Covid 19 Virus(12.2.2024) Weiter streiten sich Sozialgerichte und Verwaltungsgerichte über die Frage, welches Gericht denn nun zuständig ist für die Klagen der Betreiber von Corona-Testzentren auf Zahlung der austehenden Vergütungen von Corona-Tests nach der Testverordnung (TestV). Zwar hatte das Bundessozialgericht als höchstes Sozialgericht entschieden, dass die Verwaltungsgerichte zuständig seien (B 6 SF 1/23 R). Viele glaubten, damit sei der Streit der Gerichte beigelegt. Nun hat aber unter anderem das Verwaltungsgericht Hamburg genau andersherum entschieden (VG Hamburg, Beschluss vom 15. Januar 2024 – 5 K 4395/23). Welche Auswirkungen hat dieser Streit für Betreiber von Testzentren, die ihre Testvergütung einklagen wollen?

Hintergrund:

Nachdem die Kassenärztlichen Vereinigungen die Testvergütungen nach der Testverordnung anfangs noch großzügig und ohne eingehende Prüfung beglichen haben, kam es zu mehreren spektakulären Betrugsfällen, bei denen Privatpersonen im großen Stil nicht erbrachte Testleistungen abrechneten und bezahlt erhielten. Der Schaden für den Steuerzahler war erheblich. Die Testverordnung wurde daraufhin verschärft und die Kassenärztlichen Vereinigungen begannen, die Vergütungsanträge genauer zu prüfen. Die technischen Anforderungen an die Tests und ihre Dokumentation sind komplex. Es wurden auch sehr viele Tests bundesweit abgerechnet. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind personell nicht hinreichend ausgestattet, all diese Tests zu überprüfen. Deshalb dauert die Bearbeitung der Vergütungsanträge oft sehr lang. Manchmal so lang, dass die Betreiber der Testzentren, die teilweise seit Jahren auf ihre Bezahlung warten, vor Gericht ziehen, um die Bezahlung der Vergütung zu erzwingen.

Augescheinlich löst die Bearbeitung vieler komplexer Klageverfahren um Testvergütungen aber weder bei den Verwaltungsrichtern noch bei den Sozialrichtern Begeisterungsstürme aus - denn beide Gerichtszweige weigern sich seitdem standhaft, die Fälle zu bearbeiten mit dem Argument, der jeweilig andere Gerichtszweig sei zuständig für diese Klageverfahren. Beide Gerichtszweige haben damit ein rechtliches Patt herbeigeführt. 

Auswirkungen für die Praxis:

Der anhaltende Streit über die Zuständigkeit führt die Bemühungen der Betreiber der Testzentren, eine Zahlungsblockade der Kassenärztlichen Vereinigungen mittels Untätigkeits- oder gar Zahlungsklagen zu durchbrechen, ad absurdum. Der effektive Rechtsschutz ist derzeit deshalb nicht gegeben. 

Gleichwohl sollten die Testzentrenbetreiber Ihre Ansprüche rechtzeitig klageweise geltend machen. Denn drei Jahre nach Entstehung der Ansprüche droht Verjährung nach § 195 BGB. Wer also Testvergütungen aus dem Jahr 2021 noch nicht beglichen erhalten hat, dem droht zu Ende 2024 die Verjährung seiner Ansprüche.

Eine Klage bei Gericht auf Zahlung hemmt aber die Verjährung, § 204 Absatz 1 Nr. 1 BGB. Dabei ist es einerlei, bei welchem Gericht der Testzentrenbetreiber die Klage einreicht, denn auch Klagen bei einem unzuständigen Gericht hemmen die Verjährung (vgl. etwa Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. Februar 1978 – VIII ZR 24/77). Selbst eine wegen Nichteinhaltung eines vorgeschriebenen Vorverfahrens unzulässige Klage hemmt die Verjährung (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Dezember 1973 – III ZR 154/71).

Mithin kann ein verzweifelter, zu Ende 2024 auch von Verjährung bedrohter Betreiber eines Testzentrums, der noch nicht einmal einen Bescheid über seinen Vergütungsantrag erhalten hat, notfalls eine (unzulässige) Zahlungsklage erheben, um sich vor der Verjährung zu schützen. Das unzuständige Gericht verweist den Rechtsstreit dann schließlich an das (vermeintlich) zuständige Gericht. Dabei ist es ohne Bedeutung, wie lange der Streit der Gerichte dauert.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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