(22.3.2019) Der Patient, der einer Klinik einen Hygienefehler vorwirft, genügt seiner prozessualen Darlegungslast, wenn er Tatsachen vorträgt, die die Vermutung eines Hygienefehlers der Behandlungsseite aufgrund der Folgen für ihn gestattet. Damit erleichtert der Bundesgerichtshof dem Patienten die Beweisführung (BGH, Urteil vom 19. Februar 2019 – VI ZR 505/17). 

Hygienefehler im Krankenhaus?Der Fall:

Im vorliegenden Fall warf eine Patientin einer Klinik u.a. vor, sie habe sich dort nach einer Operation zur Gebärmutterentfernung aufgrund eines Hygienefehlers angesteckt (Infektion u.a. des Bauchraums mit dem Darmbakterium Enterococcus faecalis) - infolgedessen sei sie erheblich erkrankt und ihr mussten bei einer weiteren Operation Eierstock und Eileiter sowie der Blinddarm entfernt werden.

Sie klagte auf Schmerzensgeld.

Das Oberlandesgericht war der Meinung, die Patientin habe nicht genug vorgetragen, um einen Hygienefehler zu beweisen. Das OLG wies die Klage der Patientin auf Schmerzensgeld daher ab. Die Patientin hatte vorgetragen, sie habe sich eine bakterielle Infektion der Scheide aufgrund unterdurchschnittlicher hygienischer Zustände in ihrem Krankenzimmer zugezogen. Sie hatte dazu erklärt, die Mitpatientin in ihrem Zimmer habe die Wände mit Kot beschmiert und in der Dusche sei Schimmel vorhanden gewesen.

Die Patientin rief den Bundesgerichtshof an. 

Die Entscheidung: 

Der Bundesgerichtshof ist der Meinung, dieser Vortrag der Patientin ist ausreichend.

Es genügt, wenn der beweisbelastete Patient Vortrag hält, der die Vermutung eines Hygienefehlers der Behandlungsseite aufgrund der Folgen für ihn gestattet.

Im Arzthaftungsprozess gilt nämlich die Besonderheit, dass der Patient sich mit den medizinischen Fragen meist gar nicht auskennt, daher darf man die Anforderungen an seinen Vortrag nicht überspannen.

Nun muss also die Klinik vortragen, was sie getan hat, um die Hygiene herzustellen. Die Klinik muss also erklären, welche Hyhgeinemaßnahmen (wie z.B. Raumreinigung) sie eingesetzt hat. 

Der BGH hat dazu den Fall zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurück verwiesen. 

Praxisanmerkung:

Umd den rechtlichen Anforderungen des BGH zu genügen, muss eine Klinik, der ein Hygienemängel vorgeworfen wird, konkret vortragen zu den von ihr ergriffenen Maßnahmen zur Sicherstellung der Krankenhaushygiene und zum Infektionsschutz im Krankenzimmer des Patienten, etwa durch Vorlage von Desinfektions- und Reinigungsplänen sowie der einschlägigen Hausanordnungen und Bestimmungen des Hygieneplanes.

Gleichwohl bleibt es schwierig, Kliniken wegen Hygienefehlern (z.B. wegen multiresistenten Krankenhauskeimen) haftbar zu machen. denn der Patientn muss nicht nur das Vorliegen eines Hygienefehlers beweisen (sog. Beweislast). Er muss in einem nächsten Schritt das Gericht auch davon überzeugen, dass er durch diesen Hygienefehler einen Schaden erlitten hat (und nicht durch andere Einflüsse). 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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