Zahnarztpraxis und Werbung(30.4.2022) Der Internetauftritt einer Zahnärztin, die sich als "Kinderzahnärztin" und als "Kieferorthopädin" darstellt, ist irreführend und daher zu unterlassen (BGH, Urteiil vom 07.04.2022 - I ZR 5/21). Denn so entsteht der irreführende Eindruck, "Kinderzahnärztin" sei eine anerkannte medizinische Qualifikation. 

Der Fall: 

Eine Ärztekammer beanstandete u.a. einen Imagefilm der beklagten Zahnarztpraxis, der auf der Plattform YouTube abrufbar war; in diesem wird eine in dieser Praxis tätige Zahnärztin (die Beklagte zu 2) als  

"E. D. Kinderzahnärztin, Kieferorthopädin"

vorgestellt.

Die Ärztekammer sah "Kinderzahnärztin" als irreführend an, da es keinen Fachzahnarzt Kinderheilkunde gebe. 

Das Landgericht gab der Unterlassungsklage der Zahnärztekammer statt.

Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Zahnarztpraxis als unbegründet zurück.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof schloß sich dem Oberlandesgericht an und sah diese Werbung ebenfalls als Irreführend an. Dabei schloss sich der BGH den Ausführungen des Oberlandesgerichts an:

Der Verkehr - sprich die Leser der Angaben der Beklagten - erwarte hier, dass bei den für die Beklagte zu 1 tätigen Zahnärzten, insbesondere auch bei der Beklagten zu 2, eine besondere, gegenüber staatlichen Stellen nachgewiesene besondere Zahnheilkundequalifikation vorhanden sei. Wenn - wie hier - die Bezeichnung als Kinderzahnärztin in unmittelbarem Zusammenhang mit einer bekannten Fachzahnarztbezeichnung (Kieferorthopädin) stehe, sehe der Verkehr die Bezeichnungen als gleichwertig nebeneinanderstehend an. Die Angabe "Kinderzahnärztin" beziehe sich nicht auf die Praxis, sondern auf die fachliche Qualifikation der Zahnärztin, so dass ein Verständnis, wonach allein eine kindgerechte Praxisausstattung beworben werde, fernliege. Den angesprochenen Verkehrskreisen sei auch klar, dass staatlicherseits an die (zahn-)ärztliche Qualifikation aus Gründen des Gesundheitsschutzes strenge Anforderungen gestellt würden. In der Form "Kinderzahnärztin, Kieferorthopädin" werde die Bezeichnung "Kinderzahnärztin" zudem mit der bekannten Fachzahnarztbezeichnung gleichgesetzt.

Praxisanmerkung:

Es ist dagegen erlaubt, dass ein Arzt seine Praxis sachlich beschreibt. So hätte die Zahnärztin ohne weiteres auf der Praxishomepage beschreiben dürfen, dass ihre Praxis besonders auf die Behandlung junger Patienten eingerichtet ist und zum Beispiel über eine Spielecke verfügt oder dass einzelne Mitarbeiter besonders in der Behandlung von Kindern geschult sind. Eine solche allgemeine (nicht produktbezogene) selbstbeschreibung ist zulässig. Dabei handelt es sich nämlich um eine sog. Unternehmenswerbung, die nicht dem Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes unterfällt. 

Unproblematisch wäre es auch gewesen, sich lediglich als Kinderzahnärztin zu bezeichnen, soweit dies nicht in unmittelbarer Nähe zu der Bezeichnung als "Kieferorthopädin" geschehen wäre. Denn dann wäre nicht der (irreführende) Eindruck entstanden, dass die Kinderzahnheilkunde eine Facharztbezeichnung oder ähnliches darstellt. 

Erlaubt ist zum Beipsiel auch die Angabe eines "Tätigkeitsschwerpunktes Kinderzahnheilkunde". Voraussetzung ist allerdings, dass die Tätigkeit in diesem Bereich mengenmäßig auch tatsächlich einen Schwerpunkt darstellt. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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