(13.10.2017) Die Durchführung von Schutzimpfungen stellt keine alltägliche Angelegenheit dar, welche in die Entscheidungsbefugnis des Elternteils fällt, bei dem sich das Kind aufhält, sondern ist eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind, der entweder beide Eltern zustimmen oder es bedarf einer Entscheidung des Familiengerichts. Die Impfempfehlungen der STIKO sind medizinischer Standard. Der Nutzen der jeweils empfohlenen Impfung überwiegt regelmäßig das Impfrisiko (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3. Mai 2017 - XII ZB 157/16).
(13.10.2017) Weiterbildungsassistenten dürfen nicht für die Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs eingesetzt werden. Ein übergroßer Praxisumfang nach § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV liegt bei einer Hausarztpraxis nicht schon dann vor, wenn die Fallzahlen des Vertragsarztes das Doppelte des Fachgruppendurchschnitts überschreiten. Erst ab einer Überschreitung des Zweieinhalbfachen des Fachgruppendurchschnitts ist dies der Fall. Eine Honorarberichtigung erfordert überdies, dass die Beschäftigung der Weiterbildungsassistentin der Aufrechterhaltung der übergroßen Praxis i.S.d. § 32 Abs. 3 Ärzte-ZV dient - beweisen muss dies die Kassenärztliche Vereinigung (Sozialgericht Berlin, Urteil vom 13. September 2017 – S 83 KA 423/14).
Eine grundsätzliche Verpflichtung, bei der Aufklärung eines ausländischen Patienten stets einen Dolmetscher oder eine andere sprachkundige Hilfsperson hinzuzuziehen, besteht nicht. Gibt ein ausländischer Patient, der offenbar der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, während des Aufklärungsgesprächs nicht zu erkennen, dass er die Aufklärung nicht verstanden hat, und verlangt er auch nicht die Zuziehung eines Dolmetschers oder wenigstens eines deutsch sprechenden Familienangehörigen, so kann der Arzt vielmehr davon ausgehen, dass die erteilte Einwilligung in den Eingriff wirksam ist (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 9. April 2014 – 7 U 121/13).
(12.10.2017) Zunehmend haben niedergelassene Ärzte wie Klinikärzte Schwierigkeiten, mit Patienten aus dem Ausland zu kommunizieren und sie vor allem über die Risiken und die Tragweite der notwendigen oder gewünschten Behandlung aufzuklären. Im Angesicht einer steigenden Zuwanderung stellen mangelnde Deutschkenntnisse der Patienten ein erhebliches und zunehmendes Problem dar, denn der Arzt ist verpflichtet, die Aufklärung für den Patienten verständlich zu gestalten (§ 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB); er trägt für eine erfolgreiche Aufklärung die Beweislast (vgl. auch KG Berlin, Urt. v. 8.5.2008 - 20 U 202/06). Insofern stellt sich für den Arzt u.a. die Frage, ob er für einen Dolmetscher sorgen muss oder ob er auch berechtigt ist, einen Patienten zurückzuweisen, wenn er sich mit diesem nicht verständigen kann.
(7.10.2017) Der Arzt kann Aufwendungen für die 3D-Sonografie nach Ziffer 5733 GOÄ analog abrechnen. Die dreidimensionale Ultraschalluntersuchung ist nicht ausschließlich über die Ziffern 417 und 420 GOÄ anzusetzen. Die Ziffern 417 und 420 betreffen nur die früher gebräuchliche zweidimensionale Darstellung (Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 23.2.2017 - 1 K 3485/16).
(6.10.2017) Verordnet ein praktischer Arzt seinen Patienten Methadon, ohne diese Leistungen nach dem EBM abzurechnen und ohne eine Substitutionsgenehmigung zu besitzen, und verordnet er diesen Patienten zusätzlich auch noch Benzodiazepine, so muss er Regresszahlungen leisten (Landesozialgericht NRW, Urteil vom 5.4.2017, Az. L 11 KA 72/14).
(6.10.2017) Begehrt ein Hausarzt im ländlichen Bereich eine Zweigpraxisgenehmigung (auch für Wochenendsprechstunden), so muss diese zu einer Versorgungsverbesserung führen, was wiederum einen Behandlungsbedarf vor Ort erfordert (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. September 2017 – L 24 KA 26/16).
(5.10.2017) Stürzt eine Reiterin auf einem Pferd, das ihr im Rahmen einer sog. Reitbeteiligung von der Eigentümerin gegen Entgelt tageweise überlassen wurde, so haftet die Eigentümerin des Pferdes als Tierhalterin für diesen Unfall - hier erlitt die Reiterin eine Querschnittslähmung. Der Unfall hat für die Eigentümerin erhebliche wirtschaftliche Folgen (Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 29.3.2017 – 4 U 1162/13).
(5.10.2017) Zeigt sich bei einer Röntgenuntersuchung der Lunge wegen Brustschmerzen (bei einer Patientin mit Vorerkrankung Mammakarzinom) lediglich eine winzige Aufhellung in einem Lungenflügel, so kann die Diagnose "ohne Befund" nicht als dem Arzt vorwerfbarer Diagnosefehler angesehen werden, wenn die Aufhellung nur unter Berücksichtigung der später gewonnenen Erkenntnisse zum Vorliegen eines tumorösen Geschehens bereits als entsprechender Hinweis auf ein (später festgestelltes) Lungenkarzinom eingeordnet werden kann. Vielmehr handelt es sich dann lediglich um einen Diagnoseirrtum, der nicht zu einer Arzthaftung führt. Die Beweislast für einen vorwerfbaren Diagnosefehler liegt beim Patienten (Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 20. Februar 2017 – 5 U 1349/16).
(2.10.2017) Ist eine bestimmte analoge Abrechnung in einer Abrechnungsempfehlung der Bundesärztekammer benannt, so kann der Arzt kann diese Leistung - soweit medizinisch indiziert - ohne nähere Prüfung als Analogziffer abrechnen (hier bejaht für die Lasertherapie nach Ziffer 2885 GOÄ analog zur Behandlung einer follikulären Dermatitis) (Verwaltungsgericht Gera, Urteil vom 3. April 2017 – 1 K 546/16 Ge).
(26.9.17) Niedergelassene Ärzte, die zum Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigung herangezogen werden, können nichts dagegen einwenden, dass die Dienste in Kliniken stattfinden. Die Kassenärztlichen Vereinigungen dürfen die Notdienste in Kliniken positionieren und dies ist auch sinnvoll, weil diese dann für Patienten leichter zu finden sind. Vier Notdienste im Quartal hindern einen niedergelassenen Arzt auch nicht an der Führung seiner Praxis (Bundessozialgericht, Beschluss vom 2. August 2017 – B 6 KA 11/17 B).
(22.9.2017) Wie groß ist der nachweisbare medizinische Nutzen von Cannabis, das seit kurzem auch vom Arzt verschrieben werden kann? Zuletzt gab es große Erwartungen und Hoffnungen auf gute Wirkungen z.B. bei chronischen Schmerzen. Eine Übersichtsarbeit mehrerer Ärzte, die jetzt im Ärzteblatt besprochen wird, macht Schmerzpatienten und Liebhabern der Pflanze wenig Hoffnung.
- Auch Beauty-Klinikbetreiber darf nicht für Botox als Mittel gegen Falten werben: KG 17-02-2017
- Wie Ärzte vermeiden, dass aus ihrer Praxisgemeinschaft ungewollt eine Gemeinschaftspraxis wird: Sozialgericht Marburg 10-08-2017
- Patient will Cannabis - was soll der Arzt tun?
- Steuerpflicht eines Wellness-Gesundheitszentrums bejaht: Hessisches Finanzgericht 28-06-2017