(6.3.2023) Im Internet veröffentlichen Bürgerjournalisten, freie Journalisten, Blogger, Freizeitreporter aber auch Anwälte und ehemalige Richter Texte, Kommentare und Berichterstattungen und treten damit neben die klassischen Teilnehmer der Presse, sprich Zeitungen, Radio und Fernsehen. Aber kommen diese nicht-klassischen Teilnehmer auch in den Genuß des Medienprivilegs, wenn sie Informationen über bestimmte Personen veröffentlichen, zum Beispiel deren Namen und Wohnort? Oder verstößt dies gegen das Datenschutzrecht? Jedenfalls genießt ein bloggender Anwalt, der eine Vielzahl von Texten auf seiner Kanzleihomepage veröffentlicht hat, den Schutz des Medienprivilegs, wenn er solche Informationen an einen unbestimmten Personenkreis veröffentlicht und dies meinungsbildende Wirkung für die Allgemeinheit hat (Kammergericht, Beschluss vom 17.2.2023 - 10 U 146/22).
(1.11.2022) Nachdem der Bundesgerichtshof die subjektive Tatseite des Arztes zum Element der Abwägung bezüglich der Höhe des Schmerzensgeldes gemacht hat (BGH, Urteil vom 08.02.2022 - VI ZR 409/19) muss der Anwalt des Patienten nun auch zum persönlichen Verschulden des Arztes Ermittlungen anstellen und dazu vortragen (vgl. Francke, jurisPR-MedizinR 10/2022 Anm. 3). Damit steigt die workload des Patientenanwaltes weiter. Betrachtet man nun die durchschnittlichen Anwaltsgebühren aus Arzthaftungsverfahren, so wird deutlich, dass das Prozeßmandat mehr und mehr zu einem aufwändigen Zuschussgeschäft für den Anwalt wird.
(21.10.2022) Ein großartiger Spendenaufruf an alle Berliner Anwälte vom Kollegen Beckmann: Spenden für warme Unterwäsche für vom Krieg betroffene Ukrainer über https://www.betterplace.org/de/projects/114440-winterhilfe-fuer-die-ukraine
(26.8.2022) Ist aufgrund der Gesamtumstände für eine Behörde unklar, ob ein Anwalt tatsächlich von einem Widerspruchsführer bevollmächtigt wurde und fordert die Behörde deshalb die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht von dem Anwalt, so führt die Nichtvorlage der Vollmacht dazu, dass der vom Anwalt eingelegte Widerspruch unzulässig ist (Bundesverwaltungsgericht, Beschluß vom 18.7.2022 - 3 B 37.21).
(23.8.2022) Ist ein Strafrichter des Landgerichts Leipzig, der über die Anklage gegen den Musiker Gil Ofarim entscheiden soll, befangen? Das meint sein Verteidiger Dr. Alexander Stevens und versteigt sich dann zu der Behauptung, die dortige Justiz sei Politikern untergeben.
(4.5.2022) Derzeit bieten Betrüger, die sich als Anwalt ausgeben, Anwälten in Deutschland per Fax (Nummer 001 216 6755460) ein vermeintlich gutes Geschäft an: Ein großes Erbe in Kanada, dessen Erblasser zufällig denselben Nachnamen wie ich hat, kann sich nicht einem Erben zuordnen lassen. Sollte ich mich als vermeintlicher Erbe ausgeben gegenüber einer Versicherung, bietet mir der vermeintliche kanadische Anwalt dafür die Hälfte des millionenschweren Erbes an. Wer darauf eingeht, wird üblicherweise im Verlauf des Prozesses der Erbschaftsübersendung gebeten, kleinere "Gebühren" für die Durchführung des Geldtransfers zu bezahlen etc. Geld erhält der Betroffene natürlich nie aus Kanada, denn das Ganze ist nur ein Betrugsversuch.
(7.4.2022) Eine Prüfung der wirksamen Erteilung einer anwaltlichen Prozeßvollmacht kommt nur dann in Betracht, wenn die Art und Weise der Prozessführung beziehungsweise sonstige besondere Umstände dem Gericht dazu berechtigten Anlass geben (bejaht z.B. wenn Anwalt die Vollmacht nicht fristgemäß einreicht und dabei auch noch die Parteien falsch bezeichnet). In jedem Fall ist eine gesetzte Frist zur Nachreichung von einer Woche zu kurz, um den Rechtsschutz zu gewährleisten (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18.2.2022 - 1 BvR 305/21).
(1.3.2022) Die Zentralregierung der Russischen Föderation gab die Ermordung eines nach Deutschland geflohenen Tschetschenen, der der russischen Regierung kritisch gegenüberstand, in Berlin in Auftrag. Ein Agent des russischen Geheimdienstes FSB führte den Mord am 23.8.2019 im Berliner Tiergarten aus. Verantwortlich für diesen Mord ist die Zentralregierung der Russischen Föderation (Kammergericht Berlin, Urteil vom 15.12.2021 – 2 StE 2/20 –, juris). Das Urteil belegt detailreich, dass der russische Präsident Wladimir Putin sich um keine Regeln und Gesetze schert und seine Feinde und Gegner ohne jede Gnade verfolgt und töten läßt, auch im Ausland. Das Urteil gibt Einblicke in Vorgehen und Organisiation des russischen Geheimdienstes FSB. Die Berliner Richter haben mutig und klar ausgesprochen, was sich die deutsche Politiker bis vor kurzem nicht einzugestehen erlaubten: Die russische Regierung verübt staattlich gelenkten Terrorismus und schreckt vor nichts zurück, auch nicht vor heimtückischen Morden im Ausland. Wer sich in der aktuellen Debatte fragt, wozu die russische Regierung im Krieg mit der Ukraine in der Lage und gewillt ist, sollte dieses Urteil aufmerksam lesen.
(22.2.2022) Erweisen sich Einträge bei Wikipedia über einen Musiker und Autor, die sich u.a. mit dessen israelkritischen und teils verschwörungstheoretischen Äußerungen beschäftigten, überwiegend als wahr, so steht dem klagenden Musiker kein Anspruch auf Geldentschädigung gegen den Verfasser der Wikipedia-Artikel zu. Gleiches gilt, wenn Äußerungen über die musikalische Tätigkeit des Klägers zwar falsch sind, der Verfasser aber in gutem Glauben und damit nicht vorsätzlich handelte und der Musiker den Falscheintrag auch bei Wikipedia selbst hätte berichtigen lassen können. Im Übrigen stellt das Gericht klar, dass sich Falschaussagen, die nur eine geringe Verzeichnung des Musikers beinhalten, nicht zu einem Geldentschädigungsanspruch des Musikers führen (Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 31.01.2022 - 9 U195/21).
(31.1.2022) An sich dürfen gegen Strafverteidiger wegen ihres Verhaltens vor Gericht keine Bußgelder verhängt werden. Vertritt sich ein Anwalt in einer Bußgeldsache aber vor Gericht selbst und trägt dabei keine Schutzmaske, so kann ihm wegen ungebührlichen Verhaltens ein Ordnungsgeld auferlegt werden (Oberlandesgericht Oldenburg, Entscheidung vom 3.1.2022 - 2 Ss (OWi) 240/21).
(14.10.2021) Der klagende Patient ist nicht verpflichtet, bereits in erster Instanz seine Einwendungen gegen das Gerichtsgutachten auf die Beifügung eines Privatgutachtens oder auf sachverständigen Rat zu stützen oder selbst bzw. durch Dritte in medizinischen Bibliotheken Recherchen anzustellen, um Einwendungen gegen ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu formulieren (OLG Dresden, Urteil vom 14.9.2021 – 4 U 1771/20). Ein erst nach Abschluß der ersten Instanz eingeholtes Privatgutachten ist damit nicht als verspätet zurückzuweisen, auch wenn sich daraus neue Gesichtspunkte für einen Behandlungs- oder Aufklärungsfehler ergeben.
(1.10.2021) Auch wenn der Faxversand einer Berufung an das Gericht gegen 15 Uhr drei Mal gescheitert ist, muss der Anwalt weiter versuchen, das Fax zu versenden. Bricht er aber nach drei Versuchen ab und versendet die Berufung per Post, so kann er keine Wiedereinsetzung für seine dann nach Fristablauf bei Gericht eingegangene Berufung verlangen (BGH, Beschluss vom 26.08.2021 - III ZB 9/21).
- Erneut Betrugsversuch gegen Anwälte durch Fake-Mandanten aus Irland (Scheckbetrug)
- Anwalt durfte Bericht über Strafverfahren gegen Münchner Arzt veröffentlichen: LG München 14-05-2021
- Anwalt will vor Gericht keine Maske tragen - Richter wirft Anwalt raus: Zu Recht, so das LG Chemnitz 12-04-2021
- Mehrere Personen mit identischen Vor- und Zunamen - Vollstreckungsprobleme durch Angabe des Geburtsdatums des Schuldners verhindern