(9.11.2018) Ein besonderer Einzelfall im Sinne des § 10 Abs. 3 BÄO, der die Verlängerung einer ärztlichen Berufserlaubnis auf mehr als die maximal zulässigen zwei Jahre erlaubt, ist dann nicht gegeben, wenn eine türkische Ärztin alleinerziehend eine kleine Tochter betreut und sich in einer schwierigen finanziellen Situation befindet (VG Bremen, Beschluss vom 22. Oktober 2018 – 5 V 2130/18).

Approbationsurkunde für eine Ärztin aus der Türkei?Der Fall:

Eine in der Türkei geborene Frau wurde in Georgien und der Türkei zum Arzt ausgebildet. In Deutschland beantragte sie eine Berufserlaubnis, erhielt diese und arbeitete auf dieser Grundlage in einer Klinik. Sie ist alleinerziehende Mutter einer fünfjährigen Tochter. Sie beantragte die Erteilung einer ärztlichen Approbation. Zwei von der Genehmigungsbehörde in Auftrag gegebene Gutachten verneinten aber eine Gleichwertigkeit ihrer Ausbildung mit der deutschen Ausbildung als Arzt. Nachdem sie für die Dauer von über zwei Jahren eine Berufserlaubnis innehatte, beantragte sie unter Berufung auf einen Härtefall eine weitere Verlängerung der Berufserlaubnis. Dies lehnte die Behörde ab, es liege kein besonderer Einzelfall vor, der ausnahmsweise eine solche Verlängerung erlaube. Die Ärztin rief im einstweiligen Rechtsschutz das Verwaltungsgericht Bremen an.

Die Entscheidung:

Das Verwaltungsgericht Bremen wies das Begehren der Ärztin, ihr einstweilig eine Berufserlaubnis zu erteilen, zurück. Ein besonderer Einzelfall liege nicht vor. Die Belastungen, denen die Ärztin unterliegt, bestünden auch bei anderen Bewerbern. 

Das Gericht hat in seiner Entscheidung auch herausgearbeitet, dass die Berufserlaubnis nach § 10 BÄO und die in Absatz 3 vorgesehenen Verlängerungsmöglichkeiten der Schaffung der Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation dienen. Nach Erhalt einer Berufserlaubnis muss sich ein ausländischer Arzt daher alsbald auf die Kenntnisprüfung vorbereiten - er darf nicht zuerst den Ausgang des Verfahrens zur Feststellung der Gleichwertigkeit seines Ausbildungsstandes (§ 3 Abs. 2 oder 3 BÄO) abwarten. Der Arzt muss also damit rechnen, dass seine Ausbildung nicht gleichwertig ist und sich auf die Ablehnung der Erteilung einer Approbation vorbereiten, indem er für eine Kenntnisprüfung lernt. Dies habe die Ärztin nicht getan. 

Praxisanmerkung:

Mit Erhalt der Berufserlaubnis müssen sich ausländische Ärzte aus dem Nicht-EU-Ausland (also z.B. der Türkei) also schnellstmöglichst sich auf eine Kenntnisprüfung vorbereiten. Sie müssen somit eine zweigleisige Strategie benutzen: Einerseits müssen sie zur Erlangung der ärztlichen Approbation schnell die notwendigen Unterlagen über ihr ausländisches Studium sammeln und der Genehmigungsbehörde vorlegen, damit dieses die Gleichwertigkeit der ausländischen mit einer deutschen Ausbildung als Arzt prüfen kann. Andererseits müssen sie sich auch darauf vorbereiten, dass die Genehmigungsbehörde eine Gleichwertigkeit verneint. Daher müssen sie sogleich mit Beantragung der Approbation Vorbereitungskurse für eine Kenntnisprüfung belegen - dies ist der sicherste Weg. Dies stellt eine erhebliche finanzielle und zeitliche Belastung dar. Überdies wird dies den wenigsten Bewerbern für eine Approbation überhaupt bekannt sein, da das Gesetz ein solches zweigeleisiges Vorgehen nicht ausdrücklich vorschreibt und die Genehmigungsbehörden die Ärzte darauf in der Regel auch nicht hinweisen. Es bleibt nach alledem dabei, dass die Erlangung einer Approbation für Ärzte aus dem Nicht-EU-Ausland - sei es nun durch Kenntnisprüfung oder durch Feststllung einer Gleiuchwertigkeit der Ausbildung - ein steiniger, teurer und langer Weg ist. 

Auch wenn in Deutschland weiter Ärztemangel besteht und die Kliniken gern auch ausländische Ärzte beschäftige wollen, will der deutsche Gesetzgeber nicht von den hohen deutschen Ausbildungsstandards in der Medizin abweichen. Die Behörden und Gerichte sind an diese Wertungen des Gesetzgebers gebunden. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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