(22.6.2017) Für den Nachweis eines Gesundheitsschadens in Folge einer Impfung (Impfschaden), der zu Ersatzansprüchen des Patienten aus Produkthaftung führt, ist es ausreichend, wenn ein Bündel ernsthafter, klarer und übereinstimmender Indizien für einen Zusammenhang zwischen Impfung und Erkrankung spricht. Es ist nicht erforderlich, dass über den Zusammenhang zwischen Impfung und Schaden ein wissenschaftlicher Konsens herrscht (Europäischer Gerichtshof, Beschluß vom 21.6.2017 - C 621/15).
(20.6.2017) Für das Arzneimittel ASS + C darf nicht mit dem Hinweis „Eine Extraportion Vitamin C unterstützt das Immunsystem“ geworben werden, weil damit auf ein Anwendungsgebiet hingewiesen wird, für welches das Medikament nicht zugelassen ist (OLG Stuttgart, Urteil vom 8.6.2017 – 2 U 127/16).
(15.6.2017) Auch das Sächsische Landessozialgericht verweigert einer Patientin die Übernahme der Arztkosten für eine Hyperthermiebehandlung bei einer Erkrankung im finalen Stadium, im vorliegenden Fall Leberkrebs. Aus Sicht des Gerichts fehlt es vor allem am Nachweis einer Wirksamkeit der Hyperthermiebehandlung (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 26.4.2017 – L 1 KR 185/12).
(15.6.2017) Bewirbt ein Medikamentenhersteller ein homöopathisches Kopfschmerzmittel mit den Slogans „bekämpft Kopfschmerzen zuverlässig“, „Wirkungsvolle Schmerzbekämpfung“, „Effektiv gegen Kopfschmerzen“ etc., so erweckt dies fälschlich den Eindruck, dass das Medikament optimal und umfassend gegen alle Arten von Kopfschmerzen wirksam ist und ein Heilungserfolg mit Sicherheit erwartet werden kann. Diese Werbeangaben sind nach § 3 Satz 2 Nr. 2a HWG irreführend und daher zu unterlassen (OLG München, Urteil vom 4. Mai 2017 – 29 U 335/17).
(13.6.2017) Erbringt ein Arzt über mehrere Jahre keine Nachweise über seine Fortbildung und mißachtet mehrere (hier fünf) Hinweisschreiben und zwei Honorarkürzungen, so signalisiert er, dass er nicht gewillt ist, seiner Fortbildungspflicht nachzukommen. Eine Nachreichung von Fortbildungspunkten ist nicht möglich, da es sich bei § 95d Absatz 3 Satz 4 SGB V um eine gesetzliche Ausschlussfrist handelt. Jeder Verstoß gegen die detailliert geregelten Fortbildungspflichten stellt zwangsläufig einen gröblichen Verstoß gegen die ärztlichen Berufspflichten dar. Es obliegt nicht dem Arzt, selbst zu bestimmen, was als Fortbildung mit wieviel Fortbildungspunkten anzuerkennen ist - deshalb kann er mit dem pauschalen Hinweis, er habe sich immer fortgebildet, hier nicht gehört werden. Die gegen den Arzt bereits ausgebrachten Honorarkürzungen ähneln disziplinarischen Geldbußen, so dass sie als Disziplinarmaßnahmen im weiteren Sinn zu verstehen sind - insofern ist die Zulassungsentziehung als letztes Mittel hier gerechtfertigt (Sozialgericht München, Urteil vom 24. Mai 2017 – S 38 KA 205/16).
(13.6.2017) Die gesetzliche Kranklenversicherung übernimmt in folgender Ausnahmesituation die Kosten einer Schlauchmagen-Operation: der Patient leidet unter Fettleibigkeit (Adipositas) mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 60,8 kg/m2, er hat konservative Mittel zur Gewichtsabnahme erfolglos ausgeschöpft, sein Gesundheitszustand erlaubt keinen Aufschub einer Operation; das mit einer Schlauchmagen-Operation einhergehende Risiko für seine Gesundheit ist hinnehmbar; er leidet überdies nicht an einer psychischen Erkrankung, er ist ausreichend motiviert und es ist schließlich auch noch die Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung gegeben (Sozialgericht München, Urteil vom 30. März 2017 – S 44 KR 2/16).
(13.6.2017) Eine an mehreren Krankenhäusern tätige Krankenschwester für Anästhesie und Intensivmedizin ist abhängig beschäftigt, wenn sie in die betriebliche Organisation des Krankenhauses eingebunden ist. Dies war hier der Fall, weil sie Patienten bei Dienstantritt übernommen und nach Dienstende wieder übergeben hat. Sie musste Anweisungen der diensthabenden Ärzte befolgen und ihre Arbeit wurde durch die Stationsleitung kontrolliert. Sie arbeitete auch mit fest angestellten Pflegekräften des Krankenhauses zusammen. Weil sie auf Stundenhonorarbeasis arbeitete, trug sie auch kein wirtschaftliches Risiko. Da sie selbst weder Arbeitnehmer beschäftigte noch wesentliches Eigenkapital einsetzte, vielmehr lediglich zu Hause ein "Büro" unterhielt, trug sie auch kein Unternehmerrisiko (Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 1. Februar 2017 – S 10 R 3237/15).
(12.6.2017) Ein niedergelasener Honorararzt, der in einer Klinik seine Patienten operiert, ohne Belegarzt zu sein und der laut Vertrag umfangreiche Aufzeichnungs- und Informationspflichten trägt und auch zur Zusammenarbeit mit den Klinikärzten verpflichtet ist und sich in die Dienstpläne der Klinik einfügen und sich Anweisungen des Chefarztes beugen muss und kein unternehmerisches Risiko trägt, ist abhängig beschäftigt und unterliegt der Sozialversicherungspflicht (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Mai 2017 – L 1 KR 118/16).
(5.6.2017) Bietet eine überörtliche anästhesistische Praxis eine telefonische 24-Stunden-Rufbereitschaft bei Komplikationen an, so darf sie die Telefondienste nach GOP 01100 EBM-Ä abrechnen (Sozialgericht München, Urteil vom 15. Mai 2017 – S 38 KA 305/15).
(1.6.2017) Eine private Krankenversicherung muss die Kosten einer LASIK-Operation (Fehlsichtigkeitskorrektur) nach § 192 VVG, § 1 und § 4 AVB (RB/KK) nicht bezahlen, wenn der behandelnde Arzt nicht niedergelassen ist, sondern als angestellter Arzt in einer Firma (einer Augenklinik GmbH) arbeitet (Amtsgericht Brandenburg, Urteil vom 01. Juni 2017 – 31 C 48/16).
(23.5.17) Erstellt ein Verein, der ein Netzwerk von Notärzten beschäftigt, monatsweise einen Dienstplan für seine Notärzte und sendet den Dienstplan dann als Rundanfrage an diese Ärzte, die dem Verein daraufhin ihre jeweiligen Terminwünsche und Vakanzen mitteilen und werden weitere, dann noch offene Dienste abschließend nach telefonischer Rücksprache verteilt, so sind die Ärzte freiberuflich tätig und unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08. Februar 2017 – L 8 R 162/15).
(22.5.17) Wie ein Arzt Praxisbesonderheiten (hier ging es um Mehrkosten wegen einer Behandlung mit Parathormonen) richtig geltend macht und so den Beschwerdeausschuss der KV zwingt, sich damit auch bei der Berechnung eines Regresses auseinander zu setzen, zeigt der vorliegende Fall (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18. April 2017 – L 3 KA 136/16 B ER).
- Krankenkasse muss Schlauchmagen-Operation bezahlen, wenn sie Kostenanfrage verspätet beantwortet: SG München 21-04-2017
- Regress gegen ermächtigten Chefarzt wegen Überweisungen an sich selbst: LSG BaWü 26-04-2017
- Wann der Arzt den Kaufpreis der Arztpraxis steuerlich abschreiben kann: Bundesfinanzhof 21-02-2017
- Bei auffälligen Herztönen müssen Ärzte Geburtsgeschehen mit Dauer-CTG überwachen: OLG Hamm 04-04-2017