(15.6.2017) Auch das Sächsische Landessozialgericht verweigert einer Patientin die Übernahme der Arztkosten für eine Hyperthermiebehandlung bei einer Erkrankung im finalen Stadium, im vorliegenden Fall Leberkrebs. Aus Sicht des Gerichts fehlt es vor allem am Nachweis einer Wirksamkeit der Hyperthermiebehandlung (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 26.4.2017 – L 1 KR 185/12).

Wer muss die Kosten der Hyperthermiebehandlung bezahlen?Die Qualität und Wirksamkeit einer Behandlung muss gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V grundsätzlich dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Behandlung muss notwendig, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Mit anderen Worten muss die Behandlung helfen können.

Ausnahmsweise können nach dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen § 2 Abs. 1a SGB V Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Behandlung verlangen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Für die Kosten experimenteller Behandlungen aufgrund - ggf. auch wissenschaftlicher - Hypothesen müssen die Krankenkassen dagegen nicht aufkommen.

Eine solche Aussicht auf Heilung war vorliegend aus Sicht des Gerichts nicht erkennbar. Nachweise oder Studien zur Wirksamkeit der Hyperthermiebehandlung fehlten aus Sicht des Gerichts. 

Und auch bei einer Alternativbehandlung in einer notstandsähnlichen Situation muss der Arzt konkret bezogen auf den Einzelfall Risiken und Nutzen der Therapie nach dem voraussichtlich erreichbaren Behandlungsziel ermitteln, d.h. eine gewissenhafte Chancen-/Risikoabwägung durchführen. Daran fehlte es hier aus Sicht des Gerichts. Es sei nicht ersichtlich, dass der die Hyperthermie befürwortende Arzt nicht nur eine Verbesserung des Allgemeinbefindens und ggf. der Mobilität der Patientin anstrebte, sondern ein nach gewissenhafter eigener Einschätzung trotz der bereits fortgeschrittenen Tumorerkrankung erreichbares darüber hinausgehendes Behandlungsziel.

Praxisanmerkung:

Auch in anderen Fällen scheiterten Klagen auf Kostenerstattung für Hyperthermie (vgl. etwa BSG, Beschluss vom 27. April 2017 – B 1 KR 5/17 B; BSG, Beschluss vom 22. Februar 2017 – B 1 KR 73/16 B; BSG, Beschluss vom 08. Februar 2017 – B 1 KR 93/16 B). Die Entscheidung des Landesozialgerichts liegt damit auf der skeptischen Linie der herrschenden Rechtsprechung. 

Ärzte, die die Hyperthermiebehandlung durchführen, sollten die Patienten daher mündlich und schriftlich darüber aufklären, dass eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung in der Regel nicht gegeben ist. Tun sie dies nicht, so kann der Patient unter Umständen Schadensersatz wegen Verletzung der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht des Arztes verlangen. Außerdem muss der Arzt die oben beschriebene gewissenhafte Chancen-/Risikoabwägung durchführen (und dies auch dokumentieren). Andernfalls könnte der Patient die Zahlung der Rechnung des Arztes wegen einer Pflichtverletzung des Arztes gegebenenfalls verweigern. 

Patienten ist zu raten, in jedem Fall vor Beginn einer Hyperthermiebehandlung eine schriftliche Leistungsanfrage bei der Krankenversicherung einzureichen, der eine ärztliche Einschätzung und Therapieempfehlung beigefügt ist. Beginnt der Patient die Behandlung dagegen auf eigene Faust und wendet sich erst danach mit der Bitte um Zahlung an die Versicherung, so hat er erst recht kaum Chancen auf eine Erstattung.  

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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