(13.11.2017) Im Streit mehrerer bayrischer Kinderärzte mit Schwerpunkt Kinderkardiologie gab das Sozialgericht München dem Kinderarzt, der eine Sonderbedarfszulassung für Kinderkardiologie beantragt hatte, Recht (Sozialgericht München, Urteil vom 11. Oktober 2017 – S 38 KA 721/16).
(10.11.2017) Übergibt ein Therapiezentrum einer übergewichtigen Frau Spritzen mit unbekanntem Inhalt mit der Anweisung, sich diese selbst unter die Haut zu verabreichen, so ist der zwischen Therapiezentrum und der Person geschlossene Vertrag wegen Verstoßes gegen das Heilpraktikergesetz nichtig und daraus erwachsen keine Vergütungsansprüche für das Therapiezentrum. Denn das Verabreichen von Spritzen zur Behandlung von Fettleibigkeit (Adipositas) unter die Haut stellt einen risikobehafteten Behandlungseingriff dar, der einem Heilbehandler oder Arzt vorbehalten ist. Dies gilt erst recht, wenn der Frau die Spritzen zur Selbstinjektion übergeben werden. Dann muss ein zugelassener, sachkundiger Heilbehandler oder Arzt die Frau nach § 630c BGB über die verabreichte Flüssigkeit informieren. Nur ein Arzt kann beurteilen, welche Flüssigkeit bedenkenlos wohin im Körper gespritzt werden kann. Das Übergeben von Spritzen zur eigenständigen subkutanen Injektion ohne Aufklärung über den Inhalt der Spritzen ist als Körperverletzung zu werten (Amtsgericht Saarbrücken, Urteil vom 8. November 2017 – 121 C 478/17 (09)).
(9.11.2017) Härtefallzahlungen an kriselnde Arztpraxen und konvergenzbedingte Ausgleichszahlungen (Honorarstützung) schließen sich nicht per se gegenseitig aus. Wenn allerdings der Arzt eine Ausgleichszahlung und damit 95 % des Honorars des Vorjahresvergleichsquartales erhält, ist für weitere härtefallbedingte Zahlungen kein Raum mehr. Verlangt der Arzt darüber hinaus Härtefallzahlungen (z.B. wegen vermeintlicher Gefährdung der Existenz der Praxis), so muss er substantiiert darlegen, warum die Existenz trotz Erhalt von 95 % des Honorars des Vorjahresvergleichsquartales gefährdet sein soll. Ein auf Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten gerichtetes Verwaltungsverfahren findet nicht von Amts wegen und auch nicht auf einen Antrag des Arztes auf Gewährung von Stützungszahlungen wegen Härtefalls statt - der Arzt muss vielmehr ausdrücklich einen solchen Antrag bei der Verwaltungsbehörde stellen; vorher darf er auch nicht auf Anerkennung von Praxisbesonderheiten klagen, weil das Verwaltungsverfahren zwingend vorrangig ist (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Oktober 2017 – L 5 KA 1868/14).
(7.11.2017) Ein in einer Klinik angestellter Arzt (hier: Radiologe) kann nicht klagen gegen die Ablehnung einer Abrechnungsgenehmigung (hier: für Leistungen in der allgemeinen Kernspintomographie) für die Klinik, weil die Klinik und nicht der Arzt Adressat des ablehnenden Bescheides ist und weil er durch die Ablehnung auch nicht in seinen Rechten verletzt ist (Sozialgericht Berlin, Urteil vom 11. Oktober 2017 – S 83 KA 1155/16).
(6.11.2017) Die Regeln, die das Bundessozialgericht ((B 6 KA 6/13 R) für die Regelleistungsvolumen entwickelt hat (zum einjährigen Moratorium bei der Fallzahlsteigerung und zur Höhe des RLV-Fallwertes) können auf die Bewertung des qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens (QZV) übertragen werden, weil QZV und RLV ein ausschöpfbares Gesamtvolumen bilden. Dies hat das SG Kiel in dem Fall eines niedergelassenen Chirurgen entschieden, der Magenspiegelungen über das qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen "Gastroenterologie" abrechnete (Sozialgericht Kiel, Urteil vom 24. Oktober 2017 – S 2 KA 509/15).
(4.11.2017) Kann es nach Angaben eines gerichtlichen Sachverständigen nur bei nicht ordnungsgemäßer Lagerung des Patienten zu einem ungewollten Stromfluss vom Behandlungsgerät aus dem Körper des Patienten und somit zu einer Verbrennung der Haut kommen und können die behandelnden Ärzte einen solchern Stromabfluss grundsätzlich durch Verwendung einer nicht leitfähige Matte vermeiden, so muss das Gericht diesen Punkt klären, was es hier nicht getan hat. Auch muss das Gericht bei seiner erneuten Entscheidung berücksichtigen, dass nach Operationen entstandene Lagerungsschäden grundsätzlich als vollbeherrschbar gelten. Der Bundesgerichtshof hat den Rechtsstreit daher zur erneuten Entscheidung an das OLG zurück verwiesen (BGH, Beschluss vom 26. September 2017 – VI ZR 529/16).
(3.11.2017) Für ärztliche Leistungen gibt es statistische Prüfzeiten, d.h. Zeiten, in denen der durchschnittliche Arzt eine Behandlungsleistung erbringen kann/können soll. Rechnet der Arzt aber eine solche Menge an Ziffern ab, dass er am Tag mehr als zwölf Stunden dafür bräuchte, wird die KV mißtrauisch und prüft den Arzt. Schlimmstenfalls fordert die Kassenärztliche Vereinigung Honorare vom Arzt zurück. Im vom Landessozialgericht Hessen nun entschiedenen Fall (Urteil vom 13. September 2017 – L 4 KA 64/14) wandte der Arzt ein, besonders erfahren zu sein und Akupunkturen schneller zu durchzuführen als der durchschnittliche Arzt. Dies half ihm aber nichts.
(2.11.2017) Beachtet ein niedergelassener Arzt bei der Sterilisierung die gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten (KRINKO-Empfehlung), so gilt die Steriliserung als ordnungsgemäß erfolgt (hier: Sterilisierung von Zystoskopschäften). Wenn die Ordnungsbehörde dies anders sieht, muss sie das Gegenteil beweisen (Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 29. September 2017 – 13 LA 4/16).
(26.10.2017) Unzulässig sind Werbeaussagen über eine Studie zur Anwendung eines Netzhaut-Chips (sog. Retina Implantate, die in das Auge eingesetzt werden und die Funktion abgestorbener Sehzellen übernehmen und eine Seh-Wahrnehmung ermöglichen sollen), die suggerieren, das System könne das Sehvermögen wieder herstellen, wenn dies in der Studie erst geprüft werden soll (Landgericht Hamburg, Urteil vom 19. April 2016 – 416 HKO 17/16).
(25.10.2017) Ein niedergelassener Arzt, der für ein brandenburgisches Krankenhaus den Notdienst in einem Rettungswagen erbringt, ist nicht abhängig beschäftigt und daher nicht rentenversicherungspflichtig (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. September 2017 – L 1 KR 404/15).
(24.10.2017) Ansprüche auf Versorgungsleistungen wegen eines Impfschadens nach § 60 IfSG erfordern den Nachweis der Impfung und des Impfschadens und zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Beweiserleichterungen beim Primärschaden, wie sie der 15. Senat des Bayer. LSG, Urteil vom 31.07.2012, L 15 VJ 9/09 zuließ, greifen hier nicht ein (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. Juli 2017 – L 20 VJ 1/17).
(18.10.2017) Auch wenn die gestiegenen Anforderungen an die Krankenhaushygiene den vermehrten Einsatz von Einmalgegenständen erfordern, kann ein Pneumologe im Rahmen einer apperativen Lungenfunktionsdiagnostik nach GOP 13650 (Bodyplethysmograph) nicht den Ersatz der Sachkosten für Einmalmundstücke, Einmalfilter und Einmalnasenklemmen von der KV verlangen. Denn das EBM sieht diesen Ersatz nicht ausdrücklich vor. Und im Zweifel ist davon auszugehen, dass Sachkosten nicht erstattungsfähig sind (Sozialgericht München, Urteil vom 21.6.2017 – S 38 KA 1012/16).
- Mit Impfung des Kindes müssen beide Eltern einverstanden sein - STIKO-Empfehlungen gelten als medizinischer Standard: BGH 03-05-2017
- Ärzte dürfen Praxisumsatz nicht durch Weiterbildungsassistenten auf 250% des Fachgruppendurchschnitts aufblähen: SG Berlin 13-09-2017
- Zu den Aufklärungspflichten eines Arztes bei einem Patienten mit unzureichenden Deutschkenntnissen: OLG Karlsruhe 09-04-2014
- Kann der Arzt die Behandlung eines ausländischen Patienten verweigern, weil er sich mit ihm nicht verständigen kann?