Ein Frühgeborenes ist nach Infektion mit Serratia-Bakterien im Campus Virchow verstorben. Weitere sieben Frühchen sind ebenfalls erkrankt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Die Charité Berlin hat nach dem Tod des Babys die Säuglingsstation geschlossen, die Sicherheitsbestimmungen verschärft und nimmt derzeit keine weiteren Frühchen auf. Das Baby hatte durch die Infektion eine Blutvergiftung erlitten. Unklar ist, wo das Baby sich mit den Bakterien infiziert hat. Serratia-Bakterien sind in der Natur häufig anzutreffende, an sich harmlose Bewohner der menschlichen Darmflora, sog. Habitanten. Der Zustand der sieben weiteren infizierten Frühchen ist nach Angaben der Klinik stabil.  

Anders als bei den sog. nosokomialen Keimen (Hospitalismuskeime) geht es hier also um die Infektion mit einem Allerweltskeim. Dies ist bedeutend für die Frage der juristischen Haftung. Die Infektion mit einem häufig anzutreffenden Keim ist schwerer zu verhindern als die mit einem selteneren Keim. Vorliegend können viele Personen das Kind infiziert haben. Es kann auch die Mutter gewesen sein aber auch jede Pflegeperson oder jeder Arzt. Es reicht aus, wenn sich eine Person nach dem Stuhlgang nicht hinreichend die Hände gewaschen und danach am Inkubator gearbeitet hat. Da aber eine Infektion sicher durch ausreichende Händedesinfektion verhindert werden kann, sprechen Fachleute hier von einem voll beherrschbaren Risiko. Klaus-Dieter Zastrow von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) warf der Charité schlampige Desinfektion vor. "So eine Infektion ist immer ein Hygienefehler und kein wundersames Unheil von oben", sagte er gegenüber der Berliner Morgenpost. Weiter erklärte er: "Ob es nun Serratien oder andere Keime sind - wenn ordentlich desinfiziert wird, kann es keine Probleme geben".

Letztlich kann in einem solchen Fall nur ein fachärztliches Gutachten klären, ob 1. ein grober Behandlungsfehler vorliegt und 2. es sich um ein voll beherrschbares Risiko handelte. Wenn einer der Punkte bejaht würde, käme der Patient in den Genuß einer prozessualen Beweiserleichterung. Dann kann er relativ sicher Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen. Zu beachten ist, dass die Klinik für eine Frühchenstation höchste Hygienestandards einhalten muss, weil Frühchen immer eine stark reduzierte Immunabwehr besitzen.

Wessen Kind durch eine solche Infektion geschädigt wurde, sollte auf jeden Fall prüfen lassen, ob ein Behandlungsfehler vorliegt und sollte dazu ein medizinisches Gutachten heranziehen lassen.

Praxishinweis:

Wer nicht rechtsschutzversichert ist und deshalb die Kostenrisiken eines Prozesses scheut, kann zwei Tricks einsetzen:

Er kann erstens sich an seine Krankenversicherung wenden unter Hinweis auf einen Behandlungsfehler. Die Kassen, die immer daran interessiert sind, die Kosten für auf Fehlern beruhende Folgebahandlung auf einen Arzt abzuwälzen, werden dann ein Fachgutachten erstellen lassen.

Zweitens kann der Betroffene einen Schlichtungsantrag bei der Schlichtungsstelle für Arzthaftungsfragen stellen. Unterwirft sich die Klinik dem Schlichtungsverfahren, wird ein für den Betroffenen kostenloses Fachgutachten erstellt.  

Zum Thema:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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