(1.8.2023) Niedergelassene Ärzte, die während der Corona-Pandemie Corona-Schutzimpfungen verabreicht haben, handelten in Ausübung der ihnen insoweit übertragenen hoheitlichen Aufgaben als Beamte im haftungsrechtlichen Sinne des Art. 34 GG, § 839 BGB. Haftungsansprüche wegen Impfschäden sind daher an das jeweilige Bundesland zu richten und nicht gegen den impfenden Arzt selbst (Landgericht Dortmund, Urteil vom 1.6.2023 - 4 O 163/22).
(25.7.2023) Ist in dem Zeitpunkt, in dem ein Patient mit einer Klinik eine Wahlleistungsvereinbarung für eine Chefarztbehandlung abschließt bereits erkennbar, dass der Chefarzt zum vereinbarten Operationstermin verhindert ist, so kann die Klinik mit dem Patienten aufgrund der geltenden Vertragsfreiheit wirksam vereinbaren, dass der Patiemt dann durch einen namentlich benannten Vertreter des Chefarztes behandelt wird. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Stellvertretervereinbarung individuell ausgehandelt ist (und keine Allgemeine Geschäftsbedingung darstellt) (Landgericht Frankenthal, Urteil vom 24.2.2023 - 4 O 229/22, bestätigt durch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 3.7.2023 – 5 U 34/23).
(21.7.2023) Eine sektorale Heilpraktikererlaubnis kann nur erteilt werden, wenn das Teilgebiet, für das die (beschränkte) sektorale Erlaubnis beantragt wird, hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar ist von anderen medizinischen Bereichen. Die Chiropraktik ist hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar. Daher muss die zuständige Gesundheitsbehörde einem Antragsteller eine auf den Bereich der Chiropraktik beschränkte - sektorale - Heilpraktikererlaubnis erteilen, wenn er sich erfolgreich einer eingeschränkten Kenntnisüberprüfung unterzieht (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Juni 2023 – 9 S 1836/21).
(7.7.2023) Ist unklar, ob die gesetzlich vorgesehene Schriftform eines Praxismietvertrages eingehalten ist, so ist der Mietvertrag von jeder Seite ordentlich kündbar. Die Schriftform gilt auch für Nachtragsvereinbarungen des Praxismietvertrages mit denen zum Beispiel die Größe der gemieteten Praxisräumlichkeiten verändert wird. Unterzeichnen die Beteiligten den Vertrag erst nach der ordentlichen Kündigung, so kann dies den Vertrag nicht retten, weil diese Unterschrift erst ab dem Tag ihrer Unterzeichnung gilt (ex nunc) und nicht etwa rückwirkend zum Zeitpunkt des Aufsetzens der Vertragsänderung (ex tunc) (Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 30.6.2023 - 2 U 27/23).
(7.7.2023) Der ärztliche Leiter eines MVZ mit Standorten in mehreren Ortschaften kann auch in einer Nebenbetriebsstätte des MVZ tätig sein, solange der Leiter auch von dort aus seine Gesamtverantwortung ausüben kann. Aufgrund der modernen Kommunikationsmittel ist dies regelmäßig der Fall, wenn zwischen Nebenbetriebs- und Hauptbetriebsstätte des MVZ eine Distanz liegt, die in weniger als 30 Minuten überbrückt werden kann (Sozialgericht Marburg, Urteil vom 3.5.2023 - S 17 KA 642/22).
(5.7.2023) Ende Februar 2023 ist die kostenlose Corona-Testmöglichkeit ausgelaufen. Nun stehen noch viele Vergütungen von Betreibern von Testzentren zur Zahlung aus. Nachdem die dafür zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) monatelang das Steuergeld für diese Vergütungen mit vollen Händen ausgegeben haben, schrecken sie nach meiner Erfahrung seit August 2022 offenbar ganz grundsätzlich vor Auszahlungen zurück. Betreiber von Corona-Testzentren bringen die überlangen Prüfverfahren ohne Äußerungen zum Sachstand in Existenznot. Zudem sind die KVen verpflichtet, Verdachtsfälle der Staatsanwaltschaft zu melden, so dass dem Betreiber des Testzentrums dann auch noch ein Strafverfahren wegen vorsätzlichem Anbrechnungsbetrug droht. Was also tun?
(23.6.2023) Da die Prüfvorgaben an die Abrechnung von Corona-Tests verschärft wurden, zahlen die Kassenärztlichen Vereinigungen oft die Vergütungen für diese Bürgertests nicht sogleich aus sondern halten diese monatelang zurück, während sie die abgerechneten Leistungen überprüfen. Dies führt zu viel Verdruss bei den Testzenterbetreibern, die keine Vergütung erhalten und oft um ihre wirtschaftliche Existenz bangen müssen. Nun ist zumindest geklärt, welcher Gerichtszweig für die Streitigkeiten um die Zahlung der Vergütung der Corona-Tests zuständig ist: Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass die Verwaltungsgerichte dafür zuständig sind (Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.06.2023 - B 6 SF 1/23 R, siehe Pressemitteilung des Bundes).
(1.6.2023) Die Verwendung des Begriffs "Zentrum" für eine Gemeinschaftspraxis aus zwei Ärzten (hier: zwei Schönheitschirurgen, die unter anderem Penis-Operationen anbieten) ist nicht irreführend im Sinne des § 3 Heilmittelwerbegesetzes und daher erlaubt (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 11.5.2023, Az. 6 U 4/23).
(15.5.2023) Eine Femtolaserbehandlung ist ausnahmsweise nach GOÄ 5855 analog bei der Behandlung des Grauen Stars abrechenbar, wenn der Lasereinsatz im Einzelfall deutlich sicherer ist als die Standardbehandlung (Amtsgericht Bochum, Urteil vom 27. Oktober 2022 – 47 C 31/20).
(8.5.2023) Ein Arzt, der im Nicht-EU-Ausland Medizin studiert hat, kann eine deutsche Approbation als Arzt erhalten, wenn er seine Grundausbildung im Nicht-EU-Ausland abgeschlossen hat (Stufe 1) und seine ausländische Ausbildung gleichwertig ist zu der Ausbildung eines deutschen Arztes (Stufe 2). Abgeschlossen ist die medizinische Ausbildung in der Ukraine, wenn der Arzt auch die praktische Phase (Internatur oder Ordinatur) abgeschlossen hat. Nicht-Ukrainer, die das sechsjährige Studium in der Ukraine absolviert haben, können ihre Ordinatur auch im Ausland (z.B. Deutschland) erbringen und sich diese dann in der Ukraine anerkennen lassen (Verwaltungsgericht Bremen, Urteil vom 23.3.2023 - 5 K 1763/21).
(5.5.2023) Das Recht eines Bürgers auf Erhalt eine Kopie der verarbeiteten Daten nach Art. 15 DSGVO beinhaltet das Recht auf eine Fotokopie. Wenn es zum Verständnis der Daten unerlässlich ist, kann der Bürger auch die Fotokopie sämtlicher Daten verlangen (Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 4.5.2023 - C-487/21). Diese Auskunft ist kostenlos zu erteilen. Diese Grundsätze gelten auch für das Verhältnis zwischen Patient und Arzt.
(3.5.2023) Je nachdem ob die Stellvertretervereinbarung Teil der Wahlleistungsvereinbarung ist oder ob sie gesondert (sprich neben der Wahlleistungsvereinbarung) mit dem Patienten vereinbart wurde, kann die Stellvertretervereinbarung auch bei vorhersehbarer Verhinderung des Chefarztes (sprich Wahlarztes) wirksam sein. Denn für diese beiden Formen der Stellvertretervereinbarungen gelten unterschiedliche Regeln. Der Patient werde auch nicht benachteiligt, u.a. weil er sich so ja die - über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgehende - Behandlung durch den Vertreter als einen besonders qualifizierten Arzt sichern kann (Landgericht Heidelberg, Urteil vom 30. November 2022 – 4 S 3/22).
- Covid 19 - Impfung: Astra Zeneca haftet nicht für Impfschäden von "Vakzevria": Landgericht Hof 03-01-2023
- Während Facharztweiterbildung kündigende Ärztin muss keine Vertragsstrafe zahlen: Bundesarbeitsgericht 20-10-2022
- Rettungssanitäter muss Patient mit Herzbeschwerden im Zweifel einem Arzt vorstellen: Landgericht Berlin 07-05-2015
- Kassenärztliche Vereinigung zahlt Testzentren keine Vergütung für Corona-Tests - was tun?