(5.6.2019) Ultraschallleistungen darf ein Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin nicht gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen. Denn Sonografien sind für diesen Facharzt fachfremd. Und dies ist entscheidend. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arzt die für Ultraschallleistungen erforderliche fachliche Befähigung hat - was vorliegend bejaht wurde (Landessozialgericht Saarland, Urteil vom 12.4.2019 - L 3 KA 4/16).
Praxisanmerkung:
Die Physikalische und Rehabilitative Medizin umfasst laut Weiterbildungsordnung der Ärzte (WBO) „die sekundäre Prävention, die Erkennung, die fachbezogene Diagnostik, Behandlung und Rehabilitation bei Krankheiten, Schädigungen und deren Folgen mit den Methoden der physikalischen Therapie, der manuellen Therapie, der Naturheilverfahren und der Balneo- und Klimatherapie sowie die Gestaltung des Rehabilitationsplanes“. Mag auch der Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin die Technik der Sonografie beherrschen, so gehört sie aus Sicht des LSG nicht zu seinem Fachgebiet. Was dazu gehört, wird in der WBO definiert, wobei in Zweifelsfragen dier Stellungnahme der Ärztekammer erhebliche Bedeutung zukommt. In der WBO dieser Facharztgruppe Physikalische und Rehabilitative Medizin sind Sonografien aber - anders als bei anderen Facharztgruppen wie z.B. denen für Orthopädie und Unfallchirurgie - nicht erwähnt.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 03.06.2016 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erteilung der Genehmigung zur Durchführung sonographischer Leistungen am Bewegungsapparat (ohne Säuglingshüfte) gem. Nr. 33050 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM).
Der Kläger ist als zur vertragsärztlichen Versorgung in A-Stadt zu- und niedergelassen.
Nachdem die Beklagte dem Kläger bereits mit Bescheid vom 24.11.2014 mitgeteilt hatte, dass ihm eine Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung der beantragten sonographischen Untersuchungen auf dem Gebiet: „Bewegungsapparat ohne Säuglingshüfte im B-Modus“ nicht erteilt werden könne, stellte der Kläger am 30.07.2015 erneut einen Antrag auf Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung sonographischer Leistungen am Bewegungsapparat (ohne Säuglingshüfte). Zur Begründung dieses Antrags führte er aus, dass zu seiner Tätigkeit u.a. die konservativ orthopädische Behandlung gehöre; diese setze eine ordnungsgemäße Diagnostik und die Durchführung sonographischer Leistungen voraus.
Mit Bescheid vom 31.08.2015 lehnte die Beklagte auch diesen Antrag mit der Begründung ab, dass der Arzt, der eine Gebietsbezeichnung führe, grundsätzlich nur in dem Gebiet tätig sein dürfe, dessen Bezeichnung er führe. Die Gebietsdefinition bestimme u.a. auch die Grenzen für die Ausübung der fachärztlichen Tätigkeit. Wie bereits mitgeteilt, würden dem Gebiet Physikalische und Rehabilitative Medizin keine sonographischen Untersuchungen zugeordnet.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2016 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
In den Gründen des Widerspruchsbescheides wurde u.a. ausgeführt, nach § 4 der Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 des 5. Buches des Sozialgesetzbuchs, Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) zur Ultraschalldiagnostik (Ultraschall-Vereinbarung) gelte die fachliche Befähigung für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik in einem Anwendungsbereich als nachgewiesen, wenn die in den Punkten a) und b) genannten Voraussetzungen erfüllt und durch die Vorlage von Bescheinigungen nach § 14 Ultraschall-Vereinbarung nachgewiesen worden seien. Voraussetzung unter Punkt a) sei die Berechtigung zur Durchführung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik nach dem für den Arzt maßgeblichen Weiterbildungsrecht.
Gemäß der derzeit gültigen Weiterbildungsordnung (WBO) für die Ärztinnen und Ärzte des Saarlandes umfasse das Gebiet „Physikalische und Rehabilitative Medizin“ die sekundäre Prävention, die intradisziplinäre Diagnostik, Behandlung und Rehabilitation von körperlichen Beeinträchtigungen, Struktur- und Funktionsstörungen mit konservativen, physikalischen, manuellen und naturheilkundlichen Therapiemaßnahmen sowie Verfahren der rehabilitativen Intervention. Die sonographische Untersuchung auf dem Gebiet des Bewegungsapparates ohne Säuglingshüfte im B-Modus (Ziffer 33050 EBM) zähle die derzeit gültige WBO nicht zum Gebiet der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin, so dass dem Kläger die beantragte Genehmigung nicht habe erteilt werden können. Das für den Arzt maßgebliche Weiterbildungsrecht sei hierbei das zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung aktuelle Weiterbildungsrecht, denn die aktuelle WBO berücksichtige immer den aktuellen medizinischen Kenntnisstand und definiere die derzeit im Gebiet benötigten Verfahren.
Letztlich stehe dem Erwerb der fachlichen Befähigung durch Ultraschallkurse nach § 6 Ultraschall-Vereinbarung ebenso die Tatsache entgegen, dass der Facharztqualifikation „Physikalische und Rehabilitative Medizin“ keine Ultraschalluntersuchungen zugeordnet würden.
Gegen den am 15.01.2016 per Einschreiben mit Rückschein zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 15.02.2016 Klage erhoben, die er im Wesentlichen damit begründet hat, er habe den Nachweis über die Befähigung zur Erbringung sonographischer Leistungen am Bewegungsapparat erbracht. In diesem Falle könne die Leistungsdurchführung auch unabhängig vom Weiterbildungsgegenstand der konkreten ärztlichen Facharztgruppe erteilt werden. Als Belege hat der Kläger eine Bescheinigung über die Teilnahme und den erfolgreichen Abschluss an einem Sonographiekurs sowie ein Zertifikat über die durchgeführte Konstanzprüfung des von ihm verwendeten Ultraschallgeräts vorgelegt. Nach dem EBM würden sonographische Untersuchungen als allgemeine Gebührenpositionen geführt, die unabhängig eingeordnet seien, so dass sich die Abrechnungsfähigkeit allein nach der Ultraschall-Vereinbarung richte.
Die Beklagte hat u.a. vorgetragen, dass § 6 Ultraschall-Vereinbarung einer etwaigen Änderung der jeweiligen WBO der Ärzte Rechnung trage und ermögliche, für diese eventuell weiterbildungsrechtlich neu hinzugefügte Leistungsart auch nachträglich die entsprechende Befähigung zu erwerben, um die Leistung erbringen zu können. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die WBO maßgeblich für die Beurteilung der Fachfremdheit von Leistungen und bilde damit die verbindliche Grundlage in jedem Bundesland entsprechend den dortigen Regelungen. Insoweit werde auf eine Entscheidung des BSG vom 22.03.2006 (Az.: B 6 KA 75/04 R) verwiesen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 03.06.2016 hat der Kläger angegeben, er sei mit einem Orthopäden in einer Praxisgemeinschaft niedergelassen, d.h. sein Tagesgeschäft seien konservativ-orthopädische Patienten. Demnach müsse er sich stets ein Bild des Gesundheitszustandes des jeweiligen Patienten mit den ganz normalen Methoden der konservativen Diagnostik machen. Hierbei sei der Ultraschalleinsatz eine sehr sinnvolle Methode, z.B. wenn es um Schulterprobleme gehe, Muskelverletzungen, ein Patient beispielsweise mit geschwollenem Knie in die Praxis komme und er – der Kläger – diagnostizieren müsse, ob noch Flüssigkeit im Knie sei oder gegebenenfalls zu punktieren sein werde. Es sei vielfach sinnvoller, eine entsprechende Ultraschalluntersuchung durchzuführen als den Patienten zu einem Radiologen zu schicken und eine entsprechende Röntgenaufnahme, die deutlich belastender sei, zu veranlassen. Mittlerweile versuche man auch vermehrt, Frakturen anstelle von Röntgenaufnahmen mit Ultraschall nachzuweisen. Er behandele auch Traumapatienten nach, auch nach Rehabilitation, führe die weitere Wundbehandlung durch; so kontrolliere er beispielsweise, ob Schwellungen nach Operationen rückläufig seien, sich noch Flüssigkeit aufweisen lasse und ob gegebenenfalls eine erneute Vorstellung beim Operateur notwendig sei. Je nachdem verordne er auch Krankengymnastik. Interventionell werde er nicht tätig.
Die Ultraschallleistungen könnten seines Erachtens nicht als fachfremd bezeichnet werden, da die Tätigkeit des Facharztes für Rehabilitative und Physikalische Medizin genauso wie die Ausbildung im Wesentlichen auch eine konservativ-orthopädische sei und Grundlage der Rehabilitation die Verlaufskontrolle sei, die ohne entsprechende Diagnostik nicht sinnvoll durchführbar sei. Der komme ursprünglich aus einem Berufsbild der 60er-Jahre der DDR, wo die entsprechenden Ärzte faktisch eine Stellung neben dem Orthopäden gehabt hätten. Dass die entsprechenden gesetzlichen Regelungen nicht entsprechend angepasst würden, liege seines Erachtens daran, dass sie eine nur sehr kleine Gruppe von Fachärzten seien ohne entsprechende Lobbyvertreter.
Mit Urteil vom 03.06.2016 hat das Sozialgericht für das Saarland (SG) die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger eine Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von sonographischen Untersuchungen von Gelenken und/oder umschriebenen Strukturen des Bewegungsapparates (ohne Säuglingshüfte) im B-Modus (GOP 33050 EBM) zu erteilen.
Es hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung für die Ultraschalldiagnostik am Bewegungsapparat ohne Säuglingshüfte im B-Modus richte sich vorliegend nach § 135 Abs. 2 SGB V (i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung <gkv-versorgungsstärkungsgesetz –="" gkv-vsg=""> vom 16.07.2015, BGBl I Seite 1211) i.V.m. § 11 Abs. 1 und 5 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) (i.d.F. vom 01.01.2016) sowie der Ultraschall-Vereinbarung vom 31.10.2008 (i.d.F. vom 18.12.2012 - als Anlage 3 zum BMV-Ä).
Gem. § 135 Abs. 2 Satz 1 SGB V vereinbarten die Vertragspartner der Bundesmantelverträge für ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die ihrer Eigenart nach besondere Kenntnisse und Erfahrungen des Arztes voraussetzen, einheitliche Qualitätsanforderungen für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte. Die Vereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V dienten dem Ziel, die Qualität ärztlicher Leistungen durch den Nachweis von Fachkundeanforderungen zu sichern und legten darin im Einzelnen die fachlichen Voraussetzungen fest, die für die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung der betreffenden Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllt sein müssten. Eine entsprechende Vereinbarung für die Durchführung sonographischer Leistungen liege in Anlage 3 zum BMV-Ä (Ultraschall-Vereinbarung) vor. Demnach könnten Ultraschalluntersuchungen in der vertragsärztlichen Versorgung grundsätzlich nur ausgeführt und abgerechnet werden, wenn der Arzt die dort festgelegten Voraussetzungen erfülle (§ 11 Abs. 1 BMV-Ä, § 3 Abs. 1 Ultraschall-Vereinbarung). Die Erfüllung dieser Voraussetzungen sei gegenüber der Beklagten nachzuweisen (§ 11 Abs. 5 BMV-Ä, § 3 Abs. 3 Ultraschall-Vereinbarung).
Gem. § 3 Abs. 2 Ultraschall-Vereinbarung sei die Genehmigung für einen oder mehrere Anwendungsbereiche sowie für eine oder mehrere Anwendungsklassen zu erteilen, wenn der Arzt die entsprechenden fachlichen und apparativen Voraussetzungen nach den Abschnitten B (fachliche Befähigung) und C (apparative Ausstattung) im Einzelnen erfülle.
Nach Überzeugung des Gerichts habe der Kläger seine fachliche Befähigung nachgewiesen.
Hinsichtlich der Anforderungen an den Erwerb der fachlichen Befähigung sehe die Ultraschall-Vereinbarung drei Arten vor: Den Erwerb nach der WBO (§ 4), in ständiger Tätigkeit (§ 5) sowie durch Ultraschallkurse (§ 6 und § 7 [computerunterstützte Fortbildung i.V.m. Ultraschallkursen]). Der Kläger habe nach Ansicht des Gerichts die entsprechende Befähigung nach den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Ultraschall-Vereinbarung erworben. Das Gericht habe – insbesondere nach dezidierter Befragung und Bestätigung der Beklagten im Vorfeld der mündlichen Verhandlung – keine Zweifel daran, dass die vom Kläger vorgelegten fachlichen und apparativen Nachweise den Anforderungen nach §§ 6, 9 sowie § 14 Abs. 3 Nr. 1 c lit. 1) und Abs. 6 Ultraschall-Vereinbarung genügten.
Der Erteilung der Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung der beantragten Leistungserbringung stehe dabei nach Überzeugung der Kammer nicht entgegen, dass grundsätzlich das Erbringen sonographischer Leistungen nicht Teil der „definierte(n) Untersuchungs- und Behandlungsverfahren“ des Facharztbereichs „Physikalische und Rehabilitative Medizin“ gem. der WBO für die Ärztinnen und Ärzte des Saarlandes (i.d.F. v. 15.12.2004 i.d.F. der Beschlüsse der Vertreterversammlung der Ärztekammer des Saarlandes vom 01.06.2005, 03.05.2006, 13.06.2007, 09.04.2008, 13.04.2011 und 25.04.2012, in Kraft getreten am 02.01.2013, Saarländisches Ärzteblatt 1/2013, Seite 7 ff – nachfolgend WBO Saarland) sei.
Insoweit lasse sich aus dem Wortlaut, der Systematik und dem Sinn und Zweck der Regelungen diese – von der Beklagten vertretene – einschränkende Auslegung der Ultraschall-Vereinbarung nicht entnehmen.
Bereits der Wortlaut und die Systematik der Regelungen der §§ 4 ff Ultraschall-Vereinbarung sprächen für eine alternative Erwerbsmöglichkeit der fachlichen Voraussetzungen. Insoweit heiße es § 6 Abs. 1 Satz 1 Ultraschall-Vereinbarung ausdrücklich: „Soweit eine fachliche Befähigung in einem Anwendungsbereich nicht nach § 4 oder § 5 nachgewiesen wird, kann diese durch Ultraschallkurse erworben werden“. Demnach stehe nach dem Wortlaut jedenfalls der Erwerb der fachlichen Befähigung anhand von Ultraschallkursen, die den dezidierten Voraussetzungen und Einschränkungen des § 6 Ultraschall-Vereinbarung genügen müssten, alternativ neben diesem kraft Weiterbildung (§ 4) oder ständiger Tätigkeit (§ 5). Für ein Verständnis dieser Vorschrift als Möglichkeit eines nachgeordneten Erwerbs der entsprechenden Kenntnisse für den Fall, dass zum Zeitpunkt der stattgehabten fachärztlichen Weiterbildung diese Untersuchungs- und Behandlungsmethode noch nicht Teil der fachärztlichen Kenntnisvermittlung gewesen sei, jedoch zwischenzeitlich sei, lasse sich nichts erkennen. Wäre ein entsprechendes Verständnis gewollt gewesen, hätte beispielsweise die Einfügung des Wortes „nachträglich“ in § 6 Abs. 1 Satz 1 Ultraschall-Vereinbarung auf der Hand gelegen.
Dieses Verständnis werde nach Auffassung des Gerichts auch durch die Regelungen des § 135 Abs. 2 Satz 4 SGB V und § 11 Abs. 1 Satz 5 BMV-Ä gestützt. Dort sei im Rahmen der in den jeweiligen Anlagen zu treffenden Regelungen zur Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen Versorgung vereinbart worden, dass die Vertragspartner zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen könnten, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten sei, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehörten.
Diese ausdrückliche Beschränkungsermächtigung für bestimmte Leistungen auf zum Kern des jeweiligen Facharztgebietes gehörende Leistungen bringe deren Eingriffsqualität und Ausnahmecharakter zum Ausdruck. Einen Automatismus zwischen den im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung vermittelten apparativen Kenntnissen und grundsätzlicher Beschränkung auf die darin vorgesehenen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden lasse sich demnach für die vorliegend begehrte Genehmigung sonographischer Leistungen gerade nicht ableiten. Dies umso mehr, als es sich bei der vorliegend beantragten Durchführung sonographischer Leistungen um eine allgemeine, für den Patienten in der Regel mit keinem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit verbundene und damit risikoarme Diagnostikmethode handele, die fachübergreifend in vielen ärztlichen Behandlungsbereichen sinnvoll zum Einsatz gebracht werde, um eine entsprechend sichere Diagnose stellen zu können.
Auch vor dem Hintergrund des Ziels der Regelungen, namentlich der Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen Versorgung, bedürfte es für (das von der Beklagten vertretene) restriktive Verständnis einer ausdrücklichen Vereinbarung. So lasse sich das Verhältnis von § 6 Ultraschall-Vereinbarung zu § 4 Ultraschall-Vereinbarung aber – wie dargelegt – nicht verstehen. Dies umso mehr, als durch die in § 6 Ultraschall-Vereinbarung vorgeschriebene Erforderlichkeit von erheblichen Nachweisen über die fachliche Befähigung einerseits und gem. § 9 Ultraschall-Vereinbarung über die apparative Ausstattung andererseits die Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der konkreten Leistungserbringung sichergestellt werde (vgl. Ziele gem. § 11 BMV-Ä und § 1 Ultraschall-Vereinbarung).
Soweit die Beklagte einwende, die Erbringung der beantragten Leistung sei für den Kläger fachfremd, weshalb die Erteilung der entsprechenden Genehmigung ausscheide, teile die Kammer diese Ansicht nicht, so dass die Frage, ob es hierauf nach dem zuvor dargestellten Verhältnis von § 6 zu § 4 Ultraschall-Vereinbarung überhaupt ankomme, dahingestellt bleiben könne. Vielmehr sei die Erbringung sonographischer Leistungen am Bewegungsapparat (ohne Säuglingshüfte) für die vertragsärztliche Tätigkeit des Klägers als nach Überzeugung der Kammer (Vorsitzende, Beisitzer: Facharzt für Orthopädie und Fachärztin für Augenheilkunde) gerade nicht fachfremd.
In der Rechtsprechung sei geklärt, dass Ärzte für fachfremde Leistungen grundsätzlich keine Vergütung beanspruchen könnten. Die Heilberufs- bzw. Kammergesetze der Länder und die auf der Grundlage von Ermächtigungen in diesen Gesetzen von den Ärztekammern der Länder erlassenen WBOen normierten dabei die Verpflichtung derjenigen Ärzte, die eine Gebietsbezeichnung führten, ihre Tätigkeit auf dieses Fachgebiet zu beschränken. Welche ärztlichen Leistungen zu einem bestimmten Fachgebiet gehörten oder aber außerhalb dieses Gebiets lägen und deshalb als fachfremd zu behandeln seien, beurteile sich in erster Linie nach der jeweiligen Gebietsdefinition in der WBO. Ergänzend könnten die Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung herangezogen werden. Hierbei sei auf die Inhalte und Ziele, die für das jeweilige Fachgebiet in der WBO genannt würden und in welchen Bereichen eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben werden müssten, abzustellen. Hierbei sei die WBO keine starre Rechtsnorm, sondern deren Inhalte seien der juristischen Auslegung – auch und gerade zum Ziel der Lückenschließung – zugänglich. So habe das BSG hierzu ausdrücklich ausgeführt, dass hierzu eine Vielzahl von wortlautbezogenen, systematischen und entstehungsgeschichtlichen Aspekten im jeweiligen Fall zu berücksichtigen sei.
Aus der hier anwendbaren WBO der Beklagten – WBO Saarland – ergebe sich für das Fachgebiet des Facharztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin insoweit folgendes: Das Gebiet Physikalische und Rehabilitative Medizin umfasse die sekundäre Prävention, die interdisziplinäre Diagnostik, Behandlung und Rehabilitation von körperlichen Beeinträchtigungen, Struktur- und Funktionsstörungen mit konservativen, physikalischen, manuellen und naturheilkundlichen Therapiemaßnahmen sowie den Verfahren der rehabilitativen Intervention (vgl. „Definition“, WBO Saarland, Saarländisches Ärzteblatt 1/2013, Seite 57). Inhalt der 60 Monate umfassenden Weiterbildung sei hierbei der Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in:
- der Rehabilitationsabklärung und Rehabilitationssteuerung
- der Klassifikation von funktionalen Gesundheitsstörungen
- der Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen einschließlich der Frührehabilitation mit dem Ziel der Beseitigung bzw. Verminderung von Krankheitsfolgen, der Verbesserung und Kompensation gestörter Funktionen und der Integration in die Gesellschaft einschließlich der Langzeitrehabilitation
- den Grundlagen der Diagnostik von Rehabilitation erfordernden Krankheiten und deren Verlaufskontrolle
- der Funktionsdiagnostik, Indikationsstellung, Verordnung, Steuerung, Kontrolle und Dokumentation von Maßnahmen und Konzepten der physikalischen Medizin einschließlich der Heil- und Hilfsmittel unter kurativer und rehabilitativer Zielsetzung
- den physikalischen Grundlagen, physiologischen und pathophysiologischen Reaktionsmechanismen einschließlich der Kinesiologie und der Steuerung von Gelenk- und Muskelfunktionen, der therapeutischen Wirkung und praktischen Anwendung von Physiotherapiemethoden
- der Besonderheit von angeborenen Leiden und von Erkrankungen des Alters
- der physikalischen Therapie wie Krankengymnastik, Ergotherapie, medizinische Trainingstherapie, manuelle Therapie, Massagetherapie, Elektro- und Ultraschalltherapie, Hydrotherapie, Inhalationstherapie, Wärme- und Kälteträgertherapie, Balneotherapie, Phototherapie
- der Behandlung im multiprofessionellen Team einschließlich Koordination der interdisziplinären Zusammenarbeit
- den Grundlagen und der Anwendung von Verfahren zur Bewertung der Aktivitätsstörung/Partizipationsstörung einschließlich Kontextfaktoren (Assessments)
- der Erstellung von Rehabilitationsplänen einschließlich Steuerung, Überwachung und Dokumentation des Rehabilitationsprozesses im Rahmen der Sekundär-, Tertiärprävention und Nachsorge
- der Patienteninformation und Verhaltensschulung sowie in der Angehörigenbetreuung
- der gebietsbezogenen Arzneimitteltherapie psychogenen Symptomen, somatopsychischen Reaktionen und psychosozialen Zusammenhängen
- der Bewertung der Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, der Arbeitsfähigkeit, der Berufs- und Erwerbsfähigkeit sowie der Pflegebedürftigkeit
(vgl. „Weiterbildungsinhalt“, a.a.O.)
Bereits zu den Grundlagen der Diagnostik von Rehabilitation erfordernden Krankheiten und deren Verlaufskontrolle sowie zur zielgerechten Funktionsdiagnostik, Indikationsstellung, Verordnung, Steuerung und Kontrolle gehöre im Tätigkeitsbereich des Klägers auch die Durchführung sonographischer Leistungen am Bewegungsapparat.
Insoweit habe der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung für das Gericht nachvollziehbar und unzweifelhaft dargelegt, dass sich der Tätigkeitsbereich in der ambulanten Niederlassung nicht wesentlich vom verwandten orthopädischen Bereich (mit Ausnahme interventioneller Maßnahmen) unterscheide und sich demnach vordergründig als konservativ-orthopädisch darstelle. Dies decke sich mit den von der WBO Saarland aufgeführten Zielen der entsprechenden fachärztlichen Weiterbildung. Gerade im Bereich der Behandlung von Traumapatienten, deren Verlaufskontrolle sei hierbei die Sonographie ein wichtiges und – im Vergleich zu ansonsten erforderlichen Röntgenaufnahmen durch einen zur Durchführung berechtigten Kollegen nach entsprechender Überweisung – risikoneutrales diagnostisches Prozedere im Sinne des Patienten.
Damit sei ein ausreichender inhaltlicher Bezug zum ausgeübten Facharztbild gegeben. Auch der Umstand, dass die Sonographie nicht bei zur entsprechenden Facharztgruppe aufgeführten „definierte(n) Untersuchungs- und Behandlungsverfahren“ aufgeführt sei, ändere hieran nach Ansicht der Kammer nichts. Jene definierten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden verstünden sich allenfalls als beispielhafte, jedoch mitnichten abschließende Aufzählung der im Rahmen der konkreten unter „Inhalt“ ausführlich beschriebenen fachärztlichen Tätigkeit und der hierzu erforderlichen Methoden. Dies werde bereits an der verwendeten Wortwahl deutlich, die von „speziellen Verfahren der rehabilitativen Diagnostik, z. B. sensomotorische Tests, Leistungs-, Verhaltens- und Funktionsdiagnostiktests, neuropsychologische Tests“ oder „funktionsbezogene apparative Messverfahren, z. B. Muskelfunktionsanalyse, Stand- und Ganganalyse, Bewegungsanalyse, Algometrie, Thermometrie“ spreche (WBO Saarland, a.a.O.).
Gegen das ihr am 09.06.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29.06.2016 Berufung eingelegt.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, sie sei nach wie vor der Auffassung, dass der Normgeber des § 6 der Qualitätssicherungs-Vereinbarung in dieser Vorschrift das Wörtchen „nachträglich“ deshalb nicht eingefügt habe, weil er davon ausgegangen sei, dass über § 6 der Qualitätssicherungs-Vereinbarung keine fachgebietsfremden Genehmigungen erteilt werden könnten. Im Übrigen führe die angegriffene Entscheidung im Ergebnis die zitierte BSG-Rechtsprechung ad absurdum, denn sie verpflichte die Beklagte, dem Kläger eine QS-Genehmigung für eine für ihn fachfremde Leistung auszustellen. Das BSG habe wiederholt darauf hingewiesen, dass Vertragsärzte für fachfremde Leistungen keine Vergütung beanspruchen könnten. Grotesk wäre zudem, dass der Kläger eine fachfremde qualitätsgesicherte Leistung über den Umweg der QS-Genehmigung durchführen und abrechnen dürfte, wohingegen ihm eine normale fachfremde Leistung weiterhin verwehrt bliebe. Auch dürfte der Kläger dann seine GKV-Patienten umfangreicher behandeln als seine Privatpatienten im Rahmen einer privatärztlichen Behandlung. Dort wäre es ihm nämlich – die Frage der Fachgebietszugehörigkeit als zutreffend unterstellt – aus berufsrechtlichen Gründen untersagt, Ultraschalluntersuchungen durchzuführen.
Schwerpunktmäßig beschäftige sich jedoch das Erstgericht ausführlich mit der Frage, ob die Ärztekammer für das Saarland zu Recht davon ausgehe, dass Ultraschallleistungen für den Kläger fachfremd seien. Herrin über die Gebietsdefinitionen der WBO sei jedoch die Ärztekammer. Die berufsrechtliche Fachfrage, ob die betreffende Ultraschall-Leistung für den Kläger fachfremd sei oder nicht, sei allen weiteren sozialrechtlichen Fragestellungen vorgreiflich. Aus diesem Grund hielte es die Beklagte für sinnvoll bzw. sogar für notwendig, die Ärztekammer zum Rechtsstreit beizuladen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des SG vom 03.06.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
wobei er zur Begründung im Wesentlichen vorträgt, das SG gehe zutreffend davon aus, dass dem zugelassenen Vertragsarzt neben dem Erwerb der fachlichen Befähigung nach der WBO gemäß § 4 und dem Erwerb der fachlichen Befähigung in einer ständigen Tätigkeit ein weiterer Weg zur Erlangung der Befähigung eröffnet sei, und zwar der in § 6 Abs. 1 beschriebene. Das Gericht gehe im Übrigen mit überzeugender Begründung davon aus, dass die von dem Kläger beantragten Leistungen zum Inhalt des Fachgebietes eines Facharztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin zählten. Diesbezüglich habe das SG sehr dezidiert herausgearbeitet, dass dem nach dem Inhalt der WBO auch die Durchführung sonographischer Leistungen, und zwar mit dem Ziel zur Diagnostik, möglich sein müsse. Der Kläger habe in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung darlegen können, aus welchen Gründen die sonographische Untersuchung von Gelenken im Rahmen seines Fachgebietes, insbesondere bei Traumapatienten, unerlässlich sei, um eine fachgerechte Diagnose und hieran anschließend die notwendigen Therapien zu erheben bzw. zu veranlassen. Die Ausführungen des Klägers seien hierbei von dem Beisitzer in seiner Eigenschaft als Facharzt für Orthopädie ausdrücklich bestätigt worden. In diesem Zusammenhang sei hervorgehoben worden, dass im Bereich der Diagnostik und Therapie betreffend Erkrankungen am Bewegungsapparat eine sehr hohe Schnittmenge zwischen den Fachgebieten der Orthopädie und des Gebiets der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin bestehe. Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung ausführe, dass dem Kläger nach dem Recht der Weiterbildung und nach Auffassung der Ärztekammer die Durchführung der hier in Rede stehenden Leistungen untersagt wäre, werde dieser Vortrag mit Nichtwissen bestritten. Im Ergebnis komme es hierauf allerdings auch nicht entscheidend an, weil nach der Systematik der Ultraschall-Vereinbarung dem Kläger unter Hinweis auf seine fachliche Befähigung die beantragten Leistungen zu genehmigen seien, und zwar unabhängig davon, ob die Leistung Gegenstand der Weiterbildung sei.
Der Senat hat mit Beschluss vom 31.05. 2017 die Ärztekammer des Saarlandes beigeladen.
Die Beigeladene hat bisher keinen Antrag gestellt und in der Sache auf ihr Schreiben vom 16.11.2015 an die Beklagte verwiesen, wonach der Facharztqualifikation Physikalische und Rehabilitative Medizin keine Ultraschalluntersuchungen zugeordnet werden.
Der Berichterstatter hat am 09.01.2018 einen Erörterungstermin durchgeführt. In dem Termin hat der Klägerbevollmächtigte ein Rundschreiben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) mit dem Az.: 96.100 EBM vorgelegt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Protokoll des Termins verwiesen.
Im Anschluss an den Erörterungstermin hat der Berichterstatter Stellungnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) sowie der KBV eingeholt.
Die KV hat mit Schreiben vom 23.01.2018 mitgeteilt, ein könne nach den Bestimmungen im EBM durchaus die Genehmigung zur Durchführung von sonographischen Leistungen am Bewegungsapparat erhalten. Dies ergebe sich aus der Nr. 5 der Präambel zu Kapitel 27 EBM. Voraussetzung hierfür sei das Vorliegen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen unbeschadet der Regelungen gemäß § 5 und § 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen, die wiederum auf 1.3 der Allgemeinen Bestimmungen zum EBM verwiesen; danach sei Voraussetzung für die Berechnung von Leistungen, für die es vertragliche Vereinbarungen gemäß § 135 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB V gebe, dass die notwendige Genehmigung durch die KV vorliege. Diese Genehmigung im Bereich der Sonographie der Bewegungsorgane richte sich gemäß Nr. 1 zum Kapitel 33 EBM nach der Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 SGB V zur Ultraschalldiagnostik (Ultraschall-Vereinbarung) vom 31.10.2008. Die Abrechnung der sonographischen Untersuchung von Gelenken und/oder umschriebenen Strukturen des Bewegungsapparates mittels B-Mode-Verfahren erfolge nach GOP 33050 EBM und dort fänden sich keine weiteren Voraussetzungen oder Ausschlusskriterien.
Nach der Ultraschall-Vereinbarung müsste der Antragsteller nach § 3 Abs. 2 die entsprechenden fachlichen und apparativen Voraussetzungen nach den Abschnitten B und C im Einzelnen erfüllen. Im vorliegenden Fall sei die fachliche Befähigung nicht gemäß § 4 der Ultraschall-Vereinbarung nach der WBO erworben worden (ein Auszug aus der MusterWBO sei beigefügt) und daher stelle sich die Frage, ob der Erwerb der fachlichen Befähigung in einer ständigen Tätigkeit erfolgt sei oder durch Ultraschallkurse. In beiden Fällen sei jedoch nach dem jeweiligen Absatz 1 Buchstabe c die erfolgreiche Teilnahme an einem Kolloquium nach § 14 Abs. 6 der Ultraschall-Vereinbarung erforderlich. Die KV würde daher einen immer zu einem Kolloquium bitten und erst nach dessen erfolgreicher Absolvierung und bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen (Zeugnisse etc.) eine Genehmigung erteilen. Wegen § 3 Abs. 2 S. 2 der Ultraschall-Vereinbarung sei die Genehmigung mit der Auflage zu erteilen, dass die in Abschnitt D, §§ 10 und 11 festgelegten Anforderungen erfüllt würden.
Die KBV hat mit Schreiben vom 02.03.2018 mitgeteilt, im EBM sei geregelt, dass ein Leistungen des Kapitels 33 (Ultraschalldiagnostik) dann abrechnen könne, wenn er über eine entsprechende Genehmigung nach der Ultraschall-Vereinbarung gemäß § 135 Abs. 2 SGB V verfüge (vgl. Nr. 5 der Präambel zu Kapitel 27.1 des EBM). Nach der Ultraschall-Vereinbarung bestünden drei verschiedene Wege, eine Genehmigung zu erhalten. Die erforderliche Fachkunde könne neben der Absolvierung der Ultraschallleistungen im Rahmen der Weiterbildung (§ 4) über eine ständige Übung (§ 5) bzw. Ultraschallkurse (§ 6) nachgewiesen werden. Die Ultraschall-Vereinbarung treffe keine Aussage dazu, ob und wann eine Genehmigung wegen Fachfremdheit ausgeschlossen sei. Auch verhalte sich das Schreiben vom 04.09.1998 nicht zu dieser Frage. Das Schreiben gebe vielmehr nur die oben dargestellte Regelung im EBM wider.
Am 28.08.2018 hat der Berichterstatter erneut einen Erörterungstermin durchgeführt. Die Beteiligten haben sich in diesem Termin mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Senat einverstanden erklärt.
Im Anschluss an den Termin hat sich die Beklagte abschließend dahingehend geäußert, es dürfte außer Zweifel stehen, dass die der begehrten Genehmigung zu Grunde liegenden Leistungen für den Kläger fachfremd seien. Rein vorsorglich werde noch einmal darauf hingewiesen, dass – auch wenn der EBM insoweit keine explizite Einschränkung enthalten sollte – nach der ständigen Rechtsprechung des 6. Senats des BSG das ärztliche Berufsrecht vorgehe, m.a.W. dürfe der EBM nichts erlauben, was berufsrechtlich untersagt sei. Zudem habe das BSG in dem Verfahren B 6 KA 47/17 R entschieden, dass die KV fachkundebezogene Genehmigungen dann nicht erteilen müsse, wenn von vornherein und ausnahmslos ausgeschlossen sei, dass der Arzt davon im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung Gebrauch machen könne. So sei der Fall vorliegend gelagert. Selbst wenn die Genehmigung erteilt würde, dürfte der Kläger die der Genehmigung zu Grunde liegenden Leistungen infolge Fachfremdheit weder erbringen noch abrechnen.
Der Kläger hat sich abschließend dahingehend geäußert, ihm stehe der geltend gemachte Anspruch zu, was auch durch das von der Beklagten zitierte Urteil des BSG vom 08.08.2018 bestätigt werde. Streitgegenständlich in dem vom BSG zu entscheidenden Fall sei die Abrechnung von Akkupunkturleistungen durch einen Gynäkologen gewesen. Auch hier habe eine Vereinbarung zur Qualitätssicherung nach § 135 Abs. 2 SGB V existiert, nach deren § 1 die Ausführung und Abrechnung einer Genehmigung bedürfe, die unter anderem durch den Nachweis von Akkupunkturkursen erworben werden könne. Nach der Änderung der Präambel zu Kapitel 30.7 EBM hätten diese Akkupunkturleistungen nicht mehr vom Gynäkologen erbracht werden dürfen. Das BSG habe geurteilt, dass sich der Bescheid über die Genehmigung gerade nicht auf die Frage beziehe, ob die Akkupunkturleistungen für den Gynäkologen fachfremd seien. Vor der Änderung des EBM hätte für jede einzelne Akkupunkturleistung die Zugehörigkeit zu seinem Fachgebiet geprüft werden müssen. Dies sei nach der Änderung des EBM, die die Erbringung der Akkupunkturleistungen für Gynäkologen ausdrücklich ausschließe, obsolet geworden. Insofern heiße es im Urteil des BSG ausdrücklich:
„Mit diesem Bescheid hat die Beklagte dem Kläger die Genehmigung erteilt, Akupunkturleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen und abzurechnen. Der Bescheid befasst sich mit der Fachkunde des Klägers für das Behandlungsverfahren der Akupunktur und modifiziert nicht die für jeden Vertragsarzt geltenden Grenzen seines Fachgebietes. In der Rechtsprechung des BSG ist seit langem geklärt, dass Fachgebietsgrenzen weder durch besondere persönliche Qualifikationen des Arztes noch durch Sondergenehmigungen der KÄV zur Erbringung und Abrechnung weiterer Leistungen oder durch berufsrechtliche Berechtigungen zur Führung von Zusatzbezeichnungen erweitert werden können (BSG SozR 3-2500 5 95 Nr 7 S 29; BSGE 84, 290, 295 = SozR aaO Nr 21 S 90; BSG SozR 4-2500 5 95 Nr 5 RdNr 8; Beschluss vom 8.9.2004 - B 6 KA 39704 B - Juris RdNr 8). Bei der Genehmigung, die dem Kläger am 14.2.2007 erteilt worden ist, handelt es sich um eine qualifikationsbezogene Genehmigung im Sinne dieser Rechtsprechung. Rechtsgrundlage ist § 2 Abs 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung für Akupunktur bei chronisch schmerzkranken Patienten nach § 135 Abs 2 SGB V (Qualitätssicherungsvereinbarung-Akupunktur) vom 19.12.2006. Danach bedarf die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Akupunktur in der vertragsärztlichen Versorgung durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte einer Genehmigung der KÄV. Diese Genehmigung ist dem Kläger erteilt worden, weil er die Nachweise zu seiner Befähigung vorgelegt hat, die in § 3 der Qualitätssicherungsvereinbarung-Akupunktur verlangt werden.“
Weiter heiße es in der zitierten Entscheidung:
„An diesen Grundsätzen hat sich durch das Senatsurteil vom 4.5.2016 (B 6 KA l31l5 R - SozR 4-2500 § 135 Nr 25 RdNr 19) nichts geändert (vgl dazu kritisch Schiller, MedR 2017, 182). Dort hat der Senat entschieden, dass ein Arzt für diagnostische Radiologie keinen Anspruch auf die Erteilung einer Genehmigung für Strahlentherapie hat, weil diese Behandlungen für ihn fachfremd sind. Diese Begründung bezieht sich allein auf die Konstellation, dass ein für ein Methodenfach (Radiologie) zugelassener Arzt unter dem Aspekt der Fachfremdheit keine Fachkundegenehmigung für die Leistungen eines anderen Methodenfachs (Strahlentherapie) erhalten kann. Fachkundebezogene Genehmigungen muss die KÄV in solchen Fällen nicht erteilen, weil von vornherein und ausnahmslos ausgeschlossen ist, dass der Arzt davon im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung Gebrauch machen kann. Bei Ärzten, die für organbezogene Fachgebiete zugelassen sind, kann indessen kaum generell ausgeschlossen werden, dass bestimmte fachgruppenübergreifende Leistungen (zB Sonographie, Arthroskopie) in besonders gelagerten Fällen erbracht werden können, auch wenn sie typischerweise fachfremd sind. Ob das der Fall ist, kann und muss im Verfahren der Berichtigung nach § 106 d SGB V geklärt werden und nicht im Verfahren der Rücknahme einer fachkundebezogenen Genehmigung. Das hat indessen auch zur Folge, dass ein Arzt aus dem Umstand, dass ihm eine allein fachkundebezogene Genehmigung erteilt worden ist, im Verfahren der Berichtigung fachfremder Leistungen nicht ableiten kann, die KÄV habe inzident die Fachgebietszugehörigkeit bejaht. Daraus folgt hier, dass der Bescheid der Beklagten vom 14.2.2007 lediglich die Fachkunde des Klägers für Akupunktur bestätigt, zum Fachgebietsbezug der Leistungen nach den GOP 30790/30791 EBM-Ä aber keine Aussage getroffen hat. Trotz des typischerweise fehlenden Bezuges von Behandlungen der LWS und der Gonarthrose zur Frauenheilkunde mag es in Einzelfällen zulässig gewesen sein, dass der Kläger etwa eine Versicherte mit schwangerschaftsbedingten LWS-Beschwerden mit Akupunktur behandelt. Das bedarf hier jedoch keiner näheren Klärung, weil diese Möglichkeit mit der Neufassung des Kapitels 30.7 EBM-Ä zum 1.7.2007 entfallen ist."
Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeute dies: Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der qualifikationsbezogenen Genehmigung zu, denn anders als im Falle des Gynäkologen in dem vom BSG entschiedenen Fall verweise Nr. 5 der Präambel zu Kapitel 27 EBM ausdrücklich auf die Leistungen nach Kapitel 33 und erlaube die Durchführung und Abrechnung sonographischer Leistungen auch für Fachärzte für rehabilitative und physikalische Medizin, sofern die erforderliche Fachkunde, wie sie in der Ultraschall-Vereinbarung vorgesehen sei, nachgewiesen sei. Das BSG habe dem Gynäkologen die Genehmigung nur deshalb versagt, weil der EBM die entsprechende Abrechnung ausdrücklich ausgeschlossen habe, während im hier zu entscheidenden Fall eine ausdrückliche Gestattung vorliege und der Bezug der Leistungen zum Fachgebiet des Klägers auch bestehe. Bezüglich der Frage der Fachfremdheit habe auch das erstinstanzliche Gericht bereits darauf hingewiesen, dass die sonographischen Untersuchungen nach der Gebietsdefinition in der WBO gerade nicht fachfremd seien. Hiernach umfasse das Gebiet Physikalische und Rehabilitative Medizin die sekundäre Prävention, die interdisziplinäre Diagnostik, Behandlung und Rehabilitation körperlicher Beeinträchtigungen, Struktur- und Funktionsstörungen mit konservativen, physikalischen, manuellen und naturheilkundlichen Therapiemaßnahmen sowie die Verfahren der rehabilitativen Intervention. Bereits zu den Grundlagen der Diagnostik von Rehabilitation erfordernden Krankheiten und deren Verlaufskontrolle sowie zur zielgerechten Funktionsdiagnostik, Indikationsstellung, Verordnung, Steuerung und Kontrolle gehöre im Tätigkeitsbereich des Klägers auch die Durchführung sonographischer Leistungen am Bewegungsapparat. Insofern habe auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung unzweifelhaft dargelegt, dass sich der Tätigkeitsbereich in der ambulanten Niederlassung nicht wesentlich vom verwandten orthopädischen Tätigkeitsbereich unterscheide und sich demnach vordergründig als konservativ-orthopädisch darstelle. Gerade, so auch das erstinstanzliche Gericht, im Bereich von Traumapatienten sei zu deren Verlaufskontrolle die Sonographie ein wichtiges - und im Vergleich zu der ansonsten erforderlichen Röntgenaufnahme durch einen zur Durchführung ermächtigten Kollegen - risikoneutrales diagnostisches Prozedere, sodass ein ausreichender inhaltlicher Bezug zu dem vom Kläger ausgeübten Facharztbild in jedem Fall bestehe. Da demnach
1. ein hinreichender inhaltlicher Bezug der Leistungen zum Facharztbild des Klägers bestehe und
2. die Leistungen demnach gerade nicht „fachfremd“ seien und
3. die hier begehrte Genehmigung bereits dem Grunde nach keine Aussage zur Frage der Fachfremdheit treffe (siehe Urteil des BSG vom 08.08.2018),
stehe dem Kläger der Anspruch auf Erteilung der qualifikationsbezogenen Genehmigung zu, denn Nr. 5 der Präambel zu Kapitel 27 EBM verweise ausdrücklich auf die Leistungen nach Kapitel 33 und erlaube die Durchführung und Abrechnung sonographischer Leistungen auch für Fachärzte für rehabilitative und physikalische Medizin. An Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen könnten demnach keine Zweifel bestehen.
Hierauf hat die Beklagte wiederum erwidert, der Kläger gebe die BSG-Entscheidung nur unvollständig und daher irreführend wider. Zum Ersten gehe es dem Kläger vorliegend gerade nicht nur um den Genehmigungsbescheid, sondern er wolle die Leistungen auch erbringen und abrechnen. Zweitens habe das BSG in der zitierten Entscheidung für einen Teilzeitraum des dortigen Streitgegenstandes ausdrücklich hervorgehoben, dass – auch wenn der EBM die Leistungserbringung nicht ausschließe – grundsätzlich die Fachgebietszugehörigkeit zu prüfen sei. Dort habe es sich um einen Gynäkologen gehandelt, der akupunktieren wollte. In einem solchen Fall mache es Sinn, jede einzelne Leistung auf Fachgebietszugehörigkeit zu prüfen. Vorliegend handele es sich aber um einen Facharzt, für den ausweislich der WBO jegliche Ultraschallleistung fachfremd sei. In einem solchen Fall – darauf habe das BSG in der Entscheidung ja auch hingewiesen – mache eine nachträgliche Prüfung überhaupt keinen Sinn, da kein Fall einer Fachgebietszugehörigkeit denkbar sei. Der Kläger dürfe die Leistung schlicht und ergreifend bei keinem seiner Patienten erbringen – ob mit Genehmigung oder ohne. Dass der EBM schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht die Erbringung fachfremder Leistungen gestatten dürfe, sei bereits ausführlich dargelegt worden; dies sei ebenfalls ständige Rechtsprechung des BSG.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den weiteren Akteninhalt sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand des durchgeführten Erörterungstermins waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung konnte im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ).
Die von der Beklagten form- und fristgerecht eingelegte Berufung, gegen deren Zulässigkeit sich keine Bedenken ergeben, ist begründet. Denn entgegen der Auffassung des SG kann dem Kläger die beantragte Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung sonographischer Leistungen am Bewegungsapparat (ohne Säuglingshüfte) gem. Nr. 33050 EBM nicht erteilt werden.
Die rechtlichen Grundlagen für die Erbringung von Ultraschall-Leistungen finden sich in §§ 135 Abs. 2 SGB V, 11 Abs. 1, 5 BMV-Ä und den Bestimmungen der Ultraschall-Vereinbarung; diesbezüglich kann unter entsprechender Heranziehung von § 153 Abs. 2 SGG auf die insoweit zutreffenden Ausführungen in dem angegriffenen Urteil verwiesen werden.
Nicht gefolgt werden kann dem SG indes darin, dass es aus den Bestimmungen der Ultraschall-Vereinbarung und ergänzend der vorliegend maßgeblichen WBO die Berechtigung eines Facharztes für Physikalische und Rehabilitative Medizin zur Erbringung und Abrechnung von Ultraschall-Leistungen abgeleitet hat.
Allerdings stimmt die Auffassung des SG mit der Rechtsansicht der KV überein, die in ihrer Stellungnahme vom 23.01.2018 mitgeteilt hat, dass einem nach den Bestimmungen im EBM durchaus die Genehmigung zur Durchführung von sonographischen Leistungen am Bewegungsapparat erteilt werden könne. Insoweit hat die KV auf die Präambel.1 zu Nr. 27 EBM (Gebührenordnungspositionen der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin) verwiesen. Dort heißt es unter Ziff. 5 u.a.:
„Außer den in diesem Kapitel genannten Gebührenordnungspositionen sind bei Vorliegen der entsprechenden Qualifikationsvoraussetzungen – unbeschadet der Regelungen gem. 5 und 6.2 der Allgemeinen Bestimmungen – zusätzlich nachfolgende Gebührenordnungspositionen berechnungsfähig: ... sowie Gebührenordnungspositionen der Kapitel 32, 33, 34 und 35.
Die Nr. 33050 EBM unterfällt dem Kapitel 33 (Ultraschalldiagnostik); hieraus leitet die KV die Möglichkeit der Erbringung dieser Leistung und Abrechnung der Gebührenziffer auch für Fachärzte der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin – bei Vorliegen der entsprechenden Qualifikation – ab.
Allerdings wäre insoweit zu berücksichtigen, dass gem. § 11 Abs. 2 BMV-Ä der Nachweis der nach § 11 Abs. 1 BMV-Ä geforderten fachlichen Qualifikation – vorliegend für die Erbringung sonographischer Leistungen nach den Bestimmungen der Ultraschall-Vereinbarung – durch ein Kolloquium von der jeweiligen KV zu führen ist, sofern der Arzt nicht die fachliche Qualifikation für diese Leistung durch Weiterbildung erworben und diese erfolgreich durch ein Fachgespräch oder eine andere Prüfung vor der Ärztekammer abgeschlossen hat. § 6 Abs. 6 der Ultraschall-Vereinbarung bestimmt dementsprechend, dass, sofern die fachliche Befähigung wie vorliegend nach § 6 der Ultraschall-Vereinbarung durch die Teilnahme an Ultraschallkursen erworben worden ist, die Genehmigung nur nach erfolgreicher Teilnahme an einem Kolloquium erfolgen darf. Dementsprechend macht die KV ausweislich der vorliegenden Stellungnahme die Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung von Sonographie-Leistungen von der Teilnahme an einem Kolloquium abhängig.
Der Rechtsauffassung der KV kann indes nicht gefolgt werden. Denn Nr. 6 der Präambel zu Kapitel 27 EBM verweist ausdrücklich auf die berufsrechtliche Verpflichtung zur grundsätzlichen Beschränkung auf das jeweilige Fachgebiet (vgl. Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 04.12.2013, Az.: L 12 KA 71/12, wonach ein als zugelassener Vertragsarzt auch dann keinen Anspruch auf Abrechnung von radiologischen Leistungen nach dem Kapitel 34 EBM hat, wenn er zugleich Facharzt für Orthopädie ist, als solcher aber nicht zugelassen ist). Die Nr. 5 ist vielmehr im Zusammenhang mit Nr. 2 der Präambel zu sehen, wonach Fachärzte für Allgemeinmedizin, praktische Ärzte und Ärzte ohne Gebietsbezeichnung – wenn sie im Wesentlichen Leistungen der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin erbringen – auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erhalten, und mit Nr. 3 der Präambel, wonach ebenfalls Gebietsärzte mit der Zusatzbezeichnung Rehabilitationswesen und/oder Sozialmedizin eine Abrechnungsgenehmigung für Gebührenordnungspositionen des 27. Kapitels erhalten können. Soweit diese Ärzte innerhalb ihres Fachgebiets, für das sie zugelassen sind, eine Abrechnungsgenehmigung für Sonographieleistungen erhalten haben, sind diese dann berechtigt, neben den Leistungen des Kapitels 27 auch Sonographieleistungen entsprechend ihrer Abrechnungsgenehmigung zu erbringen. Diese Voraussetzungen treffen aber auf den Kläger nicht zu (ebenso Bayerisches LSG vom 04.12.2013 a.a.O. für Röntgenleistungen nach Kapitel 34 EBM).
Damit ist entgegen der Auffassung der KV und des SG davon auszugehen, dass sich aus der von dem Kläger nachgewiesenen fachlichen Befähigung zur Erbringung von Ultraschall-Leistungen – die auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird – noch nicht die Schlussfolgerung ziehen lässt, dass der Kläger (ggf. nach Teilnahme an einem Kolloquium) auch zur Abrechnung derartiger Leistungen befugt ist. Zutreffend hat die Beklagte insoweit darauf hingewiesen, dass es nach der Rechtsprechung des BSG hinsichtlich der Frage der Abrechenbarkeit von Leistungen entscheidend auf die Fachfremdheit bzw. Fachgebietszugehörigkeit dieser Leistungen ankommt, wobei das BSG insoweit entscheidend auf die maßgeblichen Vorschriften in der jeweils geltenden WBO abstellt (vgl. etwa BSG-Urteil vom 22.03.2006 a.a.O. m.w.N.). In der seit dem 02.01.2013 maßgeblichen Fassung der WBO für die Ärztinnen und Arzte des Saarlandes werden hinsichtlich der Weiterbildung von Fachärzten/Fachärztinnen für Physikalische und Rehabilitative Medizin in der Aufzählung der „definierten Untersuchungs- und Behandlungsverfahren“ sonographische und Ultraschall-Untersuchungen auch nicht speziell aufgeführt, während derartige Untersuchungsmethoden bei den Fachärzten/Fachärztinnen für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie auf dem Gebiet „Chirurgie“ ausdrücklich genannt werden. (Dies gilt im Übrigen in gleicher Weise für die von der KV vorgelegte WBO).
In der Entscheidung vom 22.03.2006 (a.a.O.), in der es um die Abrechenbarkeit von Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule (HWS) durch einen Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) mit der Zusatzbezeichnung Chirotherapie ging, hat das BSG in der Begründung seiner Entscheidung wesentlich darauf abgestellt, dass die Heilberufs- bzw. Kammergesetze der Länder und die auf der Grundlage von Ermächtigungen in diesen Gesetzen von den Ärztekammern der Länder erlassenen WBOen die Verpflichtung derjenigen Ärzte normieren, die – wie auch vorliegend der Kläger – eine Gebietsbezeichnung führen, ihre Tätigkeit auf dieses Fachgebiet zu beschränken. Welche ärztlichen Leistungen zu einem bestimmten Fachgebiet gehören oder aber außerhalb dieses Gebiets liegen und deshalb als fachfremd zu behandeln sind, beurteilt sich hierbei in erster Linie nach der jeweiligen Gebietsdefinition in der WBO. Nach dem BSG könnte ein auch in der vertragsärztlichen Versorgung gegliedertes Facharztwesen seine Funktion nicht erfüllen, wenn jeder Facharzt Leistungen auf jedem ärztlichen Gebiet ohne Einschränkungen erbringen und abrechnen dürfte. Deshalb enthalten die maßgeblichen Regelungen des SGB V und der Ärzte-ZV den bundesrechtlichen Grundsatz, dass Leistungen außerhalb des eigenen Fachgebiets nicht vergütungsfähig sind (so BSG vom 22.03.2006 a.a.O. m.w.N.). Aus der (auch) vertragsarztrechtlichen Beschränkung der Tätigkeit auf das Fachgebiet, für das der Arzt als Vertragsarzt zugelassen ist, folgt zugleich zwingend, dass es für die Einhaltung der Fachgebietsgrenzen und für die Beurteilung der Fachfremdheit auf die persönliche Qualifikation des Arztes nicht ankommt. Dem steht die Notwendigkeit zu einer sachgerechten und klaren Abgrenzung der einzelnen ärztlichen Disziplinen entgegen.
In einer Entscheidung vom 08.09.2004 (Az.: B 6 KA 32/03 R = BSGE 93, 170), in der es um die Vergütung von Doppler-sonographischen Untersuchungen der Arteria subclavia durch einen zugelassenen Neurologen ging, hat das BSG u.a. ausgeführt, dass Beschränkungen des Fachgebiets rechtmäßig seien, soweit die betroffenen Leistungen für das Fachgebiet nicht wesentlich und nicht prägend seien, die Aäbgrenzung vom fachlich medizinischen Standpunkt aus sachgerecht sei und der Facharzt in der auf sein Fachgebiet beschränkten Tätigkeit eine ausreichende Lebensgrundlage finden könne. Für die Beurteilung, ob Leistungen fachzugehörig oder fachfremd sind, sei darauf abzustellen, welche Inhalte und Ziele der Weiterbildung für das jeweilige Fachgebiet in der WBO genannt würden und in welchen Bereichen eingehende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erworben werden müssten. Die Inhalte würden in der jeweiligen WBO des Landes festgelegt und könnten durch Richtlinien (die sog WB-RL) konkretisiert – aber nicht beschränkt – werden (so BSG vom 08.09.2004 a.a.O. m.w.N.)
In einer Entscheidung vom 04.05.2016 (Az.: B 6 KA 13/15 R), in der es um die Abrechnung strahlentherapeutischer Leistungen durch einen Facharzt für diagnostische Radiologie ging, hat das BSG an den in den genannten Entscheidungen aufgestellten Grundsätzen festgehalten und ergänzend u.a. ausgeführt, individuelle Qualifikationen seien für die Zuordnung bestimmter Leistungen zu einem Fachgebiet irrelevant; die Fachzugehörigkeit bemesse sich allein nach den allgemein der Fachgruppe zugeordneten Weiterbildungsinhalten, die in der jeweiligen WBO des Landes festgelegt würden.
Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt es im vorliegenden Fall für die Frage der Genehmigungsfähigkeit und Abrechenbarkeit von sonographischen Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung damit nicht darauf an, dass der Kläger über die – auch von der Beklagten nicht bestrittene – fachliche Befähigung zur Erbringung derartiger Leistungen verfügt; damit kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger die fachliche Befähigung gem. § 6 Ultraschall-Vereinbarung durch die Teilnahme an Ultraschallkursen erworben hat.
Entscheidend ist vielmehr nach den oben dargestellten Grundsätzen allein, ob diese Leistungen für den Kläger als fachfremd anzusehen sind oder nicht. Dies ist aber entgegen der Auffassung des SG und der KV zu bejahen.
Denn sonographische bzw. Ultraschall-Leistungen sind – wie bereits ausgeführt – nicht Gegenstand der vorliegend maßgeblichen WBO. Soweit das SG insoweit die Auffassung vertritt, dass die Einbeziehung sonographischer Untersuchungsmethoden aus der nur beispielhaft erfolgten Aufzählung von diagnostischen und apparativen Messverfahren in der WBO abzuleiten sei, kann dem nicht gefolgt werden. Denn nach der von der Ärztekammer des Saarlandes abgegebenen Stellungnahme vom 16.11.2015, die ihrerseits auf der Grundlage einer Sitzung des zuständigen Weiterbildungsausschusses ergangen ist, werden der Facharztqualifikation Physikalische und Rehabilitative Medizin keine Ultraschalluntersuchungen zugeordnet; diese Stellungnahme ist maßgeblich für die Auslegung der WBO heranzuziehen, weil diese von der Vertreterversammlung der Ärztekammer des Saarlandes beschlossen worden ist.
Etwas anderes kann entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 08.08.2018 (Az.: B 6 KA 47/17 R) abgeleitet werden. Zu Recht hat der Beklagte insoweit darauf hingewiesen, dass das BSG in dieser Entscheidung für einen Teilzeitraum des dortigen Streitgegenstandes ausdrücklich hervorgehoben hat, dass – auch wenn der EBM die Leistungserbringung nicht ausschließe – grundsätzlich die Fachgebietszugehörigkeit zu prüfen und maßgeblich sei. Das BSG hat hierbei betont, es sei in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem geklärt, dass Fachgebietsgrenzen weder durch besondere persönliche Qualifikationen des Arztes noch durch eine Sondergenehmigung der jeweiligen KV zur Erbringung und Abrechnung weiterer Leistungen oder durch berufsrechtliche Berechtigungen zur Führung von Zusatzbezeichnungen erweitert werden können. Weiter hat das BSG ausgeführt, es sei zwischen einem Abrechnungsausschluss zu unterscheiden, der sich – wie im vorliegenden Fall – aus der Fachfremdheit der abgerechneten Leistungen ergebe, und einem solchen, der aus einer spezifischen, ausdrücklichen Regelung im EBM resultiere. Zutreffend hat die Beklagte insoweit darauf hingewiesen, dass es sich in dem vom BSG entschiedenen Fall um einen Gynäkologen handelte, der Akupunkturleistungen abgerechnet hatte. In einem derartigen Fall kann nach dem Urteil des BSG in Betracht gezogen werden, jede einzelne Leistung auf ihre Fachgebietszugehörigkeit zu prüfen. Vorliegend handelt es sich aber um einen Facharzt, für den ausweislich der Bestimmungen der WBO jegliche Ultraschallleistung fachfremd ist.
Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des SG vom 03.06.2016 folglich aufzuheben, und die Klage war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, weil die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.