Maximal Ein Jahr zur Nachbesetzung einer Arztstelle im MVZ(6.11.2023) Die Nachbesetzung eines Versorgungsauftrages (Zulassung) hat grundsätzlich zeitnah nach dem Freiwerden der Arztstelle zu erfolgen, auch in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ). Die Frist beträgt 6 Monate und kann auf begründeten Antrag des MVZ um weitere 6 Monate verlängert werden (z.B. bei Schwierigkeiten des MVZ, einen passenden anzustellenden Arzt zu finden). Weigert sich das zuständige Zulassungsgremium, diese Nachbesetzungsfrist weiter zu verlängern, so ist dies nicht zu beanstanden, die dagegen gerichtete Klage des MVZ wird daher als unbegründet abgewiesen (Sozialgericht München, Urteil vom 24.10.2023 - S 38 KA 261/21).

Der Fall: 

In einem MVZ war Dr. P.D. (ein Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin) auf einer halben Stelle angestellt. Das heißt das MVZ verfügte über eine Genehmigung zur Anstellung von Dr. P.D. Diese Genehmigung endete, da solche Genehmigungen immer zeitabschnittsweise erteilt werden, zum 31.10.2019. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 19.02.2020 wurde entsprechend dem Antrag des MVZ die Nachbesetzungsfrist bis zum 31.10.2020 verlängert (sprich auf insgesamt ein Jahr). Das MVZ beantragte dann, die Nachbesetzungsfrist um weitere sechs Monate bis 30.04.2021 zu verlängern. Denn es sei sehr schwierig, einen entsprechenden Facharzt zu finden. Es gebe viele offene Facharztstellen. Hinzu komme, dass durch die SARS-COV-2 Pandemie die Besetzung von Arztstellen zusätzlich erschwert werde. 

Der Zulassungsausschuss wies diesen Verlängerungsantrag ab, wogegen das MVZ Widerspruch einlegte. Auch der Berufungsausschuss lehnte die Verlängerung der Frist auf insgesamt eineinhalb Jahre ab. 

Dagegen klagte das MVZ. 

Die Entscheidung:

Das Sozialgericht München wies die Klage des MVZ auf erneute Verlängerung der Nachbesetzungsfrist als unbegründet ab. 

Eine Frist für die Nachbesetzung einer Arztstelle nach § 103 Abs. 4a S. 5 SGB V sei gesetzlich zwar nicht geregelt. Aus dem Gesichtspunkt der Bedarfsplanung, der Verpflichtung der Zulassungsgremien zum Abbau der Überversorgung und aus Sinn und Zweck der Vorschrift des § 103 Abs. 4a S. 5 SGB V ergebe sich jedoch, dass die Nachbesetzung grundsätzlich zeitnah nach dem Freiwerden der Arztstelle erfolgen soll und nicht für eine unbegrenzte Zeit, insbesondere zur Sicherung der Arztstelle und des Versorgungsauftrages möglich ist. In Analogie zu § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V erscheint es dem Sozialgericht München verhältnismäßig und zumutbar, eine Nachbesetzung der Arztstelle innerhalb von sechs Monaten ab Freiwerden der Arztstelle zu fordern. Liegen ausnahmsweise besondere Umstände vor, die die Einhaltung der Frist deutlich erschweren oder sogar unmöglich machen, ist diese Frist auf Antrag hin angemessen zu verlängern, so das Gericht. Es handele sich hierbei um eine im Ermessen stehende Härtefallregelung. Die Einräumung einer Nachbesetzung einer Arztstelle über ein Jahr ab dem Freiwerden der Arztstelle hinaus lasse sich aber auch unter den von dem MVZ vorgetragenen Härtefallgesichtspunkten nicht rechtfertigen. Dies gelte auch für eine halbe Arztstelle. 

Praxisanmerkung:

Damit kann das MVZ auf die halbe Stelle keinen Arzt mehr anstellen. Das MVZ muss, um diese Lücke zu füllen, einen weiteren Kassenarzt finden, der bereit ist, auf seine Zulassung zu verzichten, um sich auf eine entsprechende Stelle in diesem MVZ anstellen zu lassen (§ 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V). 

Um eine solche Situation zu vermeiden, sollte das sich das MVZ frühzeitig vor Auslaufen der Anstellungsgenehmigung um einen anzustellenden Arzt auf dem Arbeitsmarkt bemühen. Dies erfordert ein aufmerksames und vorausplanendes Anstellungsmanagement des MVZ.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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