(12.7.2019) Die Erteilung einer hälftigen Zulassung in Brandenburg neben einem bestehenden vollen Versorgungsauftrag in Sachsen scheitert bereits daran, dass es rein praktisch nicht, wie dies § 20 Ärzte-ZV voraussetzt, möglich ist, sowohl den Patienten in Sachsen wie in Brandenburg in einem dem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang zur Verfügung zu stehen und Sprechstunden zu den in der vertragsärztlichen Versorgung üblichen Zeiten anzubieten. Nach dem neuen TSVG muss der Arzt nämlich 25 Wochenstunden in seiner bestehenden Praxis anbieten. Diese Stunden müssen zu üblichen Praxiszeiten angeboten werden, können also nicht z.B. früh morgens, spät abends oder an Wochenenden erbracht werden, wie von dem Arzt geplant (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juni 2019 – L 24 KA 39/17).
Der Fall:
Der klagende Hausarzt begehrt zusätzlich zu seinem vollen Versorgungsauftrag im hausärztlichen Bereich einen weiteren halben Versorgungsauftrag als Hausarzt.
Er ist Facharzt für Innere Medizin/Gastroenterologie. Er ist seit 2007 in D im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 2), der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen, zur vertragsärztlichen Versorgung im hausärztlichen Bereich mit einem vollen Versorgungsauftrag zugelassen. Die Öffnungszeiten seiner Praxis sind von Montag bis Donnerstag von 07:00 Uhr bis 12:00 Uhr und von 14:00 bis 18:00 Uhr sowie am Freitag von 07:00 Uhr bis 12:00 Uhr.
Der Kläger beantragte 2013 die Zulassung mit einem halben Versorgungsauftrag als Facharzt für Innere Medizin (Hausarzt) an seinem Wohnort N, also im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 1), der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg. Er wolle seinen Praxisbetrieb in D in vollem Umfange wie bisher aufrechterhalten mit einem „Zeitplan nach Ihrer Genehmigung“. Zusätzlich wolle er seine Patienten in N und Umgebung ab Freitagmittag versorgen.
Der Zulassungsausschuss lehnte dies ab. Auf die Klage des Arztes hin erteilte ihm das Sozialgericht Potsdam aber die weitere halbe Zulassung.
Dagegen klagte der Berufungsausschuss der KV.
Die Entscheidung:
Das LSG hob das Urteil des SG Potsdam auf.
Es sei schon praktisch nicht möglich ist, sowohl die Patienten in D wie in N zugleich zu versorgen.
Auch müsse ein Hausarzt als Dienstbereitschaft für erkrankte eigene Patienten auch in den sprechstundenfreien Zeiten und für Hausbesuche zu unvorhersehbaren Zeiten zur Verfügung stehen.
Eine zweite Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag dürfe die bestehende vertrags(zahn)ärztliche Versorgung nicht beeinträchtigen.
Es sei auch bereits geklärt, dass neben einem vollen Vertragsarztauftrag kein weiterer erteilt werden könne. Das BSG habe bereits klargestellt, dass auch bei einer zugelassenen Tätigkeit in zwei Fachgebieten insgesamt stets nur ein voller Versorgungsauftrag - ggfs. auch in Form zweier hälftiger Versorgungsaufträge - bestehen darf.
Praxisanmerkung:
Die Entscheidung ist nachvollziehbar, da eine (ganze) Zulassung eine vollzeitige Tätigkeit erfordert.
Neben seiner vollen Zulassung kann der Arzt aber durchaus noch weiter tätig sein: Der Arzt kann im Bereich des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes arbeiten, er kann Gutachtentätigkeiten übernehmen oder Vorträge halten und Fachartikel veröffentlichen. Auch ist eine Teilzeit-Anstellung z.B. in einem Krankenhaus möglich - hierbei sind aber die Grenzen des § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV zu beachten: Nebentätigkeiten dürfen nicht dazu führen, dass der Vertragsarzt für seine vertragsärztliche Tätigkeit persönlich nicht in erforderlichem Maß zur Verfügung steht. Man kann nicht abstrakt sagen, wieviele Stunden die Nebentätigkeit beanspruchen darf, ohne die Haupttätigkeit zu stören. Seit den Entscheidungen des BSG (B 6 KA 5/15 R und B 6 KA 19/15 R) kommt es jeweils auf den Einzelfall an. Auch prüfen die Zulassungsausschüsse, ob die Nebentätigkeit zu Interessenkonflikten des Arztes führen kann.
Wenn Sie als Arzt eine Nebentätigkeit planen, sollten Sie deshalb einen fachkundigen Anwalt konsultieren, bevor Sie die Tätigkeit aufnehmen.