(4.6.2019) Im Regelfall ist ein Honorararzt in einer Klinik abhängig beschäftigt. Daher hat die Klinik Sozialversicherungsbeiträge für seine Tätigkeit zu zahlen (Bundessozialgericht, Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R und weitere). Für die Kliniken hat dies ärgerliche Konsequenzen.
(20.5.2019) Vereinbarungen, die eine ausschließliche Belieferung der Patienten mit Medikamenten durch eine bestimmte Apotheke sicher stellen sollen, sind wegen Verstoß gegen das Gebot der Unabhängigkeit des Apothekers nichtig. Das gilt auch in Fällen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (Verwaltungsgericht Chemnitz, Urteil vom 16. April 2019 – 4 K 772/15).
(17.5.2019) Ist eine Berufspflichtverletzung eines Arztes bereits von einer Ärztekammer bestraft worden (hier: zeitweiliger Entzug der Approbation), so kann nach einem Umzug des Arztes eine andere Ärztekammer die Pflichtverletzung Jahre später nicht noch einmal berufsgerichtlich bestrafen. Daher ist das Verfahren vor dem Berufsgericht einzustellen (Verwaltungsgericht Meiningen (als Berufsgericht), Urteil vom 10. Januar 2019 – 7 B 70004/17 Me).
(16.5.2019) Solange der Gesetzgeber die Regeln für die Konzeptbewerbung von MVZ nicht genauer geregelt hat, können diese Bewerbungen ohne Benennung eines konkreten Arztes in einem Auswahlverfahren nicht berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 15.5.2019 - B 6 KA 5/18 R). MVZ können sich also derzeit weiter nur mit einem konkret benannten (angestellten) Arzt auf nachzubesetzende oder entsperrte Sitze bewerben.
(6.5.2019) Die Behandlung von Prostatakrebs mittels Irreversible Elektroporation (IRE, auch Knano-Knive-Methode genannt) stellt keine medizinisch notwendige Heilbehandlung im Sinne von § 1 Abs. 2 MB/KK 2009 dar und ist daher nicht von der privaten Krankenversicherung zu zahlen (OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. April 2019 – 11 U 160/18). Denn der neuen Behandlungsmethode fehlt etwas, was jede Behandlung aufweisen muss.
(2.5.2019) Der Leistungsinhalt der Kombinationsnarkose nach GOP 31822 EBM erfordert eine Narkose, die über die gesamte Dauer der Operation aufrechterhalten wird. Eine Maskenbeatmung im Sinne dieser Ziffer erfordert die Verwendung einer Maske, die die Überwachung der Beatmung in Gestalt der Messung des endexpiratorischen CO2-Wertes ermöglicht (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Februar 2019 – L 4 KA 3/16).
(28.4.2019) Für den Nachweis einer ordnungsgemäßen ärztlichen Aufklärung reicht nicht der Verweis auf ausgefüllte Aufklärungsbögen. Stattdessen soll das Gericht den aufklärenden Arzt und den Patienten anhören. Ist streitig, worüber der Patient aufzuklären ist, so muss das Gericht hierzu einen Sachverständigen befragen. Sprach- und Verständnisschwierigkeiten können einer Aufklärung entgegen stehen (hier: türkischsprachige Patientin). Ist streitig, ob sich der Patient in einem echten Entscheidungskonflikt zwischen verschiedenen Behandlungsalternativen befand (hier: offene Leistenoperation oder minimalinvasive Leistenoperation?), so ist zunächst zu klären, welchen Inhalt eine ordnungsgemäße Aufklärung hätte haben müssen. Dass der Arzt dem Patienten keine Kopie des Aufklärungsbogens übergibt, löst keine eigenen Schadenersatzansprüche des Patienten aus (Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 17.1.2018 - 5 U 861/17). Setzte sich diese Rechtsprechung zu den Ermittlungspflichten bei dem Vorwurf eines Aufklärungsfehlers durch, käme auf alle Beteiligten eines Arzthaftungsprozesses einige Mehrarbeit zu.
(27.4.2019) Ärzte, die noch Berufsanfänger sind, können und müssen operieren, um Erfahrungen zu sammeln. Der ausbildende Arzt muss den Anfänger aber überwachen. Bei einer Herzkatheteruntersuchung reicht es dafür aus, dass der Oberarzt den Anfänger von einem Nebenraum mittels Monitor überwacht. Ein Behandlungsfehler ist dann nicht gegeben (OLG Köln, Urteil vom 9.1.2019 - 5 U 25/18). Das Gericht musste auch klären, ob die Patientin hinreichend über die Risiken der Untersuchung aufgeklärt wurde.
(26.4.2019) Die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitbescheinigungen an Patienten gehört zum Alltag der niedergelassenen Ärzte. Dabei verläßt sich der Arzt oft auf Angaben des Patienten. Das Thema ist brandaktuell, wie der Fall einer angeblich blaumachenden Beamtin zeigt, der zur Strafe der Beamtenstatus entzogen wurde. Kommt es zu Streit zwischen dem Patienten und seiner Krankenversicherung über die Frage der Arbeitsunfähigkeit, kann der Arzt in diesen Streit hineingezogen werden, wie eine Entscheidung des Landgerichts Dortmund zeigt (LG Dortmund, Urteil vom 17.05.2018 - 12 O 388/16). Aber der Arzt kann sich dagegen schützen.
(18.4.2019) Legt ein niedergelassener Orthopäde einem Patienten, der sich das rechte Handgelenk und die rechte Speiche gebrochen hat, einen Rundgips an (geschlossener Vollgips), so ist dies behandlungsfehlerhaft. Dies ist aber kein grober, sondern ein einfacher Behandlungsfehler. Dass sich gerade wegen des Vollgipses bei dem Patienten ein Morbus Sudeck (ein komplexes regionales Schmerzsyndrom im Unterarm) entwickelt hat, konnte das Gericht aber nicht feststellen (Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 26. März 2019 – 8 U 148/13).
(15.4.2019) Der Einsatz des Femtosekundenlasers stellt eine medizinisch notwendige Heilbehandlungsmaßnahme bei Grauem Star dar. Rechnet der Arzt dafür die GOÄ Ziffer 5855 analog ab, so ist dies nicht zu beanstanden und von der privaten Krankenversicherung des Patienten zu bezahlen (Amtsgericht Dortmund, Urteil vom 26.03.2019 - 423 C 1565/18).
(12.4.2019) Das Gericht hat eine Honorarrückforderung von rund 600.000 EUR gegen eine Allgemeinärztin wegen fehlerhafter Substitutionsbehandlung weitgehend bestätigt. Der tägliche Ansatz der GOP Nr. 01950 erfordert auch einen täglichen Arzt-Patienten-Kontakt, der hier fehlte. Dieser Kontakt muss bei der Vergabe des Substitutionsmittels erfolgen. Die sonstige Behandlung (u.a. Untersuchung, Urinanalyse, Auswahl und Dosierung des Substitutionsmittels) durch die Ärztin kann diesen Kontakt nicht ersetzen (Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 10.10.2018 - S 2 KA 1520/16).
- Ärztliche Risikoangabe "vereinzelt" decke 20 %-Risiko noch ab: OLG Frankfurt 26-03-2019
- Praxisnachfolge: Ärztin wehrt sich erfolgreich gegen Nichtberücksichtigung: LSG NRW 19-12-2018
- Arzt testet matten Patient, der von Afrikareise zurückkommt, nicht auf Malaria und muss dafür haften: LG München 25-06-2018
- Weiterleben ist kein Schaden - Arzt handelt nicht fehlerhaft, wenn er völlig dementen Patienten über Jahre künstlich am Leben hält: BGH 02-04-2019