Der Referentenentwurf zum Krankenhaushygienegesetz soll die Infektion von Patienten mit multiresistenten Erregern verhindern. Dazu sind u.a. Änderungen im Infektionsschutzgesetz vorgesehen, die behandelnde Ärzte in Kliniken und Arztpraxen betreffen.

Infektionen, die in zeitlichem Zusammenhang mit einer medizinischen Maßnahme stehen und als solche nicht bereits vorher bestanden (sogenannte nosokomiale Infektionen), gehören zu den häufigsten Infektionen in entwickelten Industrieländern und weltweit insgesamt zu den häufigsten Komplikationen medizinischer Behandlungen. Die aktuellen Todesfälle in Fulda zeigen, wie gefährlich diese Infektionen für Patienten sein können. Dabei gibt es Unterschiede in Spektrum und Häufigkeit der Infektionen je nach Land, Region, Krankenhaus, Abteilung und Fachrichtung. In Deutschland erkranken jährlich ca. 400.000 bis 600.000 Patientinnen und Patienten an Krankenhausinfektionen und schätzungsweise zwischen 7.500 bis 15.000 sterben daran. Als Ursache für die Multiresistenz der Keime wird die häufige Verschreibung von Antibiotika angesehen. "Die Waffe Antibiotika ist zunehmend stumpf geworden" erklärte der Präsident des Robert-Koch-Institutes, Reinhard Burger. Ein Teil der Infektionen und Todesfälle ist durch geeignete Präventions- und Überwachungsmaßnahmen vermeidbar. Zu diesem Zweck wurde nun ein pdf16Entwurf zum Krankenhaushygienegesetz erarbeitet.

Was wird sich durch das geplante Krankenhaushygienegesetz für Ärzte und Patienten ändern?

Der Entwurf des Krankenhaushygienegesetzes (dabei handelt es sich nicht um ein eigenes Gesetzbuch, sondern ein Paket von Änderungen bereits bestehender Gesetze wie etwa des Infektionsschutzgesetzes) sieht u.a. vor

  • verschärfte Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz
  • Einrichtung einer speziellen Kommission für Krankenhaushygiene beim Robert-Koch-Institut. Diese erstellt Empfehlungen und gemeinsame Standards für das Verhalten der Krankenhäuser bei der Verhinderung und Bekämpfung der Infektionserkrankungen
  • die Kliniken werden gesetzlich verpflichtet, sich so einzurichten, dass die nach dem Standard medizinischer Wissenschaft erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um nosokomiale Infektionen zu verhindern und deren Weiterverbreitung zu verhindern
  • der Gemeinsame Bundesausschuss soll Richtlinien zur Krankenhaushygiene erlassen. Diese sind dann von den Kliniken zu beachten
  • Ärzte können durch das Gesundheitsamt infektionshygienisch überwacht werden
  • die Landesregierungen sollen Regelungen treffen zu den hygienischen Mindestanforderungen, etwa beim Bau von Krankenhäusern oder bezüglich der Fortbildung des medizinischen Personals in Fragen der Hygiene. Diese sind dann von den Kliniken zu beachten
  • niedergelassene Ärzte sollen verstärkt Patienten auf die Infektion mit multiresistenten Keimen untersuchen
  • zugleich sollen die Ärzte die Möglichkeit erhalten, die für die Bekämpfung der Keime oder für die Sanierung eines daran erkrankten Patienten erforderliche Zeit vergütet zu erhalten. Dazu soll vom Bewertungsausschuß eine eigene Gebührenposition geschaffen werden

Die Maßnahmen werden im Idealfall die Hygiene verbessern, weitere Infektionen verhüten und zugleich für die Ärzte auch einen finanziellen Anreiz zur verbesserten Hygiene schaffen.

Wie kann sich der Patient aus rechtlicher Sicht schützen?

Schon vor der Entscheidung für eine Behandlung in einer bestimmten Klinik kann sich der Patient vorsorgend gegen Infektionen schützen. Er kann ein Krankenhaus mit kleiner Bettenzahl wählen, denn dort sind statistisch gesehen die Infektionsrisiken geringer. Er kann vorab bei der Krankenhausverwaltung erfragen, wie hoch die durchschnittliche Zahl der nosokomialen (sprich im Krankenhaus erworbenen) Infektionen in dem betreffenden Krankenhaus ist und diese Angaben mit Angaben anderer Krankenhäuser vergleichen. Wer da schon keine Auskünfte bekommt, kann daraus seine eigenen Schlüsse ziehen. Die Krankenhäuser sind nämlich nach dem Infektionsschutzgesetz verpflichtet, die nosokomialen Infektionen zu erfassen.

Zu den typischen "Übeltätern" gehören etwa Enterokokken, Staphylokokken, Pneumokokken und Candida (auch Hospitalismuskeime genannt). Sie sind durch die weit verbreitete und häufige Verwendung von Breitbandantibiotika multirestitent geworden und bedrohen die Gesundheit von Krankenhauspatienten.

Der Patient kann sich vor Aufnahme in dem Krankenhaus von seinem Hausarzt noch einmal untersuchen lassen. Stellt dieser fest, dass der Patient keine derzeitigen Infektionen hat, kann der Patient nach Verlassen der Klinik, in der er sich infiziert hat mit einem Keim, leichter nachweisen, dass er sich den Keim in der Klinik eingefangen hat. Fällt dem Patienten auf, dass das Krankenhauspersonal z.B. Katheter selten oder nicht steril wechselt, sich nicht beim Betreten oder beim Verlassen des Zimmers die Hände wäscht oder keine in Plastik, sondern in Papier verpackten Katheter benutzt, so kann er dies unmittelbar ansprechen und dafür sorgen, dass diese Vorgänge von Zeugen zur Kenntnis genommen werden. Es empfiehlt sich auch, solche Vorgänge zu dokumentieren, entweder durch Fotos oder durch das Führen eines Krankenhaustagebuches.

Welche Strafen drohen bei Infektion eines Patienten?

Ein Missachtung der Hygienestandards, die zu einer Infektion und damit zu einem Schaden des Patienten führt, stellt einen Behandlungsfehler dar, der grundsätzlich strafbar ist als Körperverletzung. Der Strafrahmen geht bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Kommt durch die fahrlässige Krankehausinfektion ein Patient sogar zu Tode, droht dem behandelnden Arzt eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren. Zusätzlich kann der betroffene Patient natürlich auch gegen das Krankenhaus die Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld vor dem Zivilgericht verlangen. Die Beweislage ist aber nicht einfach, obgleich die Gerichte hier bestimmte Beweiserleichterungen zu Gunsten des Patienten vorsieht.

Wie kann sich der Arzt vor einer Haftung schützen?

Dies ist für den einzelnen Klinikarzt nur im Kleinen möglich. Die Einhaltung der Mindesthygiene (Händewaschen nach Patientenbesuch) ist zwingend. Der niedergelassene Arzt kann entsprechende DIN-Zertifizierungen erwerben und dadurch auch in einem möglichen Arzthaftungsprozess die Hygienequalität belegen.

Welche Maßnahmen wären noch sinnvoll?

Die gesetzlichen Krankenkassen sollten die Möglichkeit bekommen, bei Verdachtsfällen die Zahlungen an die Krankenhäuser einzufrieren und bei erwiesener Krankenhausinfektion zu kürzen oder ganz zu unterlassen. Man muss die Krankenhäuser dazu bekommen, ihre Hygienestandards praktisch zu überprüfen und z.B. die ständige Desinfektion und das keimarme Verfahren beim Benutzen von Beatmungsgeräten und Kathetern zu verbessern. Gut wären da natürlich auch externe Prüfer, z.B. vom Robert-Koch-Institut.

Dazu könnte das Infektionsschutzgesetz, das schon ein Bußgeld bei Verstößen gegen die Aufzeichnungspflichten bei Infektionskrankheiten vorsieht, verschärft werden. Dort könnte auch die Nichtanzeige von nosokomialen Infektionen unter Strafe gestellt werden.

Andererseits muss man bedenken, dass die Krankenhäuser ohnehin schon einen erheblichen Verwaltungsaufwand betreiben müssen. Regelungen müssen daher praktisch umsetzbar sein.


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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