(19.2.2021) 2021 ist der Weg endlich frei für die elektronische Gesundheitskarte. Und damit auch für die elektronische Gesundheitsakte ePA, die auf der Karte enthalten ist. Gleichwohl wird das Ganze wohl kein Erfolg werden. Schuld ist der deutsche Hang zur Perfektion.
(15.2.20221) Fragt eine angestellte Ärztin, die sich mit ihrem Arbeitgeber (Privatpraxis) über Fragen des fachlichen Standards und der erforderlichen Ausbildung des Personals bei ihrer Ärztekammer an oder stellt sie eine Anzeige wegen fehlenden Einhaltung fachlicher Standards nach erfolglosem Versuch interner Klärung, so rechtfertigt dies keine außerrordentliche Kündigung der Ärztin, wenn sie nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben bei ihren Mitteilungen an die Ärztekammer machte. Auch der fachliche Austausch der angestellten Ärztin mit ihrer Fachgesellschaft (hier: Deutsche Gesellschaft für Endoskopiefachberufe) über Praxis der Umsetzung von Leitlinien Medizinischer Fachgesellschaften in der Privatpraxis rechtfertigt keine solche Kündigung, solange die Ärztin nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben gemacht hat (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6.11.2020 - 9 Sa 426/20).
(8.2.2021) Lerht eine urologische Patiientin eine Testung auf SARS-CoV-2 ab, so ist die Klinik berechtigt, ihr die (nicht dringend oder notfallmäßig gebotene) Krankenhausbehandlung und die stationäre Aufnahme zu verweigern (Landgericht Dortmund, Beschluß vom 4.11.2020 – 4 T 1/20). Die Entscheidung dürfte sich zwanglos auch auf Rehakliniken und Kurkliniken übertragen lassen.
(14.1.2021) Ein ansonsten austherapierter Patient, dem wegen Glaukom eine Erblindung droht, hat Anspruch auf Versorgung mit einem nicht in Deutschland zugelassenen Arzneimittel (hier: Travatan Z) (Sozialgericht Leipzig, Urteil vom 13. Oktober 2020 – S 8 KR 188/18).
(13.1.2021) Was sind die rechtlichen und tatsächlichen Anforderungen an ein ärztliches Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht wegen Covid19 in Berliner Schulen? Vermehrt lassen sich Schüler mittels ärztlicher Atteste von der Pflicht zur Tragen einer Maske im Schulunterricht befreien, indem sie entsprechende ärztliche Atteste vorlegen. Es mehren sich Beschwerden bei der Ärztekammer wegen vermeintlicher Gefälligkeitsatteste. Die Schulverwaltungen sind verunsichert, inwieweit sie diese Atteste inhaltlich prüfen können. Müssen die Schulen die Atteste unbesehen akzeptieren?
(29.12.2020) Stellt sich in einem Arzthaftungsprozess sich in der Beweisaufnahme heraus, dass der von der Behandlungsseite benannte Arzt die streitgegenständliche Infusion, bei der es nach der Behauptung des klagenden Patienten zu Hygieneverstößen gekommen sein soll, gar nicht gelegt hat, so muss die Behandlungsseite zu diesem ungeklärten Punkt Stellung nehmen (BGH, Urteil vom 24. November 2020 – VI ZR 415/19).
(12.12.2020) Rechnet ein Vertragsarzt (hier: Facharzt für Innere Medizin) über mehrere Jahre hinweg hunderte von behandelten Kassenpatienten nicht gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung ab, so stellt dies eine grobe Pflichtverletzung dar, so dass dem Kassenarzt die Zulassung entzogen werden darf. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt wegen EDV-Problemen nicht abrechnete und wenn der Arzt sich in dem fraglichen Zeitraum um seinen erkrankten Bruder kümmern musste. Denn wer Leistungen nicht abrechnet, verschafft sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den übrigen Vertragsärzten und verfälscht die statistischen Daten, an denen die Wirtschaftlichkeit ihrer Arbeitsweise und der Umfang und Inhalt der vertragsärztlichen Versorgung insgesamt gemessen wird (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09. September 2020 – L 11 KA 32/19).
(2.12.2020) Orthopäden sind berechtigt, ihre Privatpatienten mittels MRT zu untersuchen und dies abzurechnen nach GOÄ Ziffern 5729 und 5731. Sie sind auch dann dazu berechtigt, wenn sie nicht eine entsprechende Zusatzausbildung nach der einschlägigen Weiterbildungsordnung besitzen. MRT-Untersuchungen sind für Orthopäden nämlich nicht fachfremd (LG Darmstadt, Urteil vom 13. Mai 2020 – 19 O 550/16).
(18.11.2020) Richter können nicht beurteilen, ob eine ärztlichen Behandlung richtig oder falsch war, dazu benötigen sie sachverständige Ärzte. Diese Sachverständigen bewegen sich dann aber regelmäßig auf vermintem Terrain. Denn begründet ihr Verhalten bei Patient oder Arzt/Klinik den Verdacht, dass der Sachverständige parteiisch ist, kann der Sachverständige im schlimmsten Fall abgelehnt werden. Dann verliert er regelmäßig jeden Honoraranspruch und die Tätigkeit als Sachverständiger erweist sich als teure Zeitverschwendung. Was ein ärztlicher Sachverständige noch sagen darf und was nicht, beleuchtet die aktuelle Entscheidung des OLG Dresden (Beschluss vom 02. November 2020 – 4 W 641/20)
(30.4.2020) Überweist ein liquidationsberechtigter Chefarzt eine stationär aufgenommene Patientin zur weiteren Behandlung an eine externe radiologische Praxis, so ist dies von den gesetzlichen Vorgaben nach § 17 KHEntgG gedeckt und die Patientin ist verpflichtet, die als Wahlleistung "Chefarzt" abgerechneten Behandlungskosten der radiologischen Praxis an die Klinik zu bezahlen (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.9.2019 - 8 U 140/17). Dazu muss die Klinik aber einige Formalien erfüllen.
(11.4.2020) Die Maßnahmen der Behörden zur Eindämmung der Corona-Pandemie beschränken das tägliche Leben erheblich. Viele Betroffene haben gegen diese Maßnahmen in Eilverfahren geklagt. Bisher sind aber fast alle Anträge abgewiesen worden. Eine Übersicht.
(8.4.2020) Ein Fall, in dem ein Kind wegen eines wirklich vermeidbaren Behandlungsfehlers allerschwerste körperliche Schäden erlitt und für das Leben gezeichnet ist, hat über acht Jahre die deutschen Gerichte beschäftigt. Nun hat das OLG Oldenburg eine sehr hohe Schmerzensgeldforderung des Kindes bestätigt (OLG Oldenburg), Urteil vom 18. März 2020 – 5 U 196/18).
(28.3.2020) Positive Bewertungen der Patienten sind ein wichtiges Marketinginstrument niedergelassener Ärzte. Jameda löscht solche Bewertungen, wenn es diese für verdächtig hält. Im vorliegenden Fall löschte Jameda zehn positive Bewertungen eines Arztes, nachdem dieser seine kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft bei Jameda gekündigt hatte. Der Arzt klagte gegen die Löschung. das OLG München wies die Klage des Arztes auch in zweiter Instanz als unbegründet ab (OLG München, Urteil vom 27. Februar 2020 – 29 U 2584/19).
(21.3.2020) Viele Pflegeheime verbieten den Angehörigen nun vollständig, ihre im Pflegeheim lebenden Verwandten zu besuchen wegen der Gefahr, dass diese dabei mit dem Coronavirus angesteckt werden. Ist dies zulässig? Den nahen Angehörigen steht aber grundsätzlich ein Anspruch auf Zutritt zu Zimmern von Bewohnern von Alten- oder Pflegeheimen zu. Dieses Besuchsrecht darf, so die Rechtsprechung, nur aus triftigen Gründen versagt werden. Ist die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus ein solcher "triftiger Grund"?
(13.3.2020) Kommen wichtige Arztbriefe eines untersuchenden Arztes nicht beim behandelnden Arzt an, kann sich eine notwendige Behandlung verzögern - das kann dem Untersucher Ärger mit dem Patienten einbringen. Im vorliegenden Fall warf die Patientin einem Gastroenterologen u.a. vor, einen Arztbrief mit histologischen Befunden nicht rechtzeitig an die behandelnde Hausärztin der Patientin übersendet zu haben. Hier stellt sich dem Arzt die Frage: Wie soll der Arztbrief versendet werden - per Post oder per Fax oder auch an den Patienten? Das Oberlandesgericht hat dem Gastroenterologen hier aber bescheinigt, alles richtig gemacht zu haben (OLG Karlsruhe, Urteil vom 11. März 2020 – 7 U 10/19).
(12.3.2020) Die Gefahr der Ansteckung mit dem Corona-Virus in der Praxis des niedergelassenen Arztes zwingt diesen zu nachweisbaren Vorsichtsmaßnahmen. Mit wenigen Schritten kann er sich, sein Personal und die Patienten vor einer Ausbreitung schützen. Unterläßt er dagegen diese Vorsichtsmaßnahmen, können auch Arzthaftungsanspürüche gegen den Arzt entstehen.
(27.2.2020) Der TÜV als "benannte Stelle" im Sinne des Medizinproduktegesetzes haftet möglicherweise doch für die mangelhaften Brust-Silikonimplantate der Firma PIP und zwar auf Grund der sog. deliktischen Haftung (Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. Februar 2020 - VII ZR 151/18). Ob der TÜV bei der Überwachung der Implantate Fehler gemacht hat, muss nun das OLG Nürnberg prüfen, das eine Klage einer Patienten gegen den TÜV in zweiter Instanz aus Rechtsgründen zurückgewiesen hatte (OLG Nürnberg, Urteil vom 27. Juni 2018 - 4 U 979/14). Für die betroffenen Frauen, die mit billigem Industriesilikon versehene Brustimplantate eingesetzt bekommen haben und wegen der Insolvenz von PIP leer ausgingen, besteht nun Hoffnung, dass zumindest der TÜV, der die Implantate als benannte Stelle überwachte, auf Schadensersatz haftet.
(17.2.2020) Bei der Geburt eines Kindes kam es zu Komplikationen, auf die die beteiligten Hebammen und auch später teilweise die dann hinzugezogenen Ärzte falsch reagierten. Das Kind leidet heute an einem schweren Hirnschaden wegen Sauerstoffunterversorgung. Das Landgericht Dortmund führt in einem aktuellen Urteil aus, welche medizinischen Regeln Ärzte und Hebammen in solchen Fällen einhalten müssen (LG Dortmund, Urteil vom 16. Januar 2020 – 4 O 430/16).
(12.2.2020) Wird der angestellte Arzt krank, darf der Vertragsarzt die Leistungen der ihn vertredenden Ärzte nicht auf die Arztnummer des kranken Arztes abrechnen. Andernfalls muss der Vertragsarzt das Honorar für diese Leistungen zurückzahlen (Sozialgericht Dresden, Beschluß vom 23.1.2020 - S 25 KA 18/20 ER). Korrekt wäre es in einem solchen Fall gewesen, die Leistungen der (vertretenden) Ärzte unter der Arztnummer eben dieser internen Vertreter abzurechnen.
(28.1.2020) Bei einem Kaiserschnitt nach Beginn des Geburtsvorgangs besteht ein deutlich erhöhtes Risiko einer Verletzung der Blutgefäße der Gebärmutter und damit einer unkontrollierbaren, letztlich tödlichen Blutung der Mutter. Entscheidet sich die Mutter in der laufenden (natürlichen) Geburt, einen Kaiserschnitt durchführen zu lassen, darf der behandelnde Arzt diesem Wunsch nur zustimmen, wenn er die personellen und organsiatorischen Mittel für eine dann möglicherweise auftretende Komplikation (Blutung der Gefäße der Gebärmuttrer) zur Verfügung hat (was hier nicht der Fall war, weil parallel einen weitere, problematische Geburt anstand, für die der Arzt zuständig war). In einer solchen Situation (plötzlicher Wunsch der Mutter nach Kasierschnittgeburt, eingeschränkte Ressourcen der Klinik, hohes Verletzungsrisiko der Gefäße der Gebärmutter), muss der behandelnde Arzt die Mutter deutlich und "hart" über die Gefahr des Todes aufklären, die mit dem medizinisch nicht indizierten Kaiserschnitt verbunden war (was hier nicht geschah). Insoweit sind die Aufklärungspflichten bei diesem Kaiserschnitt mit denen einer kosmetischen Operation vergleichbar (OLG Hamm, Urteil vom 10. Dezember 2019 – 26 U 2/18).
(4.1.2020) Wendet der Arzt in einem Arzthaftungsprozess ein, dass der Patient aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht erkannt hätte, dass ein Behandlungsfehler vorlag (§ 199 I Nr. 2 BGB), so ist zu Gunsten des Patienten zu berücksichtigen, dass dieser nicht ohne Weiteres aus einer Verletzungshandlung, die zu einem Schaden geführt hat, auf einen schuldhaften Behandlungsfehler zu schließen braucht (Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 10.9.2019 - 8 U 43/17). Der Einwand des Arztes, der Arzthaftungsanspruch sei verjährt, führt damit selten zum Erfolg.
(13.12.2019) Wer zum Beispiel aus Altersgründen seine Praxis und seine Kassenarztzulassung verkaufen will, möchte einen guten Kaufpreis erhalten und verhindern, dass die Praxisverkauf scheitert oder verzögert wird. Mit einigen Handgriffen kann der Arzt seine wirtschaftlichen Interessen wahren.
Wegen der möglichen positiven Einwirkungen der Immuntherapie auf den Krankheitsverlauf eines Tumorpatienten sind die Kosten der Immuntherapie bis auf weiteres von der Krankenversicherung zu erstatten (LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 21.01.2009 – L 1 B 506/08 KR ER –).