(12.10.2017) Zunehmend haben niedergelassene Ärzte wie Klinikärzte Schwierigkeiten, mit Patienten aus dem Ausland zu kommunizieren und sie vor allem über die Risiken und die Tragweite der notwendigen oder gewünschten Behandlung aufzuklären. Im Angesicht einer steigenden Zuwanderung stellen mangelnde Deutschkenntnisse der Patienten ein erhebliches und zunehmendes Problem dar, denn der Arzt ist verpflichtet, die Aufklärung für den Patienten verständlich zu gestalten (§ 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB); er trägt für eine erfolgreiche Aufklärung die Beweislast (vgl. auch KG Berlin, Urt. v. 8.5.2008 - 20 U 202/06). Insofern stellt sich für den Arzt u.a. die Frage, ob er für einen Dolmetscher sorgen muss oder ob er auch berechtigt ist, einen Patienten zurückzuweisen, wenn er sich mit diesem nicht verständigen kann. 

BrustoperationsaufklärungsformularDer aufklärungspflichtige Arzt hat – notfalls durch Beiziehung eines Sprachmittlers – sicherzustellen, dass der ausländische Patient der Aufklärung sprachlich folgen kann (Kammergericht Berlin, Urteil vom 8.5.2008 - 20 U 202/06). Es ist einem Arzt aber nicht zuzumuten, Dolmetscher vorzuhalten oder zu bezahlen. Grundsätzlich soll der Patient die Kosten für den Übersetzer tragen (vgl. BT-Drs. 17/10488, S. 25), es sei denn, der Patient ist gehörlos - dann sind die Kosten vom Sozialamt zu tragen.

Keine Pflicht, einen Dolmetscher bereitzustellen

Die Bereitstellung entsprechender Übersetzerkapazitäten ist nicht Bestandteil der Regelversorgung der Gesetzlichen Krankenversicherung. Eine grundsätzliche Verpflichtung des Arztes, bei der Aufklärung eines ausländischen Patienten einen Dolmetscher oder eine andere sprachkundige Hilfsperson hinzuzuziehen, besteht aber nicht (OLG Karlsruhe, Urteil vom 9.4.2014 – 7 U 121/13).

Im äußersten Fall muss Arzt Behandlung verweigern

Es ist also Sache des Patienten, sich verständigen zu können. Verfügt der Arzt - und dies ist der Regelfall - nicht über die notwendigen Sprachkenntnisse für eine sicherere Kommunikation mit dem Patienten und können auch seine Mitarbeiter nicht als Übersetzer tätig werden, so muss er im Extremfall die Behandlung verweigern. Denn jeder ärztliche Heileingriff stellt tatbestandlich eine Körperverletzung dar, die nur durch eine Einwilligung der berechtigten Person gerechtfertigt werden kann; die Einwilligung setzt jedoch wiederum eine wirksame Aufklärung voraus (§ 630d Abs. 2 BGB). Die Anforderungen an die Übersetzung sind dabei umso höher, je schwerwiegender und risikoreicher der geplante Eingriff ist.

Die Aufklärung ausländischer Patienten ist eine undankbare und schwierige Aufgabe für den Arzt. Zwar ist der Arzt nicht verpflichtet, einen Dolmetscher bereit zu halten. Will er aber den Patienten behandeln, muss er ihn aufklären. Dies zwingt den Arzt geradezu, eine Behandlung abzulehnen, wenn er sich mit dem Patienten nicht verständigen kann. In vielen Fällen kann der Arzt die Behandlung zumindest vertagen und den Patienten bitten, mit einem Dolmetscher oder einem Familienangehörigen, der übersetzen kann, erneut zu erscheinen, um die Behandlung fortzusetzen. 

Im Notfall ist die Aufklärung vernachlässigbar

Anders ist es bei Notfallbehandlungen. Hier muss der Arzt den Patienten behandeln. Je eiliger eine Behandlung ist, desto niedriger sind aber die Anforderungen an die Aufklärung und an das Verständnis der Aufklärung durch einen ausländischen Patienten. Dagegen steigen die Anforderungen, wenn es sich um einen elektiven Eingriff handelt. Am höchsten sind die Aufklärungspflichten bei kosmetischen Operationen - hier muss der ausländische Patient schonungslos und in seiner Sprache aufgeklärt werden. 

Was gilt, wenn der Patient etwas Deutsch spricht?

Hat der Patient gewisse deutsche Sprachkenntnisse, so muss man differenzieren:

Ein in Deutschland aufgewachsener Ausländer, der die deutsche Sprache beherrscht, steht hinsichtlich der Aufklärung über einen medizinischen Eingriff einem Deutschen gleich, der ebenfalls nicht immer medizinische Fachausdrücke versteht. Es ist Sache des Patienten, dem Arzt mitzuteilen, wenn er etwas nicht verstanden hat, und um entsprechende Aufklärung zu bitten (OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.09.2002 - 7 U 102/01). Gibt ein ausländischer Patient, der offenbar der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, während des Aufklärungsgesprächsnicht zu erkennen, dass er die Aufklärung nicht verstanden hat und verlangt auch keinen Dolmetscher oder zumindest einen deutsch sprechenden Familienangehörigen, kann der Arzt davon ausgehen, dass die erteilte Einwilligung in den Eingriff wirksam ist (OLG Karlsruhe, Urteil vom 9.4.2014 – 7 U 121/13). Es ist davon auszugehen, dass eine ausländische Patientin über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügt, um einer ärztlichen Aufklärung folgen zu können, wenn sie nach ihrem eigenen Vorbringen während des in Rede stehenden Arztgespräches niemals den Einwand erhoben hat, sie könne den Ausführungen bereits sprachlich nicht folgen (OLG Frankfurt, Urteil vom 19.5.1993 - 13 U 138/92). 

Aufklärungsbögen in fremder Sprache verwenden?

Der Aufklärungsbogen dient ohnehin überwiegend nur der Dokumentation der Aufklärung. Der Arzt darf sich nicht darauf beschränken, dem Patienten ein Aufklärungsformular - quasi zum Selbsstudium - zu überlassen, sondern er muss den Patienten im persönlichen Gespräch "im Groben und Ganzen" über den Eingriff und dessen Risiken aufklären. Trotzdem stellt sich die Frag, ob hier Formulare in ausländischer Sprache verwendet werden sollten. Dies ist zum einen unpraktisch, weil der Arzt nicht Formulare in sämtlichen gebnräuchlichen Sprachen vorhalten kann. Es ist auch nicht erforderlich. Der Arzt soll den Patienten mit mangelnden Deutschkenntnissen entlang des Formulars aufklären unterstützt durch den Dolmetscher oder einen Angehörigen als Sprachmittler. Es ist ratsam, in dem Formular kurz zu dokumentieren, dass als Sprachmittler z.B. der Sohn XYZ zum Einsatz kam.   

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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