(18.11.2020) Richter können nicht beurteilen, ob eine ärztlichen Behandlung richtig oder falsch war, dazu benötigen sie sachverständige Ärzte. Diese Sachverständigen bewegen sich dann aber regelmäßig auf vermintem Terrain. Denn begründet ihr Verhalten bei Patient oder Arzt/Klinik den Verdacht, dass der Sachverständige parteiisch ist, kann der Sachverständige im schlimmsten Fall abgelehnt werden. Dann verliert er regelmäßig jeden Honoraranspruch und die Tätigkeit als Sachverständiger erweist sich als teure Zeitverschwendung. Was ein ärztlicher Sachverständige noch sagen darf und was nicht, beleuchtet die aktuelle Entscheidung des OLG Dresden (Beschluss vom 02. November 2020 – 4 W 641/20)
(9.11.2020) Ist ein weiteres Abwarten für die Gesundheit des Kindes kritisch, so ist die Unterstützung der Klägerin zur zügigen Beendigung der Geburt mittels Unterarm-Fundus-Druck eindeutig indiziert und damit nicht behandlungsfehlerhaft. Da in der fortgeschrittenen Entbindungssituation ein Kaiserschnitt wegen der damit verbundenen erheblichen Risiken kontraindiziert und eine Saugglockenbehandlung ebenfalls risikoreich war, musste der Arzt die Mutter auch nicht über diese Behandlungsmöglichkeiten aufklären (LG Hannover, Urteil vom 21. Januar 2019 – 2 O 190/17).
(7.11.2020) Trotz rechtskräftiger Verurteilung nach Besitz von Kinderpornografie kann einem Apotheker eine Approbation nicht mit sofortiger Wirkung vorläufig entzogen werden - vielmehr muss der Ausgang des Verwaltungsgerichtsverfahrens abgewartet werden. Denn der Besitz von Kinderpornografie hat keinen berufsrechtlichen Bezug (VG Ansbach, Beschluss vom 12.10.2020 – AN 4 S 20.02002).
(5.11.2020) Atteste sind wichtige Zeugnisse zum Beleg einer Erkrankung. Wer kann diese Atteste ausstellen und wer nicht? Ein Heilpraktiker könne jedenfalls keine ärztlichen Atteste ausstellen, so das Verwaltungsbericht Potsdam in einer aktuellen Entscheidung zu einem Attest zur Maskenbefreiung wegen Covid19. Und ein Zahnarzt könne keine psychiatrischen Symptome wie z.B. Angststörungen feststellen, weil dies nicht in seinen Fachbereich falle (VG Potsdam, Beschluss vom 23. September 2020 – 6 L 824/20).
(27.10.2020) Infolge der Corona-Pandemie gelten für Arztpraxen eine Vielzahl von Sonderregelungen zur Entlastung der Praxen, von außerbudgetäre vergüteten Leistungen über AU-Bescheinigungen bis hin zu neuen Portokosten - eine Übersicht.
(27.10.2020) Zur Abrechenbarkeit einer geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung (OPS 8-550) durch ein Krankenhaus gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse ist es nicht erforderlich, dass über das Gesamtjahr im betreffenden Krankenhaus jederzeit eine adäquate Vertretungsmöglichkeit für die ärztliche Behandlungsleistung und die qualifizierte Pflegekraft vorgehalten werden muss. Ausreichend ist, wenn die für die Abrechnung erforderlichen Strukturmerkmale in Bezug auf die Qualifikation von Arzt und Pflegekraft grundsätzlich gegeben sind und eine Versorgung im individuellen Einzelfall jeweils gewährleistet ist. Die Krankenkasse muss die Prüfung der Rechtmäßigkeit der OPS innerhalb von 11 Monaten abschließen, ansonsten verliert sie eventuelle Rückforderungsansprüche (Sozialgericht Aachen, Urteil vom 7.7.2020 – S 14 KR 560/19).
(20.10.2020) Hat ein Arzt eine Liebesbeziehung zu einer Patientin, in Folge derer die Patientin ihm erklärt, sie sei schwanger und gibt der Arzt der Patientin unter Hypnose ein abtreibendes Medikament (Cytotec), um das Kind abzutreiben und kommt es danach zu schmerzhaften Unterleibswehen mit Blutungen, so rechtfertigt dieses Verhalten den Widerruf der Approbation des Arztes (Verwaltungsgericht München, Urteil vom 7.9.2020 - M 16 K 19.5386).
(13.10.2020) Ärzte mit halbem Versorgungsauftrag in einer Berufsausübungsgemeinschaft müssen - über die zugewiesene anteilige durchschnittliche Fallzahl hinaus - Patienten gewinnen können. Sonst würden sie schlechter behandelt werden als Ärzte mit vollem Versorgungsauftrag, die dies bis zu 150% des durchschnittlichen Fallzahl tun können. Daher hat das Bundessozialgericht eine Honorarverteilung aufgehoben, die das Honorar angestellter Ärzte mit halbem Versorgungsauftrag erheblich deckelte (BSG, Urteil vom 15. Juli 2020 – B 6 KA 12/19 R).
(13.10.2020) Die folgende Werbung eines Herstellers von elektrischen Zahnbürsten in einer Zahnarztpraxis mittels eines sog. Werbeflyers ist erlaubt: Wer eine elektrische Zahnbürste kauft, bekommt Rabatt auf den Preis der Zahnbürste und ihm werden die Kosten für eine professionelle Zahnreinigung bzw. Zahnaufhellung bis zu 50 € bzw. 100 € erstattet (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 14. April 2020 – 3 W 17/20).
(12.10.2020) Ein Augenarzt verliert seinen Honoraranspruch, wenn er den laufenden Behandlungsvertrag mit dem Patienten nach der Operation des ersten Auges kündigt, weil der Patient mit dem Ergebnis der Operation (Fernsicht statt vereinbarter Nahsicht) unzufrieden war (Amtsgericht München, Urt. v. 2.3.20 - 159 C 22718/18).
Klinik darf von Patient keinen Ersatz wegen vorzeitigem Behandlungsabbruch verlangen: BGH 08-10-2020
(8.10.2020) Eine Schadensersatzklausel in einem Behandlungsvertrag zwischen einer Patientin und einer Kurklinik, die bei Abbruch der Kur einen Schadensersatzpflicht der Patientin vorsieht, ist absolut unwirksam (Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Oktober 2020 – III ZR 80/20). Die Patientin ist also frei darin, die Behandlung jederzeit auch ohne Gründe zu beenden.
(8.10.2020) Will der Patient wissen, was bei seiner Behandlung geschehen ist und ob er zum Beispiel falsch behandelt wurde, benötigt er dazu Informationen. Diese kann er nur aus der Behandlungsakte entnehmen. Die Einsicht in die Behandlungsakte nach § 630g BGB kostet Geld, nämlich Kopierkosten und Versandkosten. Das Landgericht Dresden zeigt nun einen einfacheren, kostengünstigeren und schnelleren Weg für Klinik und Patient auf: die Klinik muss dem Patienten, der dies so fordert, auch eine kostenlose PDF – Kopie der Behandlungsakte übersenden (LG Dresden, Urteil vom 29. Mai 2020 – 6 O 76/20).
- Für Medizinprodukt darf nicht mit Geld-Zurück-Garantie geworben werden: OLG Hamburg 30-07-2020
- Maskenpflicht im Schulunterricht ist für die meisten Gerichte in Ordnung
- Cannabis auf Rezept - wann und wie der Arzt dies verordnen kann: LSG Berlin-Brandenburg 20-08-2020
- Hausarzt wehrt Regress über 300.000 € vor Gericht ab: SG Berlin 29-07-2020