(6.3.2018) Auf die Untersuchung des ungeborenen Kindes in der Schwangerschaftsbetreuung finden die bei einem Befunderhebungsfehler anzuwendenden Regeln über die Beweislastumkehr keine Anwendung. Die Beweislast, dass der Arzt die Schwangere bei einem auffälligen Befund nicht beraten hat über die Möglichkeit einer Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese), trägt die Schwangere. Dies gilt auch dann, wenn der vom Arzt behauptete (und ihn entlastende) Hinweis, dass die Schwangere eine solche Amniozentese nicht wünscht, nicht in den Mutterpass eingetragen wurde (Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 20. Dezember 2017 – 4 U 966/17).
(5.3.2018) News: Die ärztliche Geheimhaltungspflicht beim outsourcing wurde verschärft, ärztliche Unterschriften sind zwingend bei Verordnungen und Hausärzte dürfen Laborbefunde nicht ungelesen weitergeben.
(5.3.2018) Ein (Haus-)Arzt begeht einen groben Organisiationsfehler, wenn er wenn nicht sicher stellt, dass ein externer Laborbefund sowie die in der Praxis erhobene Blutsenkungsgeschwindigkeit auch ohne Patientenkontakt zur Kenntnis genommen, ausgewertet und erforderlichenfalls nach Kontaktaufnahme zum Patienten mit diesem besprochen wird. Kommt es infolge dieses Versäumnisses zu einem Schaden des Patienten (hier: Lungenentzündung und schließlich Hirninfarkt), so haftet der Arzt für diesen Schaden (Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 25. September 2017 – 5 U 427/17).
(2.3.2018) Vor Einsatz eines Medikamentes, das gezielt eine Entzündungsreaktion der Haut hervorruft, die schmerzhaft ist und die bei jedem fünften bis zehnten Patienten (Risiko 10-20%) zu auch mehrere Tage anhaltenden Schmerzen führen kann, muss der Arzt den Patienten über diese Risiken des Medikaments mündlich aufklären (Landgericht Freiburg (Breisgau), Urteil vom 23.2.2018 - 1 O 297/15).
(23.2.2018) Das Verbot der Entgegennnahme von Werbeegeschenken (§ 7 Heilmittelwerbegesetz) gilt auch in Fachkreisen, d.h. auch für Apotheker und Ärzte (Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 22.2.2018, 2 U 39/17).
(21.2.2018) Wählt der Arzt eine Neulandmethode, hat er den Patienten über diesen Umstand sowie über die alternativen Behandlungsmethoden aufzuklären. Es bedarf einer besonderen Aufklärung über die Neulandmethode, wenn diese noch keine Standardmethode darstellt. Bei einem neuen Operationsverfahren (Netzimplantat bei Senkungsoperation) ist die Patientin ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass unbekannte Komplikationen auftreten können. Bei Auftreten einer persistierenden Schmerzhaftigkeit der Scheide, kann ein Schmerzgeld von 35.000,- EUR angemessen sein (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 23. Januar 2018 – 26 U 76/17).
(20.2.2018) Jameda muss das Profil einer Ärztin auf deren Wunsch löschen, wenn diese nicht damit einverstanden ist, dass Jameda auf ihrer Profilseite Werbung andere Ärzte schaltet, zugleich aber auf den Jameda-Profilseiten zahlender Ärzte (sog. Premiumkunden) keine solche Werbung gezeigt wird. Denn die Ärztin muss eine solche Ungleichbehandlung nicht akzeptieren (BGH, Urteil vom 20.2.2018 - VI ZR 30/17).
(20.2.2018) Besteht zu einer Behandlung (hier: offene Biopsie einer vorbehandelten weiblichen Brust zur Abklärung eines unklaren Knotens) eine echte Behandlungsalternative (hier: Stanzbiopsie) so ist die Patientin über die Alternative aufzuklären. Ausreichend dafür ist es, wenn die Patientin durch den externen Radiologen auf die Möglichkeit der Stanzbiopsie hingewiesen wurde. Folgt sie stattdessen dem (laut Gerichtssachverständigem vertretbaren) Rat zur Durchführung einer offenen Biopsie, so ist dies ihre Entscheidung. Ein Aufklärungsfehler ist dann zu verneinen (OLG Hamm, Urteil vom 9. Januar 2018 – 26 U 21/17).
(16.2.2018) Schönheitsoperationen können Heilbehandlungen und damit ausnahmsweise von der Umsatzsteuerpflicht befreit sein, wenn der Arzt dem Finanzamt gegenüber nachprüfbare detaillierte Angaben über die mit der jeweiligen Behandlung verfolgten therapeutischen oder prophylaktischen Zielsetzung macht. Tut er dies nicht, so sind die ärztlichen Leistungen umsatzsteuerpflichtig. Der bloße Hinweis des Arztes, alle Operationen hätten dem Schutz der menschlichen Gesundheit der Patienten gedient - verbunden mit der Vorlage tabellarischer Zusammenfassungen, Fotografien der Patienten und Honorarvereinbarungen - sind dafür nicht ausreichend. Denn der Arzt hat hier zu belegen, dass eine Heilbehandlung vorliegt (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Dezember 2017 – 5 K 5266/15).
(15.2.2018) Lehrer müssen Schülern zwar die erforderliche und zumutbare Erste Hilfe als Amtspflicht leisten. Eine Beweislastumkehr wegen grober Verletzung der Pflicht, Erste Hilfe zu leisten, findet aber nicht statt. Im Ergebnis haften die Lehrer nicht für den Hirnschaden des Schülers (Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 25. Januar 2018 – 1 U 7/17).
Update: Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung am 4.4.2019 aufgehoben (BGH, Urteil vom 4. April 2019 - III ZR 35/18).
(14.2.2018) Die Untersuchung von Zellen (Differenzierung und Quantifizierung/Immunphänotypisierung nach EBM 32520 ff.)) gehört zum Fachgebiet der Patholgen und ist für diese nicht fachfremd. Die Untersuchung bedarf einer Abrechnungsgenehmigung. Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung ist für den FA für Patholgie, dass er entsprechende Zeugnisse vorlegt und erfolgreich an einem Fachgespräch (Kolloquium) teilgenommen hat. Das Fachgespräch kann nicht durch Vorlage von Veröffentlichungen zu diesem Fachthema ersetzt werden. Diese Veröffentlichungen können aber im Einzelfall die Zeugnisse ersetzen, die zum Kenntnisnachweis grundsätzlich erforderlich sind und den Weg zum Fachgespräch eröffen. Maßgeblich ist in diesen Fragen jeweils die aktuelle ärztliche Weiterbildungsordnung (Sozialgericht Berlin, Urteil vom 31. Januar 2018 – S 83 KA 1134/16).
(13.2.2018) Spiegelt ein Arzt der Patientin vor der Operation (Bauchdeckenstraffung) vor, dass er für den operativen Eingriff einen Anästhesisten hinzuziehen werde, obwohl er dies von vornherein nicht vorhatte und belässt er die Patientin nach deren postoperativen Herzstillstand und der Reanimation über einen Zeitraum von fast sieben Stunden in seiner Praxis, obwohl er wusste, dass eine erhebliche Gefahr bestand, dass ihr Gehirn nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt war, so ist er unwürdig für die ärztliche Tätigkeit und seine Approbation kann widerrufen werden. Diesem Widerruf der Approbation steht nicht entgegen, dass das Landgericht Berlin gegen den Kläger im Rahmen des Strafverfahrens (auch) ein beschränktes und befristetes Berufsverbot nach § 70 StGB verhängt hat, weil dieses Verbot sich nicht mit der für die Feststellung der (approbationsrechtlichen) Unwürdigkeit entscheidenden Frage befasst, ob das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig erschüttert würde, wenn das Verhalten des Klägers für den Fortbestand seiner Approbation folgenlos bliebe (Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 17. Januar 2018 – 14 K 176.15).
- Honorararzt: OP-Anästhesistin ist abhängig beschäftigt: LSG Berlin-Brdbg 18-01-2018
- Radiologe muss Patientin nicht darüber aufklären, dass sie auf MRT nackt erscheinen kann: KG 25-09-2017
- Rauswurf eines Augenarztes aus ärztlicher Genossenschaft u.a. wegen Falschabrechnung rechtmäßig: OLG Brandenburg 28-12-2017
- Kinderärztin erstreitet Honorar für Behandlung erwachsener Patienten: SG München 11-12-2017