(24.1.2019) Verkauft ein Apotheker aus dem Oberharz rezeptfreie, apothekenpflichtige Medikamenten über die Handelsplattform "Amazon", wobei er die Medikamente selbst versendet, so stellt dies keine unlautere geschäftliche Handlung nach § 3 UWG dar. Der Apotheker wehrte damit eine Unterlassungsklage eines Münchner Apothekers ab (Landgericht Magdeburg, Urteil vom 19.1.2019 - 36 O 48/18). 

Medikamente über Amazon vertreibenDer Fall: 

Unter dem Namen seiner Oberharzer Apotheke bot ein Apotheker rezeptfreie und apothekenpflichtige Medikamente als sog. Marktplatz Verkäufer über die Handelsplattform amazon.de an. Er verkaufte und versendete die Medikamente dann selbst, diese wurde also nicht üpber Amazon oder Dritte versendet. Ein Apotheker aus München verklagte den Oberharzer Apotheker daraufhin auf Unterlassung. Der Verkauf sei eine unlautere geschäftliche Handlung. Es liege auch eine unerlaubte Werbung für Medikamente nach dem Heilmittelwerbegesetz vor, weil der Oberharzer Apotheker auf Amazon eine Vielzahl von positiven Bewertungen habe.

Die Entscheidung:

Wie das Landgericht Magdeburg in seiner Pressemitteilung erklärt, ist die Rechtsprechung des BVerwG aus dem Jahr 2012 (Urt. v. 18.10.2012 - 3 C 25/11) zu berücksichtigen, wonach grundsätzlich der Internetversandhandel mit rezeptfreien Medikamenten erlaubt ist. Wenn aber grundsätzlich "Internetapotheken" erlaubt seien, dann dürfe ein Apotheker auch als Vertriebsweg den über eine Handelsplattform – wie amazon.de – wählen.

Die Handelsplattform vermittele auch lediglich den Zugang zum Angebot des Beklagten. An der pharmazeutischen Tätigkeit sei die Handelsplattform nicht beteiligt, da Verkauf und Versand allein durch den Beklagten erfolgten. Der Beklagte betreibe aber eine Apotheke und besitze die behördliche Erlaubnis zum Versand von Medikamenten.

Ein Gesetzesverstoß liege auch nicht darin, dass es bei amazon.de Kundenbewertungen, sowohl der Medikamente als auch der Apotheke selbst gebe. So weise das Verkäuferprofil auf amzon.de 100% – 511 positive Bewertungen in den letzten zwölf Monaten auf (Stand: 18.01.2019). Jeder Nutzer der Seite könne aber sofort erkennen, dass sich hierbei nicht um Werbung und Bewertungen der Apotheke selbst, sondern um Meinungen der Verbraucher handele. Damit habe der Beklagte auch nicht gegen Vorschriften der Medikamentenwerbung verstoßen.

Praxisanmerkung:

Im Sinne des freien Handels ist die Entscheidung zu begrüßen. Sie verbessert die Möglichkeiten jedes Apothekers, seine Waren zu vertreiben. Wer als Apothelker auf diese Weise handeln will, sollte aber beachten, dass die Medikamente nicht über Dritte versendet werden dürfen, weil dann die Gefahr des Zugriffs Dritter auf die apothekenpflichtigen Medikamente bestünde. Auch sollten die Sendungen nach Möglichkeit nicht als Medikamente kenntlich sein, um die Gefahr eines Diebstahles zu verringern. Auch sollte der Arzt auf die Einhaltung der Regeln zur Datenschutz-Grundverordnung achten. Dies ist bei dem Versand über den Datensammler Amazon kritisch zu sehen. Auch aus sozialen und gesamtwirtschaftlichen Gründen ist die Kooperation mit Amazon kritisch zu betrachten. Insbesondere sollte jeder Apotheker gut überlegen, ob er mit einem Vertrieb über Amazon eine Handelsplattfporm unterstützt, die systematisch gegen den Einzelhandel arbeitet.

Aus Sicht des Patienten ist die Entscheidung zwiespältig zu sehen: Einerseits hat der Patient so die Möglichkeit, Medikamente online bei einem zuverlässigen Fachmann - einem deutschen Apotheker - zu ordern: Bettlägerige Patienten können so einfacher zu ihren Medikamenten kommen. Andererseits verliert er die Möglichkiet, mit dem Apotheker über die Nebenwirkungen und die Anwendung des Medikaments zu sprechen und sich über Alternativen beraten zu lassen.  

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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