Approbationsurkunde eines Arztes(6.3.2024) Ein ausländischer Arzt, der eine deutsche Approbation beantragt, hat Anspruch auf eine Gleichwertigkeitsprüfung. Die Gleichwertigkeitsprüfung geht der Kenntnisprüfung vor. Auch wenn der ausländische Arzt bereits mehrfach durch die Kenntnisprüfung gefallen ist, kann er eine Gleichwertigkeitsprüfung verlangen. Der Arzt kann auch nicht wirksam auf das Recht zur Gleichwertigkeitsprüfung verzichten (Sächsisches Oberverwaltungsgericht Bautzen, Urteil vom 29.8.2023 - 2 A 370/22). Die Entscheidung stärkt die Rechte ausländischer Ärzte und macht den Gesundheitsämtern, die ausländischen Ärzte vermehrt die Gleichwertigkeitsprüfung zu verwehren suchen, einen Strich durch die Rechnung. 

Der Fall:

Die 1984 geborene Klägerin erwarb 2009 ihr Diplom als Allgemeinärztin in Albanien, wo sie nachfolgend mehrere Jahre als Ärztin in verschiedenen Krankenhäusern tätig war. Anfang 2017 beantragte sie die Erteilung der Approbation für Absolventen einer ausländischen Universität nach § 3 Abs. 3 BÄO bei der Landesdirektion Sachsen.

Dann teilte die Landesdirektion Sachsen der Klägerin mit, dass sie prüft, ob ihre Studienausbildung gleichwertig ist zu der deutschen Ausbildung. Die Klägerin erkundigte sich nach einer Erlaubnis zur vorübergehenden Berufsausübung (Berufserlaubnis). Die Landesdirektion schrieb der Klägerin, die Erteilung einer Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs sei unter der Voraussetzung möglich, dass die Klägerin auf die Gleichwertigkeitsprüfung verzichte und sich direkt für die Teilnahme an der Kenntnisprüfung entscheide; ein Vergleich der Studieninhalte würde dann nicht durchgeführt werden. Die Klägerin beantragte dann die Erlaubnis zur vorübergehenden Berufsausübung; ihr Antrag auf Approbation solle in Bearbeitung bleiben. Sie erklärte ihr Einverständnis, sich unmittelbar der Kenntnisprüfung zum Nachweis ihrer medizinischen Kenntnisse und Fähigkeiten zu unterziehen.

Mit Bescheid vom 26. April 2017 stellte die Landesdirektion in Ziffer 1 fest, dass die Gleichwertigkeit der ärztlichen Ausbildung der Klägerin mit einer deutschen ärztlichen Ausbildung nicht festgestellt werden könne; nach dem Verzicht der Klägerin auf die Gleichwertigkeitsprüfung könne der erforderliche Nachweis nur durch Ablegen der Kenntnisprüfung erbracht werden. Zugleich wurde ihr die Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs (für zwei Jahre) erteilt.

In der Folgezeit nahm die Klägerin mehrfach erfolglos an Kenntnisprüfungen teil. Gegen den Bescheid, der ihr das endgültige Nichtbestehen der Kenntnisprüfungen bescheinigte, legte sie Rechtsmittel ein und warf der Landesdirektion schwere Fehler vor.

Die Entscheidung:

Das Oberverwaltungsgericht hob den Bescheid über das Nichtbestehen der Kenntnisprüfungen als rechtswidrig auf und verpflichtete die Behörde, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu über den Approbationsantrag zu entscheiden.

Denn die Kenntnisprüfung hätte wegen des sich aus der Bundesärzteordnung ergebenden Vorrangs der Gleichwertigkeitsprüfung nicht durchgeführt werden dürfen, so das Oberverwaltungsgericht. Die gesetzliche Bestimmung des § 3 Abs. 3 BÄO sehe vor der Ablegung einer Kenntnisprüfung nach Satz 3 eine Gleichwertigkeitsprüfung nach Satz 2 dieser Bestimmung zwingend vor.

Deshalb habe die Klägerin einen Anspruch auf Durchführung einer Gleichwertigkeitsprüfung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 3 Abs. 2 Sätze 2 bis 6 BÄO.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen bestehe weder eine Wahlmöglichkeit zwischen Gleichwertigkeitsprüfung und Kenntnisprüfung noch kann auf die Gleichwertigkeitsprüfung verzichtet werden.

Eine Ladung der Klägerin zur Kenntnisprüfung hätte wegen des Vorrangs der Gleichwertigkeitsprüfung nicht erfolgen dürfen. Hieran ändert auch das von der Klägerin zunächst erklärte Einverständnis mit der vom Beklagten vorgeschlagenen Verfahrensweise nichts. Denn der gesetzlich angeordnete Verfahrensablauf könne nicht von der Klägerin und der Landesdirektion geändert werden. Zudem beruhe die Erklärung der Klägerin auf einer Falschauskunft des Beklagten, wonach die von ihr beantragte Erlaubnis zur vorübergehenden Berufsausübung den Verzicht auf die Gleichwertigkeitsprüfung voraussetze.

Praxisanmerkung:

Die Gleichwertigkeitsprüfung ist verfahrenausfwändig für die zuständige Behörde, denn die Behörde muss dazu u.a. ein Gutachten in Auftrag geben. Deshalb ist schon seit Jahren die Tendenz bei den zuständigen Behörden erkennbar, die eine Approbation begehrenden Ärzte dazu zu bringen, sich auf eine Kenntnisprüfung einzulassen und auf die Gleichwertigkeitsprüfung zu verzichten. Dazu scheuen Sachbearbeiter auch nicht davor zurück, den Ärzten falsche rechtliche Auskünfte zu erteilen oder sie mit einer Berufserlaubnis zu ködern. Dass diese Praxis rechtswidrig ist, hat das Oberverwaltungsgfericht korrekt herausgearbeitet.

Die Kenntnisprüfungen gelten gemeinhin als sehr schwer und die Durchfallquoten sollen sehr hoch sein. Deshalb ist es trügerisch, wenn der Arzt darauf hofft, diese Prüfungen, die zudem auf Deutsch durchgeführt werden, zu bestehen.

Ärzte, die durch sämtliche Kenntnisprüfungen durchgefallen sind, können also trotzdem noch eine Gleichwertigkeitsprüfung verlangen. Wichtig ist, dass der Arzt gegen den Bescheid, der das Nichtbestehen der Kenntnisprüfungen feststellt, fristgemäß d.h. binnen eines Monats nach Erhalt Widerspruch einlegt. Denn wenn der Bescheid rechtskräftig wird, kann der Arzt nichts mehr dagegen unternehmen. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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