Klinik darf von Patient keinen Ersatz wegen vorzeitigem Behandlungsabbruch verlangen: BGH 08-10-2020
(8.10.2020) Eine Schadensersatzklausel in einem Behandlungsvertrag zwischen einer Patientin und einer Kurklinik, die bei Abbruch der Kur einen Schadensersatzpflicht der Patientin vorsieht, ist absolut unwirksam (Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Oktober 2020 – III ZR 80/20). Die Patientin ist also frei darin, die Behandlung jederzeit auch ohne Gründe zu beenden.
(8.10.2020) Will der Patient wissen, was bei seiner Behandlung geschehen ist und ob er zum Beispiel falsch behandelt wurde, benötigt er dazu Informationen. Diese kann er nur aus der Behandlungsakte entnehmen. Die Einsicht in die Behandlungsakte nach § 630g BGB kostet Geld, nämlich Kopierkosten und Versandkosten. Das Landgericht Dresden zeigt nun einen einfacheren, kostengünstigeren und schnelleren Weg für Klinik und Patient auf: die Klinik muss dem Patienten, der dies so fordert, auch eine kostenlose PDF – Kopie der Behandlungsakte übersenden (LG Dresden, Urteil vom 29. Mai 2020 – 6 O 76/20).
(7.10.2020) Eine Werbung, wonach der Käufer einer Slipeinlage den Kaufpreis (doppelt) zurück erhält, wenn er mit der Einlage unzufrieden ist, ist einstweilig zu unterlassen. Denn die Einlage verspricht in der Werbung auch eine Symptomlinderung (z.B. Vermeidung einer Dauerbefeuchtung der Haut). Dadurch wird gegenüber dem Kunden der Eindruck vermittelt, ein Heilungserfolg könne mit der Einlage sicher erwartet werden. Medizinprodukten einen sicheren Heilungserfolg zu zuschreiben ist aber nach § 3 HWG verboten (Hanseatisches OLG Hamburg, Beschluss vom 30.7.2020 - 3 W 53/20).
(1.10.2020) Viele Schulen verlangen von ihren Schülern das Tragen einer Maske im Schulunterricht. Das soll die Verbreitung des Corona-Virus verhindern helfen. Dagegen wird landauf landab von Schülern und Eltern geklagt. Oder Schüler lassen sich von ihrem Arzt ein Attest zur Befreiung von dieser Maskenpflicht ausstellen. Die Gerichte haben mit dieser Maskenpflicht aber überwiegend kein Problem.
(24.9.2020) Immer wieder streiten sich Patienten mit ihren Krankenkassen über die Kostenübernahme der Behandlung mit medizinischem Cannabis. Für die behandlenden Ärzte ist dies eine rechtlich unsichere Situation. Eine aktuelle Entscheidung des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zeigt, in welchen Fällen die Kasse die Kosten übernehmen muss und wie der Arzt den Einsatz des Medikaments mittels eines umfassenden Arztbriefes begründen sollte (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. August 2020 – L 9 KR 223/20 B ER).
(21.9.2020) Weil der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt der GOP 03111 EBM etc. (Versichertenpauschale) keinen festen Zeitrahmen hat, kann das Honorar eines Hausarztes, der eine sehr große Zahl von Versichertenpauschalen im Quartal abrechnet, nicht wegen vermeintlicher Implausibilität (zu hohe Leistungsmenge) gekürzt werden (Sozialgericht Berlin, Urteil vom 29. Juli 2020 – S 83 KA 101/18).
(18.9.2020) Die Kosten für den Einsatz eines Femtosekundenlasers bei einer operativen Behandlung des Grauen Stars nach Ziffer 5855 analog GOÄ sind nicht von der privaten Krankenversicherung des Patienten zu zahlen. Denn die Laserbehandlung ist keine selbständige ärztliche Leistung (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 28. August 2020 – 4 U 162/18).
(16.9.2020) Schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen des Arztes können ausnahmsweise eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst rechtfertigen (SG München, Urteil vom 16. Juli 2020 – S 38 KA 111/19). Der Grundsatz, wonach überwiegend von Nichtärzten geleitete MVZ nachrangig gegenüber Vertragsärzten zu berücksichtigen sind bei der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes, ist bei der Auswahl zwischen mehreren Bewerbern um eine Sonderbedarfszulassung entsprechend anzuwenden (SG München, Urteil vom 27. Juli 2020 – S 28 KA 438/19). Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Zulassungsentziehung wegen Nichterfüllung der ärztlichen Fortbildungspflicht kann der Umstand, dass die Entziehung zu einer Lücke in der vertragsärztlichen oder -psychotherapeutischen Versorgung führen könnte, keine Berücksichtigung finden (SG München, Urteil vom 27. Juli 2020 – S 28 KA 228/19).
(8.9.2020) Verlangt die Klinik von einem Arzt Bereitschaftsdienste (hier Bearbeitung von Organspendeangeboten binnen 30 Minuten), die nicht dem Tarifvertrag entsprechen, so muss die Klinik diese Dienste wie Vollarbeit vergüten (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 4. März 2020 – 3 Sa 218/19).
(5.9.2020) Das Oberverwaltungsgericht NRW hat einen umfangreichen Eilantrag gegen coronaschutzrechtliche Maßnahmen (Tragen von Masken in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum bzw. Abstandsgebot und Datenerhebung) als unbegründet zurückgewiesen. Im Einzelnen erläutert das Gericht, warum diese Maßnahmen weiter bestehen bleiben sollen (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. August 2020 – 13 B 847/20.NE).
(4.9.2020) Immer mehr Ärzte arbeiten auf einer halben Zulassung. Wie viele Patienten darf man mit einer halben Zulassung behandeln? Eine aktuelle Entscheidung des Sozialgerichts Marburg stellt klar, dass ein niedergelassener Arzt im Quartal jedenfalls nicht mehr als 390 Stunden Leistungen erbringen darf (Sozialgericht Marburg, Gerichtsbescheid vom 21. August 2020 – S 12 KA 1/18).
(26.8.2020) Klärt der Arzt den Patienten vor der Behandlung nicht richtig über Risiken und Nebenwirkungen der Behandlung auf, ist die Behandlung fehlerhaft. Das kann dazu führen, dass der Arzt von dem Patienten verklagt wird und sich damit schadensersatzpflichtig macht. Aber wie soll der Arzt, der oft unter Zeitdruck steht, eine ordentliche Aufklärung gewährleisten?
- Aufklärungsfehler verhindern, Teil 1 - aus Sicht des Patienten
- Werbung für ausschließliche ärztliche Fernbehandlung per App ist verboten: OLG München 09-07-2020
- Arztpraxen können Ausgleich für pandemiebedingten Umsatzrückgang von KV verlangen: 06-08-2020
- Kein Entkommen von Pflicht zum ärztlichen Bereitschaftsdienst: SG Marburg 20-07-2020