Wer sich auf seinen Kassenarztsitz nur anstellen lassen und dann weiterziehen will, hat kein ernsthaftes Interesse an dem Sitz und seiner Fortführung und geht bei der Nachbesetzung leer aus (Bundessozialgericht, Urteil vom 20. März 2013 - B 6 KA 19/12 R).

Der Fall:

Ein Facharzt für Frauenheilkunde bewarb sich als Nachfolger für einen Kassensitz. Er war nach langjähriger Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt von 2004 bis 2012 durchgängig als angestellter Arzt in den Gemeinschaftspraxen (Berufsausübungsgemeinschaften) H sowie A und P tätig. 2007 bewarb er sich erfolgreich auf einen Kassenarztsitz in K und erhielt die Zulassung. Diese gab er im Wege des Verzichts an die Gemeinschaftspraxis A und P ab und war dann dort angestellt tätig.
Vorliegend bewarb er sich 2009 erneut um eine Praxisnachfolge. Er wollte eine Zulassung in einem anderen benachbarten Ort erwerben. In seinem Antrag erklärte er die Absicht, die neue Zulassung nach Erhalt erneut in die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft A und P einzubringen und sich dann von dieser dort anstellen zu lassen. Sein Begehren scheiterte, weil die Zulassungsgremien eine andere Bewerberin auswählten.

Dagegen klagte der Frauenarzt in zwei Instanzen erfolglos.

Die Entscheidung:

Das BSG wies seine Klage ebenfalls ab:
Der Kläger kommt für die Nachfolgezulassung nicht in Betracht, weil er die Praxis in P nicht fortführen will. Die ausnahmsweise Nachbesetzung in einem wegen Überversorgung zulassungsgesperrten Bereich ist nur möglich, wenn die Praxis des ausscheidenden Arztes fortgeführt werden soll; nur so kann einer nicht gewollten Kommerzialisierung des Vertragsarztsitzes entgegengewirkt werden. In diesem Sinne fortgeführt wird eine Praxis nur dann, wenn der eine Nachfolgezulassung anstrebende Bewerber am bisherigen Praxisort als Vertragsarzt – ggf. auch als Mitglied einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) – tätig werden will. Der Wille, nach erfolgter Zulassung dort lediglich als angestellter Arzt in der Zweigpraxis einer BAG oder eines medizinischen Versorgungszentrums tätig zu werden, genügt nicht, weil dann die Fortführung der Praxis ganz maßgeblich nicht vom Willen des Nachfolgers, sondern von dem des Arbeitgebers abhängt.

Praxistipp:
Das BSG will eine künstliche Vermehrung von Praxissitzen, wie sie hier betrieben wurde,  vermeiden. Zwar ist es möglich, eine Zulassung durch Verzicht in eine Gemeinschaftspraxis einzubringen und sich dort anstellen zu lassen. Allerdings muss dann auch erkennbar sein, dass man dort weiter arbeiten will. Wer aber - wie der Frauenarzt - erkennbar "im Weiterziehen" ist und dabei Sitze für die Praxis produzieren will, kann damit nur scheitern.
Wer wie der Frauenarzt Sitze einbringen will im Wege des Verzichts, sollte dies - fachkompetent beraten - strategisch planen und die zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten nutzen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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