Die Qualitätsprüfung eines Pflegeheims, dessen Ergebnis im Internet veröffentlicht wird, muss auf validen Kriterien beruhen und darf ein negatives Ergebnis nicht allein auf die Qualität der Dokumentation der Pflegekräfte stützen (Sozialgericht Münster, Beschluss vom 18.01.2010, Az: S 6 P 202/09 ER).

Der Fall:

Der Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) prüfte gemäß § 114 SGB XI eine Pflegeeinrichtung in Münster. Im wesentlichen beschränkte sich die Prüfung auf die Durchsicht der Pflegeunterlagen. Die Heim- und Pflegeleitung war am Prüftag nicht anwesend. Der MDK gab der Pflegeeinrichtung im Qualitätsbereich "Pflege und medizinische Versorgung" die Note "mangelhaft". Das Pflegeheim beantragte beim SG Münster im Eilverfahren, die Veröffentlichung dieses Berichtes im Internet zu untersagen.

Die Entscheidung:

Das SG Münster untersagte die Veröffentlichung vorläufig.

Nach Auffassung des Sozialgerichts muss eine Prüfung auf validen Kriterien beruhen. Die Veröffentlichung der Note "mangelhaft" im Internet lässt erhebliche Wettbewerbsnachteile, einen Rückgang der Belegungszahlen und damit einen wirtschaftlichen Schaden des Pflegeheimes befürchten. Hierdurch werde das Grundrecht der Berufsfreiheit des Heimträgers in unverhältnismäßiger Weise betroffen, so lange veröffentlichte Ergebnisse auf unsicherer Tatsachengrundlage beruhen.

In Ermangelung valider Kriterien zur Bemessung der vom Gesetzgeber gewünschten Ergebnis- und Lebensqualität zielten die Prüfkriterien des MDK ganz überwiegend auf die Qualtität der erfolgten Dokumentation der Pflegemaßnahmen. Hierdurch entstehe ein nicht zu rechtfertigendes Bewertungssystem, das die Einrichtungen nötige, auf Kosten ihrer eigentlichen Aufgaben noch mehr in die Dokumentation zu investieren.

Hinweis:

Zu Recht legt das SG Münster dem Dokumentationsirrsinn einen Riegel vor. Wenn Qualitätskontrolle darauf hinausläuft, dass die Pflegeheime sich "zu Tode dokumentieren", ist weder dem Pflegebedürftigen noch demjenigen, der sich ein gutes Pflegeheim suchen will, geholfen. Es müssen vielmehr die Pflegekräfte bei der Arbeit beobachtet werden, um die Qualität zu bewerten.

Allerdings legen die Vorschriften der §§ 114 ff. SGB XI nicht fest, nach welchen Kriterien im Einzelnen geprüft werden soll. Es stellt sich die Frage, wie die Qualität der Pflege überhaupt gemessen werden kann. Hier sollte der Gesetzgeber aktiv werden und gemeinsame Kriterien aufstellen.

Seit einigen Wochen hat der MDK aufgrund gesetzlicher Ermächtigung mit der Durchführung unangemeldeter Qualitätsprüfungen in Pflegeeinrichtungen begonnen. Die Ergebnisse dieser Prüfungen sollen durch die Landesverbände der Pflegekassen in Form von Transparenzberichten übersichtlich, vergleichbar und kostenfrei im Internet (www.pflegelotse.de) veröffentlicht werden.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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