Corona Test und seine Vergütung(23.1.2024) Das Fehlen der Bestätigung der getesteten Person über die Durchführung des Tests gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 Nr. 8 TestV führt zur Mangelhaftigkeit der für eine korrekte Abrechnung der Testleistungen notwendigen Dokumentation. Diese Bestätigung kann entweder auf Papier oder in elektronischer Form wie zum Beispiel durch Abruf der Testergebnisse erfolgen. Der Betreiber eines Corona-Testcentrums muss sich auch an den von ihm vorgelegten Abrechnungen festhalten lassen - er kann die Abrechnungen weder im Widerspruchsverfahren noch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes korrigieren oder nachreichen. Da bei der Abrechnung von Corona-Testleistungen die Regeln über die des Abrechnungswesens von Leistungserbringern im Medizinsektor gelten, hat ein Verstoß des Leistungserbringers gegen die Abrechnungsbestimmungen in der Regel auch den vollständigen Ausfall des Entgelts zur Folge (Verwaltungsgericht Weimar, 07.08.2023 - 8 E 213/23 We). 

Der Fall:

Die Antragstellerin betrieb ab Januar 2022 eine Teststelle am Standort N... Straße ... in S.... Durch eine E-Mail des Gesundheitsamts S... vom 7. April 2022 erhielt die Kassenärztliche Vereinigung Kenntnis davon, dass dem Gesundheitsamt bei der Antragstellerin unplausibel hohe Zahlen bei der Angabe der durchgeführten Testungen aufgefallen seien. Mit Schreiben vom 12. April 2022 leitete die KV gegenüber der Antragstellerin eine Prüfung der Abrechnung ein und forderte verschiedene ausdrücklich ausgeführte Dokumentationsunterlagen an. Außerdem wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass die KV die Zahlungen für die Leistungsmonate Februar und März aussetze. Mit Schreiben vom 16. Juni 2022 wies die KV darauf hin, dass eine erste Sichtung der eingereichten Unterlagen Mangelhaftigkeiten offenbart habe, die einer tiefergehenden Prüfung unterzogen werden müssten. Es verbleibe deshalb bei der Aussetzung der Zahlungen für die Leistungsmonate Februar, März und nunmehr auch April 2022. Am 29. August 2022 stellte die Antragstellerin beim Sozialgericht Gotha einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die KV (Antragsgegnerin) zur vorläufigen Auszahlung von Leistungen zu bewegen. Die Sache wurde zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht Gotha übertragen.

Die Entscheidung:

Das Verwaltungsgericht Gotha wies den Antrag der Teststellenbetreiberin auf einstweilige Auszahlung der Testvergütungen als unbegründet zurück.

Aus Sicht des Gerichts ist die KV durchaus berechtigt, während der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abrechnungen alle Zahlungen auszusetzen. Dies ergebe sich aus § 7a Abs. 5 Satz 1 TestV. Die KV sei berechtigt gewesen, hier die Abrechnungen zu prüfen, weil eine unplausibel hohe Zahl von Testungen vorgelegen habe. Dieser Umstand berechtigte und verpflichtete die KV, eine tiefergehende Prüfung vorzunehmen, so das Gericht. Deshalb sei die Antragstellerin verpflichtet gewesen, alle Angaben aus dem Katalog nach § 7 Abs. 5 Satz 2 TestV der KV vorzulegen: Dies sind Angaben zur Person des Getesteten, zur Art der Testung, zum Testergebnis sowie - und dies ist der wichtigste Punkt - die schriftliche oder elektronische Bestätigung der getesteten Person oder ihres gesetzlichen Vertreters über die Durchführung des Tests. 

Diese Bestätigung setzt aus Sicht des Gerichts voraus, dass die getestete Person willentlich eine zustimmende Erklärung zur tatsächlichen Testdurchführung abgibt, die für die Antragsgegnerin nachvollziehbar ist. Da die Vorschrift auch eine elektronische Bestätigung zulässt, dürfte eine handschriftliche Unterschrift allerdings nicht unbedingt erforderlich sein, so das Gericht. Die Klärung, welche Anforderungen hier im Einzelnen zu stellen sind, muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Offen bleiben muss auch, ob die bloße Übersendung des Testergebnisses an die E-Mail-Adresse der getesteten Person als Bestätigung ausreichend ist.

Die KV hat dem Gericht vier Testdokumentationen der Antragstellerin vorgelegt, bei denen sämtlichst diese Bestätigungen fehlten. Bei der Testperson P... A... fiel dem Gericht auf, dass diese bereits nicht über eine persönliche E-Mail-Adresse verfügte, sondern die E-Mailadresse dritter Personen angegeben hat, darunter die der Antragstellerin. Hier war aus Sicht des Gerichts eine elektronische Bestätigung der Testdurchführung durch Abruf des Testergebnisses jedenfalls ausgeschlossen und es hätte bei jeder Einzeltestung einer schriftlichen Bestätigung bedurft, an der es fehlt.

Da bei der Abrechnung von Corona-Testleistungen die Regeln über die des Abrechnungswesens von Leistungserbringern im Medizinsektor gelten würden, habe ein Verstoß des Leistungserbringers gegen die Abrechnungsbestimmungen in der Regel auch den vollständigen Ausfall des Entgelts zur Folge. Denn es würde zu einer erheblichen und mit den Erfordernissen einer Massenverwaltung nicht zu vereinbarenden Erschwerung des Abrechnungsverfahrens führen, wenn trotz des eindeutigen Wortlauts der maßgeblichen Regelungen eine nachträgliche Heilung des Verstoßes nach bereits erfolgter Abrechnung möglich wäre. Die KV könne also grundsätzlich bereits wegen der objektiv vorliegenden Verletzung von Dokumentationspflichten hinsichtlich einzelner erbrachter Leistungen in den von der Antragstellerin bereits eingereichten Abrechnungen in den hier streitgegenständlichen Monaten von einer Erstattung der gesamten Leistungen und Sachkosten gemäß § 7 Abs. 1 TestV absehen. Die KV habe ihr Ermessen zu der Frage, ob sie die gesamten Entgelte zurückbehält, hier auch richtig ausgeübt. Denn die Antragstellerin ist vermögenslos und hat ihren Betrieb auch bereits eingestellt, weshalb das Gericht nicht erwartet, dass die Antragstellerin einmal erhaltene Entgelte später zurückzahlen könnte. 

Alles weitere müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden, so das Gericht. 

Praxisanmerkung:

Die Bestätigung über die Durchführung des Tests nach § 7 Abs. 5 Satz 2 Nr. 8 TestV wird von den Kassenärztlichen Vereinigungen in der Regel dann anerkannt, wenn es sich entweder

  • um eine schriftliche Bestätigung des Getesteten handelt (sprich eine Unterschrit des Getesteten vorliegt)
  • oder wenn der Getestete sein Testergebnis durch Eingabe persönlicher Daten (z.B. Geburtsdatum oder Email-Adresse) auf einem Server abgeholt hat (und dieser Vorgang von der Teststelle elektronisch erfasst wurde).

Gerade die Bestätigungen der Testungen durch die getetstete Person können die Testcentren erfahrungsgemäß aber nicht in allen Fällen vorlegen. Dabei sind diese der einzige echte Beweis dafür, dass der Test tatsächlich an dieser bestimmten Person durchgeführt wurde. Alle anderen Anforderungen an die Nachweise gemäß dem Katalog nach § 7 Abs. 5 Satz 2 TestV (wie z.B. das Testergebnis, der Name und die Anschrift der getesteten Person) lassen sich ohne weiteres manipulieren. So kann ein Testcenterbetreiber schlicht und ergreifend Einträge aus Telefonbüchern in seine Dokumentation übernehmen und Testergebnisse erfinden (und dies ist oft genug geschehen). Nur die schriftliche oder elektronische Bestätigung ermöglicht wirklich einen Nachweis der Testung. 

Das Verwaltungsgericht arbeitet heraus, dass schon einzelne fehlende Bestätigungen die Zurückhaltung der gesamten Vergütungen rechtfertigen können. Auch könnten eingereichte Dokumetationen nicht korrigiert oder nachgereicht werden. Diese Argumentation des Gerichts ist nachvollziehbar und schlüssig. Klagen gegen die Kassenärztlichen Vereinigungen auf einstweilige Auszahlung der von der KV wegen des laufenden Plausibilitätsverfahrens zurück gehaltenen Vergütung sind damit zwecklos, wenn der Betreiber der Teststelle nicht alle Bestätigungen der getesteten Personen vorlegen kann. 

Teststellenbetreiber berichten, dass viele Getestete die Bestätigung elektronisch erteilten (z.B. durch Abruf der Testergebnisse), dieser Abruf durch einen Softwarefehler aber nicht oder nur lückenhaft von der von der Teststelle verwendeten Software dokumentiert wurde. Dieser Softwarefehler kann den Betreiber aber nicht entlasten und wird als Entschuldigung von der KV nicht anerkannt. In diesen Fällen ist aber zu prüfen, ob sich der Softwareinhaber sich gegenüber dem Testcenterbetreiber nicht schadensersatzpflichtig gemacht hat. Denn der Softwareinhaber ist grundsätzlich verpflichtet, eine Software bereit zu stellen, die den aktuellen Anforderungen der Testverordnung entspricht. Die Testcenterbetreiber sollten daher Schadensersatzansprüche prüfen und diese rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung oder dem Eingreifen vertraglicher Ausschlußfristen geltend machen. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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