(21.3.2018) Das Verhalten eines Vertragsarztes, der insgesamt etwa sieben Jahre (nahezu) ungenutzt verstreichen lässt, um seiner Fortbildungs(nachweis)pflicht nachzukommen, und der in dieser Zeit alle Hinweise und Anfragen der kassenärztlichen Vereinigung wegen der Erteilung der Nachweise ignoriert, lässt den Schluss auf eine Verantwortungslosigkeit des Arztes beim Umgang mit den vertragsärztlichen Pflichten zu. Dieses Verhalten rechtfertigt eine disziplinarische Geldbuße von EUR 5.000. Dass der Arzt nach Verhängung der Geldbuße seinen Fortbildungspflichten (mglw.) nachgekommen ist, ist irrelevant. Ebenso unerheblich ist es, ob Patienten sich über die Qualität der Arbeit des Vertragsarztes beschwert haben oder dass der Arzt selbst fortbildungsberechtigt ist (Landessozialgericht NRW, Beschluss vom 9. November 2017 – L 11 KA 19/16).

Fortbildung des ArztesDer Fall:

Der Kläger war seit 1984 als Praktischer Arzt tätig und nahm ab 1996 als solcher an der hausärztlichen Versorgung teil. 2009 erinnerte die zuständige Kassenärztlichen Vereinigung den Arzt an die Erfüllung seiner Fortbildungs- und -nachweispflichten. Bis spätestens zum 30.06.2009 müsse er nachweisen, in der Zeit ab dem 01.01.2002 250 Fortbildungspunkte erworben zu haben. Hierauf reagierte der Arzt nicht, woraufhin die KV Honorarkürzungen ankündigte. Nachdem der Arzt auch nun nicht reagierte, teilte die KV dem Arzt mit, dass sie das Honorar kürzen werde. Auch darauf reagierte der Arzt nicht, ebenso wenig wie auf die nachfolgenden Honorarkürzungen. Mit Schreiben von 9/2011 hörte die KV den Arzt zur beabsichtigten Einleitung eines Disziplinarverfahrens an – auch dies blieb ohne Reaktion.

Im dann anlaufenden Disziplinarverfahren nahm der Arzt dahin Stellung, dass Grund für sein Verhalten die schlechte wirtschaftliche Situation seiner Praxis sei. Er habe Kosten reduzieren müssen, davon seien auch die Fortbildungen betroffen gewesen. Wegen der finanziellen Probleme habe er sich durch die KV intensiv aber im Ergebnis erfolglos beraten lassen. Einen Nachfolger für seine Praxis habe er nicht gefunden. Mündlich vom Disziplinarausschuss angehört gab der Kläger an, ca. 60-100 Fortbildungspunkte statt der erforderlichen 250 Punkte gesammelt zu haben. Später trug er vor, das vorgeschriebene reine Punktesammeln diene nur allein dazu, dem Arzt industrielle Interessen näherzubringen. Für seine eigenen Fortbildungsaktivitäten (insbesondere Selbststudium und Konsultationen von Kollegen) erhalte man keine Fortbildungsnachweise. Er verwies auch darauf, dass sich noch kein Patient wegen mangelnder Qualität seiner Arbeit beschwert habe – überdies sei er selbst fortbildungsberechtigt.

Der Disziplinarausschuss der KV setzte Anfang 2012 als Disziplinarmaßnahme eine Geldbuße i.H.v. 5.000,00 EUR fest .

Der Arzt klagte vor dem Sozialgericht gegen den Bußgeldbescheid. Im Verlauf des Verfahrens behauptete er dann, er habe die notwendigen 250 Fortbildungspunkte erworben. Das Sozialgericht wies die Klage des Arztes als unbegründet ab. Dieser ging in Berufung. Der Arzt ist mittlerweile in der Schweiz tätig und besitzt keine Zulassung mehr. Im Verlauf des Berufungsverfahrens legte der Arzt ein Fortbildungszertifikat der Ärztekammer Nordrhein vom 28.11.2014 vor, wonach seine damalige Fortbildungspflicht als erfüllt gelte.

Die Entscheidung:

Das LSG bestätigt den Bußgeldbescheid unter Bezugnahme auf die Gründe aus dem Urteil des Sozialgerichts.

Es sei zutreffend festgestellt worden, dass der Arzt gegen die ihn treffenden vertragsärztlichen Pflichten zur Fortbildung und zum Fortbildungsnachweis verstoßen habe. Zutreffend habe der Disziplinarausschuss festgestellt, dass es die wirtschaftliche Situation des Klägers nicht zu rechtfertigen vermöge, über Jahre gegen seine Fortbildungsverpflichtung zu verstoßen. Schließlich seien nach der Fortbildungsordnung für die nordrheinischen Ärzte auch kostenneutrale Fortbildungsveranstaltungen wählbar. Die verhängte Disziplinarmaßnahme in Form einer Geldbuße mittlerer Höhe sowie ihre Begründung seien nicht zu beanstanden. Nicht erheblich sei schließlich, ob der Kläger noch über eine vertragsärztliche Zulassung verfüge. Nach der Rechtsprechung des BSG führe die Beendigung einer Zulassung sei dies bei einer bereits verhängten Geldbuße unerheblich (BSG, Urteil vom 08.03.2000 - B 6 KA 62/98 R).

Auch dass der Arzt im Verlauf des Gerichtsverfahrens vorgetragen habe, er habe die notwendigen 250 Fortbildungspunkte doch erworben, ändere daran nichts. Das von dem Arzt dazu vorgelegte Fortbildungszertifikat stamme nicht aus der Zeit vor Verhängung der Geldbuße von 2012, sondern erst von Ende 2014. Maßgeblich sei aber, dass der Arzt den Nachweis nicht rechtzeitig - sprich zum Stichtag 30.6.2009 - erbracht habe.

Ebenso unerheblich sei es, ob Patienten sich – wie der Arzt meinte – noch keine Patienten über die Qualität der Arbeit des Vertragsarztes beschwert hätten oder dass der Arzt selbst fortbildungsberechtigt sei.

Praxisanmerkung:

Ein Vertragsarzt hat alle fünf Jahre gegenüber der KV den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht (250 Fortbildungspunkte) nachgekommen ist (§ 95d Abs. 3 SGB V). Die dazu erforderlichen Nachweise erstellen die Ärztekammern.

Das Gesetz ist strikt mit der Erfüllung und dem Nachweis dieser Fortbildungspflichten. Ausflüchte und Entschuldigungen erkennt das Gesetz nicht an und die Gerichte setzen diese rechtlichen Vorgaben streng um.

Für Ärzte in wirtschaftlichen Schwierigkeiten besteht überdies die Möglichkeit, kostenfreie Fortbildungen in Anspruch zu nehmen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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