden Wahrscheinlichkeit ein behandlungsbedürftiger Befund hätte festgestellt werden können. Zusammenfassend möchte ich darlegen: Es war ... eine Untersuchung in Narkose geboten. Dies gilt auch dann, wenn unter Umständen bereits eine spontane Entleerung des Abszesses erfolgt wäre. Bei dieser Untersuchung war es maßgeblich, mit dem Finger den Raum um den möglicherweise bestehenden Abszess zu ertasten. Ich gehe davon aus, dass eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 51 % bestand, dass bei dieser untersuchenden Maßnahme ein behandlungsbedürftiger Befund, mithin ein Abszess gefunden worden wäre. In diesem Falle wären weitere Behandlungsmaßnahmen seitens der bei der Beklagten zu 1) tätigen Ärzte erforderlich geworden. Ich halte es demgegenüber aber auch für möglich, dass bei dieser Untersuchung kein Abszess gefunden worden wäre, allerdings mit einer Wahrscheinlichkeit von 49 % und geringer (Anhörungsprotokoll S. 4 = Bl. 563 d.A.).“

Dass die gebotene operative Revision im November 2002 - infolge der mangelhaften Diagnostik - unterlassen wurde, hat Prof. Dr. S. als grob fehlerhaft kritisiert (Gutachten vom 24.8.2011, S. 26 = Bl. 291 d.A.), indem er sich ausdrücklich dem Votum des Privatgutachters Prof. Dr. X vom 20.9.2007 angeschlossen hat (“ebenso wie der Gutachtachter Prof. Dr. X“). Dieser hatte insoweit von einer Vorgehensweise gesprochen, die jeder Behandlungsregel zuwider laufe (Anlage K 35, S. 30f.).

Die Feststellungen Prof. Dr. S's tragen den Vorwurf eines Befunderhebungsfehlers, für den die Beklagte zu 1) als Vertragspartnerin des Klägers auf der Grundlage von § 280 Abs. 1 BGB und die Beklagten zu 2) und zu 3) als verantwortliche Ärzte vor Ort gemäß § 823 Abs. 1 BGB haften müssen. Anders wäre es nur, wenn eine ohne Betäubung durchgeführte Tastuntersuchung schmerzfrei verlaufen und man dabei zu einem negativen Ergebnis gelangt wäre (Anhörungsprotokoll S. 7 = Bl. 566 d.A.). Das ist jedoch weder behauptet noch sonst ersichtlich. Vielmehr begründet der Umstand, dass eine Krankenhausdokumentation, die sich grundsätzlich darüber hätte verhalten müssen, insoweit nicht vorhanden ist (Anhörungsprotokoll a.a.O.), die Vermutung für das Gegenteil (BGH NJW 1999, 863; vgl. jetzt auch § 630 h Abs. 3 BGB).

Die Rechtsverteidigung der Beklagten zu 1) bis 3), die Klägerin sei antibiotisch behandelt und bei ihrer stationären Entlassung am 4.11.2002 ermahnt worden, sich in drei Wochen wieder vorzustellen, räumt den Vorwurf eines Befunderhebungsversäumnisses nicht aus. Es kann dahinstehen, ob sie geeignet ist, den Fehler, den Prof. Dr. S. seiner Natur nach sogar grundsätzlich als grob bezeichnet hat (Gutachten vom 28.6.2012, S. 6 = Bl. 400 d.A.), zu relativeren (Anhörungsprotokoll vom 17.4.2013, S. 8 f. = Bl. 567 f. d.A.); eine Entschuldigung lässt sich daraus jedenfalls nicht herleiten, weil auch der bloße Aufschub einer zielführenden Untersuchung unvertretbar war.

Auf der Haftungsebene bedeutet das, dass die Beklagten zu 1) bis 3) für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufkommen müssen, die sich potentiell daraus entwickelt haben, dass die gebotene Befunderhebung und der operative Eingriff, den sie nach der Beurteilung Prof. Dr. S's voraussichtlich hätte nach sich ziehen müssen, unterblieben. Ein Befunderhebungsfehler führt nämlich zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich seiner haftungsbegründenden Schadenskausalität, falls sich bei der gebotenen Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein positives Ergebnis gezeigt hätte, auf das zwingend kurativ zu reagieren gewesen wäre, es sei denn, der Ursachenzusammenhang ist äußerst unwahrscheinlich (BGH NJW 1999, 229; BGH NJW 2011, 2508). Die in dem nachgereichten Schriftsatz vom 03.02.2015 geäußerte Ansicht, eine Beweislastumkehr setze stets voraus, dass der Befunderhebungsfehler aus sich heraus als grob zu qualifizieren sei, trifft nicht zu. Eine entsprechende Qualifizierung ist entbehrlich, wenn es fundamental regelwidrig gewesen wäre, auf das wahrscheinliche Befundergebnis hin nichts zu einer Abhilfe zu unternehmen (BGH NJW 2011, 2508; BGH MedR 2012, 383). Eben das hat Prof. Dr. S. für den vorliegenden Fall attestiert (Gutachten vom 24.08.2011 S. 26 = Bl. 291 d.A. i.V.m. Gutachten Prof. Dr. X vom 20.09.2007 S. 30f. = Anlage K 35).

Wäre die Klägerin in November 2002 in dem von Prof. Dr. S. geforderten Umfang untersucht worden und hätte man sie daraufhin operiert, wie dies aufgrund des mit Wahrscheinlichkeit erhobenen positiven Befunds notwendig gewesen wäre, hätte Aussicht bestanden, eine dauerhafte Heilung zu erzielen, so dass der langjährige Leidensprozess und dabei namentlich die anhaltende Inkontinenz der Klägerin hätten vermieden werden können. Gesichert ist dies freilich nicht, sondern im Gegenteil sogar unwahrscheinlich. Das hindert jedoch die Haftung der Beklagten zu 1) bis 3) nicht; denn es lässt sich nicht ersehen, dass es sich um ein äußersten Grad von Unwahrscheinlichkeit handelt. Allein das könnte nach den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Leitlinien die Beweislast der Klägerin zuweisen.

Prof. Dr. S. hat dazu - in Wiederholung und Vertiefung entsprechender Darlegungen in seinen Gutachten vom 24.8.2011 (dort S. 27, 35 = Bl. 292, 300 d.A.), vom 28.6.2012 (dort S. 8 bis 10 = Bl. 402 bis 404 d.A.) und vom 7.4.2013 (dort S. 11 = Bl. 543 d.A.) - bei seiner Anhörung vom 17.4.2013 mitgeteilt:

„Es kann nicht gesagt werden, dass es das Abszessgeschehen unterbrochen hätte, wenn im November 2002 eine Untersuchung in Narkose oder aber eine sofortige Operation durchgeführt worden wäre; auch dann hätten die Rezidive wieder auftreten können. ... Es ist schon so, dass eine schnellstmögliche Beseitigung eines Abszesses die Gefahr der Chronifizierung verringern soll und nach meinem Dafürhalten auch verringern kann. Die Chronifizierung hat hier möglicherweise schon seit November 2002 eingesetzt, da hier ja schon das erste Rezidiv aufgetreten ist; eventuell hat sie auch früher schon begonnen. ... Zu dem natürlichen Verlauf der Erkrankung gibt es nur spärliche Daten. Bei Patienten mit einem solchen Abszess ist bei 30 % der Patienten mit einem Eingriff alles erledigt, das heißt aber auch, dass bei 70 % der Patienten wieder ein Problem auftritt. Nachdem schon mal ein zweiter Abszess aufgetreten ist, ist die Chance, dass nach einer Operation sich ein chronisches Fistelgeschehen vermeiden ließe, jedenfalls geringer als 30 %, wie viel geringer, das kann ich nicht sagen.“

Die - nach alledem den Beklagten zu 1) bis 3) in ihrer Gesamtheit zuzurechnenden - geltend gemachten gesundheitlichen Schäden der Klägerin rechtfertigen das beantragte Schmerzensgeld von 50.000 €. Der Betrag kompensiert die dauerhaften, von zahlreichen Operationen begleiteten Beschwernisse und Behinderungen in angemessener Weise (vgl. die Vergleichsfälle bei Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldbeträge 2014, Nr. 1279, 1282, 1284, 1287). Eine Unterbrechung des Ursachenzusammenhangs mit der Folge, dass die Schadensentwicklung den Beklagten zu 1) bis 3) nur eingeschränkt zuzurechnen wäre, erschließt sich nicht. Das gilt namentlich mit Blick auf die Versorgung in der Klinik der Beklagten zu 4) und ist unabhängig davon, ob dabei Fehler unterlaufen sind. Denn die dortige Behandlung betraf eben die Erkrankung, der sich die Beklagten zu 1) bis 3) ohne Erfolg zugewandt hatten (vgl .BGH NJW 1986, 2368; BGH NJW 2012, 2024), und das Behandlungsergebnis war Ausfluss der bereits primär angelegten Risiken. Inwieweit die Dinge anders beurteilt werden müssten, wenn man im Haus der Beklagten zu 4) gegen alle ärztlichen Erfahrungen und Regeln verstoßen hätte (dazu BGH NJW 1989, 768), kann auf sich beruhen. Für einen solchen Sachverhalt ist nämlich nichts zu ersehen, zumal das Landgericht ein fehlerhaftes Vorgehen überhaupt verneint hat.

Daneben schulden die Beklagten zu 1) bis 3) Ersatz für die eingeklagten Kosten von 98,34 € und von 2.370,48 €, die mit der Beschaffung von Behandlungsunterlagen und der Einholung des Privatgutachtens Prof. Dr. X vom 16.7.2008 verbunden waren. Sie waren erforderlich, um den Umfang der Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1) bis 3) in Vorbereitung des Rechtsstreits beurteilen zu können. Die Erkenntnisse des vorprozessualen Schlichtungsverfahrens reichten insoweit nicht hin, zumal dieses Verfahren allein die Beklagten zu 4) und 5) betraf.

Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) bis 3) braucht sich die Klägerin wegen der Gutachterkosten nicht in das Kostenfestsetzungsverfahren verweisen zu lassen (vgl. dazu BGH NJW 1990, 122). Denn sie muss dort den Einwand gewärtigen, es handele sich nicht um Prozesskosten, weil es um Aufwendungen gehe, die zur grundsätzlichen Prüfung ihrer Anspruchsberechtigung angefallen seien und daher keinen konkreten Bezug zum Rechtsstreit hätten (vgl. OLG Koblenz VersR 2004, 802).

Darüber hinaus hat die Klägerin gegenüber den Beklagten zu 1) bis 3) Anspruch auf Ersatz ihrer notwendigen vorgerichtlichen Anwaltskosten. Insoweit ist - ausgehend von einem unbestrittenen Gegenstandswert von 77.468,22 € - eine 1,3 Geschäftsgebühr zugrunde zu legen. Die Angemessenheit eines höheren Satzes erschließt sich nicht. Damit gelangt man - einschließlich der Telekommunikationspauschale und der Mehrwertsteuer - zu einer Gesamtforderung von 1.880,20 €.

Schließlich ist auch die weitergehende materielle und immaterielle Einstandspflicht der Beklagten zu 1) bis 3) wegen deren Versäumnissen in der Zeit vom 1. bis zum 4.11.2002 festzustellen. Die zukünftige Schadensentwicklung ist insgesamt nicht absehbar.

Die Haftung der Beklagten zu 1) bis 3) wird nicht durch ein Mitverschulden der Klägerin gemindert. Die Behauptung, die Klägerin sei bei ihrer stationären Entlassung am 4.11.2002 angehalten worden, sich kurzfristig wieder zu melden, was dann - unstreitig - unterblieben sei, ist in diesem Zusammenhang unbehelflich. Es ist bereits fraglich, ob der Klägerin auf dieser Grundlage überhaupt eine rechtserhebliche Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann; denn es ist nicht zu ersehen, dass ihr der Eindruck vermittelt worden wäre, eine erneute Vorstellung sei dringend geboten - dafür geben weder die Bekundungen der hierzu angehörten Beklagten zu 3) noch der an den Hausarzt gerichtete Arztbrief etwas her (vgl. dazu BGH NJW 1997, 1635; OLG Köln VersR 2011, 766). Jedenfalls ist weder dargetan noch sonst erkennbar, dass eine entsprechende Rückmeldung der Klägerin zu diagnostischen und insbesondere operativen Maßnahmen geführt hätte, die die vorhandenen Schäden abgemildert oder gar vermieden hätten. Das gilt umso mehr, als den Beklagten zu 1) bis 3) in diesem Zusammenhang - anders als der Klägerin unter umgekehrtem Vorzeichen - keine Beweiserleichterung zugutekommt.

Die Verjährungseinrede der Beklagten zu 1) bis 3) greift ebenso wenig. Sie erschöpft sich in dem Tatsachenvortrag, die Klägerin habe „offensichtlich bereits im Oktober 2005 den Verdacht“ gehabt, „dass Behandlungsfehler vorliegen könnten“. Das ist ohne Substanz. Allerdings leitete die Klägerin seinerzeit ein Schlichtungsverfahren ein. Das geschah aber lediglich mit Blickrichtung auf die Beklagten zu 4) und 5). Anhaltspunkte für eine Haftung der Beklagten zu 1) bis 3), die die dreijährige Verjährungsfrist der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB hätten in Gang setzen können, wurden der Klägerin erst durch das Gutachten Prof. Dr. X vom 20.9.2007 an die Hand gegeben; insofern wurde die Verjährung ohne weiteres durch die hiesige Klage gehemmt.

2. Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Beklagten zu 4) bis 6) richtet, scheitert es.

Die Frage nach Behandlungsfehlern auf deren Seite hat das Landgericht verneint. Das gilt sowohl für die Anfangsphase, in der man, beginnend am 22.5.2003, wiederholt operativ bemüht war, der Fistelentwicklung ohne Unterbindung der Darmtätigkeit zu begegnen, als auch in Bezug auf die Anlage des Anus praeter am 8.7.2004 als auch mit Blick auf die daran anschließenden, auf eine Fistelspaltung hinzielenden Maßnahmen. Angriffe gegen diese Beurteilung sind in der Berufungsbegründungsschrift nicht geführt worden. Stattdessen hat sich die Klägerin auf die Rüge einer unzulänglichen Aufklärung beschränkt, wobei sie allein an den Eingriff vom 8.7.2004 als maßgeblichen Lebenssachverhalt anknüpft. Das bedeutet, dass lediglich dieser Gesichtspunkt Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gegen die Beklagten zu 4) bis 6) ist; die darüber hinaus in erster Instanz erhobenen Rügen hinsichtlich der Durchführung des Eingriffs haben nunmehr außer Betracht zu bleiben (BGH MDR 2007, 599).

Der Vorwurf mangelnder Aufklärung gründet darauf, dass man vor der Herstellung des künstlichen Stomas den Eindruck erweckt habe, es handele sich nur um eine vorübergehende Maßnahme, die alsbald rückgängig gemacht werde; die Gefahr einer Irreversibilität sei nicht in den Raum gestellt worden. Die Klägerin hat dazu im Rahmen ihrer Anhörung durch das Landgericht mitgeteilt, sie habe, als sie der Anlage des Anus praeter zugestimmt habe, fest angenommen, damit müsse sie ein halbes Jahr leben; danach finde die Entleerung des Darms wieder über den natürlichen Ausgang statt. Andere Informationen habe sie nicht erhalten.

Indessen hat die - damals als Assistenzärztin bei der Beklagten zu 4) tätige - Zeugin S. bekundet, ihrer Auffassung nach habe sie die Klägerin am Vortag des Eingriffs darauf aufmerksam gemacht, dass der Anus praeter möglicherweise nicht zurückverlegt werden könne. Allerdings besagt der insoweit vorhandene Aufklärungsbogen (“Einverständniserklärung“), der das Datum des 7.7.2004 trägt, dazu nichts. Er enthält zwar eine Vielzahl handschriftlicher Einträge der Zeugin zu operationsimmanenten Risiken, die der Klägerin vermittelt worden sein sollen; aber zu einem etwaigen dauerhaften Verbleib des künstlichen Stomas findet sich kein Vermerk.

Das schließt jedoch nicht aus, dass eine solche Eventualität gleichwohl zur Sprache kam. Denn sie reiht sich nicht ohne weiteres in die von der Zeugin vermerkten Risiken ein, so dass es konsequent gewesen wäre, sie in einem Zuge damit schriftlich festzuhalten. Die angeführten Risikohinweise (Infekt, Sepsis, Blutung, HIV-​Hepatitis-​Risiko im Zusammenhang mit der Gabe von Blut, Thrombose, Embolie, Verletzung von Nerven, Gefäßen und inneren Organen, Wundheilungsstörungen und Nachoperationen) betreffen nämlich allesamt ungewollte schädigende Begleiterscheinungen des anstehenden Eingriffs, während es bei der Dauer der Anlage des Anus praeter um die spätere Revision des angestrebten operativen Ziels geht.

Vor diesem Hintergrund fehlt der Annahme der Zeugin S., sie habe die Klägerin darüber unterrichtet, dass der natürliche Darmausgang unter Umständen nicht wieder herstellbar sei, nicht die Plausibilität. Diese Annahme stützt sich auf ihr bekundetes Bewusstsein von der Wichtigkeit einer solchen Unterrichtung und einer ihrer Schilderung nach daran orientierten generellen Praxis. Das rechtfertigt eine richterliche Würdigung dahin, dass der Klägerin das vorhandene Risiko nahegebracht wurde.

An den einem Arzt obliegenden Beweis der ordnungsgemäßen Aufklärung des Patienten dürfen keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden (BGH VersR 1985, 361). Ist - wie hier - einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch geführt, sollte dem Arzt im Zweifel darin gefolgt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist (BGH VersR 2014, 588). Konkrete Erinnerungen des Arztes sind dabei entbehrlich; sie können naturgemäß auch nicht erwartet werden. Es reicht hin, dass eine regelmäßige Übung vermittelt wird (BGH NJW 1994, 3009). Angesichts dessen ist die Entscheidung des Landgerichts, dass auf der Grundlage der Zeugenaussage S. eine hinreichende Risikoaufklärung der Klägerin vor der Operation vom 8.7.2004 bejaht werden müsse, nicht zu beanstanden. Sie begegnet keinen rechtserheblichen Zweifeln (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

3. Der Kostenausspruch beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision fehlen.

Rechtsmittelstreitwert: 77.468,22 €

Praxisanmerkung:

Bei fortdauernden Analbeschwerden im Zusammenhang mit einer Analfstel hinter dem Rektum ist es der sicherste Weg, den Patienten unter Narkose eingehend zu untersuchen, um weitere Fisteln entdecken zu können. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
Witzlebenstraße 3 - 14057 Berlin - Tel: (030) 536 47 749
E-mail: mail@christmann-law.de