(25.2.2019) Das Bundessozialgericht hat bestätigt, dass umfangreiche Prüfungs- und Dokumentationspflichten des Arztes bei Akupunktur chronischer Schmerzpatienten bestehen (Bundessozialgericht, Urteil vom 13.2.2019 - B 6 KA 56/17).

Abrechnung von AkupunkturDer Fall:

Der klagende niedergelassene Orthopäde rechnete Akupunkturleistungen nach EBM 30790 (Diagnostik) und 30791 (Akupunktur) zur Behandlung chronischer Schmerzen der Lendenwirbelsäule und des Knies ab. Obgleich deren Leistungslegenden u.a. voraussetzen, dass der Patient bereits sechs Monate durchgehend an Schmerzen leidet und deswegen bereits ärztlich behandelt wurde, lagen dem Arzt keine Befunde der Vorbehandler vor.

Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KV) setzte daher diese Leistungen ab im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung.

Sozialgericht und auch Landessozialgericht bestätigten diese Entscheidung der beklagten KV.

Auf die Revision des Arztes hatte nun das Bundessozialgericht zu entscheiden.

Die Entscheidung:

Das BSG wies die Revision des Arztes als unbegründet zurück. Die Richtigstellung sei berechtigt.

Die Nrn. 30790 und 30791 EBM-Ä dürfen nach ihrer Leistungslegende nur abgerechnet werden, wenn die Voraussetzungen der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Akupunktur (QV-A) erfüllt sind. Dazu gehört gemäß § 5 Abs 1 Nr. 2 QV-A die Überprüfung, dass vor der Akupunktur ein mindestens sechsmonatiges ärztlich dokumentiertes Schmerzintervall vorliegt. Zu Beginn der Akupunktur müssen dem Arzt in der Vergangenheit erstellte ärztliche Dokumentationen - des die Akupunktur durchführenden Arztes oder anderer Ärzte - vorliegen, die ein Schmerzintervall belegen, das mindestens sechs Monate bestand und auch noch aktuell andauert. Es reicht nicht aus, dass der die Akupunktur durchführende Arzt allein aufgrund von Angaben des Patienten in der Eingangsuntersuchung Schmerzzustände von mehr als sechs Monaten feststellt. Ebenso wenig genügt es, wenn sich aus vorhandenen ärztlichen Dokumentationen ergibt, dass solche Schmerzzustände irgendwann in der Vergangenheit vorgelegen haben. Ein Schmerzintervall, das nach der QV-A im Rahmen eines schmerztherapeutischen Gesamtkonzepts den Einsatz von Akupunktur rechtfertigt, muss unmittelbar vor Beginn der Behandlung mindestens sechs Monate bestanden haben.

Praxisanmerkung:

Die Anforderungen an die Überprüfung der Anamnese und deren Dokumentation sind hier sehr hoch. Das betont den Ausnahmecharakter dieser Akupunktur-Behandlung. Schon die Leistungslegende zur Schmerzanalyse nach Nr. 30790 mit einer Mindestdauer von 40 Minuten (!) stellt diesen besonderen Charakter der Leistung deutlich heraus. Auch die Durchführung der Akupunktur muss nach Nr. 30791 mindestens 20 Minuten dauern.

Die hohen Anforderungen an die Dokumentation erklären sich mit der ausnahmsweisen Zulässigkeit der Abrechnung von Akupunktur-Leistungen zur Behandlung objektiv schwerlich messbarer längerer Schmerzzustände.

Vorlagen für die erforderliche Dokumentation finden Sie hier:
https://www.akupunktur.de/fileadmin/akupunktur/formblaetter/Dokumentationsbogen_GKV_Akupunktur.pdf
und hier:
https://www.kvno.de/downloads/quali/dokumentationsbogen_Akupunktur.pdf

Der sicherste Weg ist es für den Arzt, wenn er den Patienten bittet, einen Arztbrief des vorbehandelnden Arztes beizubringen, er selbst einen solchen Brief bei dem Vorbehandler anfordert oder zumindest die anamnestischen Angaben des Patienten prüft, indem er mit dem Vorbehandler kurz telefoniert. Wichtig ist auch, all dies genauestens zu dokumentieren.

Siehe auch:

Abrechnung Aktuell: Die seit 2016 ausgesetzte Stichprobenprüfung der Akupunkturbehandlung (Details dazu in AAA 12/2015, Seite 2) wird – wie in AAA 03/2018 bereits berichtet – wieder aufgenommen. KBV und Krankenkassen konnten sich nicht auf eine weitere Aussetzung dieser Prüfung verständigen. Die Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur fordert eine jährliche Überprüfung der Dokumentationen. Die Überprüfung der Dokumentation einer Akupunkturbehandlung bezieht sich auf die Dokumentation des Therapieplans und der Eingangs- und Verlaufserhebung sowie auf die Begründung der Ausnahmefälle. Jährlich werden von mindestens fünf Prozent der Ärzte, die Akupunkturleistungen erbringen und abrechnen, Dokumentationen zu zwölf abgerechneten Fällen und zu 18 abgerechneten Ausnahmefällen mit bis zu 15 Sitzungen angefordert. Die eingereichten Dokumentationen werden daraufhin überprüft, ob die in der Vereinbarung vorgegebenen Dokumentationsinhalte vollständig dokumentiert und – auch hinsichtlich der Indikation für eine Verlängerung der Akupunkturbehandlung – nachvollziehbar begründet sind.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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